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b) Gesetzesänderung vor der Entscheidung (§ 2 Abs 3 StGB, § 4 Abs 3 OWiG)

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Nach § 2 Abs 3 StGB bzw § 4 Abs 3 OWiG ist das mildeste Gesetz anzuwenden, wenn das Gesetz, das bei Beendigung der Tat galt, vor der Entscheidung geändert wurde. Bleibt hingegen auch nach einer Gesetzesänderung sowohl die Schutzrichtung als auch der Unrechtsgehalt der Tat bestehen (sog Unrechtskontinuität), kann weiterhin nach dem alten Gesetz bestraft werden.[1] Die Meistbegünstigungsklausel führt dazu, dass auch nachträgliche Gesetzesänderungen berücksichtigt werden, sofern sie für den Täter günstig sind. Ein Verstoß gegen das Gesetzlichkeitsprinzip des Art 103 Abs 1 GG ist damit nicht verbunden.

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Für die Bestimmung des mildesten Gesetzes ist nicht auf die abstrakte Rechtslage, sondern auf den konkreten Einzelfall in seiner spezifischen Gestalt abzustellen. Zu prüfen ist daher für das konkrete vorgeworfene Verhalten, welches Gesetz in seiner Gesamtheit das mildere ist. Unzulässig hingegen ist es, einzelne Elemente verschiedener Gesetze isoliert zu betrachten.[2] Im konkreten Einzelfall ist zu bestimmen, ob sowohl nach dem anwendbaren Tatbestand als auch nach der anwendbaren Strafzumessungsregelung die alte Regelung oder die neue Regelung insgesamt günstiger ist.[3] Dabei ist dann entweder ausschließlich die Neuregelung oder ausschließlich die Altregelung anzuwenden; nicht zulässig ist es hingegen, die Strafnorm der Altregelung und lediglich den Strafrahmen der Neuregelung zu entnehmen.[4] Ob im Verhältnis von §§ 17, 18 und § 34 aF die neue Regelung oder die Altfassung das mildeste Gesetz darstellt, kann nicht anhand des Gesetzeswortlauts alleine bestimmt werden, da die neue Regelung sowohl Strafschärfungen als auch Strafmilderungen beinhaltet und zudem zu anderen konkurrenzrechtlichen Beurteilungen führt.[5] Das mildeste Gesetz ist stets ein solches, bei dem eine Strafbarkeit wegfällt. Kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot soll allerdings vorliegen, wenn aufgrund eines fehlerhaften Verweises innerhalb einer Blankettvorschrift zwischen Tatbegehung und Entscheidung eine vorübergehende Ahndungslücke entstanden, aber keine materielle Änderung der Rechtslage beabsichtigt war.[6]

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Bei Blankettstrafvorschriften findet der lex mitior-Grundsatz nicht nur dann Anwendung, wenn die Strafnorm selbst geändert wird, sondern er erfasst auch Änderungen der blankettausfüllenden Normen.[7]

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Das Meistbegünstigungsgebot des § 2 Abs 3 StGB bzw § 4 Abs 3 OWiG gilt lediglich für das materielle Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht einschließlich der blankettausfüllenden Bezugsnormen. Für verfahrensrechtliche Vorschriften gilt das Meistbegünstigungsgebot nicht. Infolge dessen finden § 2 Abs 3 StGB bzw § 4 Abs 3 OWiG auf die Verlängerung von Verjährungsvorschriften keine Anwendung, da Verjährungsvorschriften nicht die Strafbarkeit als solche, sondern lediglich deren Verfolgbarkeit regeln.[8] Die verlängerten Verjährungsvorschriften finden daher auch auf bereits vollständig verwirklichte Tathandlungen Anwendung, sofern zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der verlängerten Verjährungsfrist nicht bereits Verjährung eingetreten war.[9] Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Verlängerung der Verjährungsvorschriften darauf beruht, dass der Strafrahmen angehoben wird. Für den umgekehrten Fall, dass ein Qualifikationstatbestand in ein Regelbeispiel umgewandelt wird, findet die Verjährungsvorschrift des Grunddelikts Anwendung, da sich die Verjährungsfrist gem § 78 Abs 4 StGB nach der Strafdrohung ohne Rücksicht auf Strafschärfungen für besonders schwere Fälle richtet.

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Die Grundsätze über Gesetzesänderungen finden hingegen auf die Änderung der Rechtsprechung keine Anwendung. Dies gilt sowohl bei einer Änderung der strafrechtlichen als auch der verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung. In beiden Fällen bleibt der Normbefehl nämlich unberührt, auch wenn sich die Interpretation und Auslegung einer Norm geändert hat. Wird infolge einer Rechtsprechungsänderung das Verhalten des Täters straflos, wirkt diese zu seinen Gunsten und er genießt Straffreiheit.[10] Erfolgt die Rechtsprechungsänderung jedoch zuungunsten des Verantwortlichen und wird hierdurch ein bislang exportkontrollrechtlich unerhebliches Verhalten verwaltungs- oder strafrechtlich relevant, muss dieser nach dem allgemeinen Rechtsstaatsprinzip Vertrauensschutz genießen.[11] Sonstige Rechtsprechungsänderungen, insbesondere zur Klärung von Streitfragen, können zu Lasten des Rechtsunterworfenen wirken, jedoch bedarf dann die Frage des Vorsatzes besonderer Prüfung.

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