Читать книгу Herzversagen - Ein Schweden-Krimi - Jonas Moström - Страница 10

Kapitel fünf

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Am Freitag, dem 2. Juni, wachte Birgit Öberg auf, weil die Sonne durch das Schlafzimmerfenster schien.

Das Licht wanderte sanft von ihrer Kinnspitze über ihr Gesicht und tauchte ihre Wimpern in ein warmes Orange. Trotz des angenehmen Aufwachens spürte sie sofort, dass etwas nicht in Ordnung war. Sie fühlte sich innerlich unruhig, und der nächtliche Schlaf hatte ein ungewisses Gefühl des Unbehagens in ihr zurückgelassen. Ein Unbehagen, das schwer zu definieren war. Es war außergewöhnlich, dass sie so empfand, normalerweise war sie ein in sich ruhender, ausgeglichener Mensch, der nur selten unnötige Angst empfand.

Jetzt fühlte sich etwas in ihr kalt und leer an. Kurze, flüchtige Erinnerungsbilder vermischten sich mit den Träumen der Nacht zu einem nicht deutbaren Nebel. Sie versuchte, dieses unangenehme Gefühl zu vertreiben, indem sie an praktische Sachen dachte. Heute würde sie die Betten frisch beziehen und die Daunendecken für den Sommer wegräumen. Ihr Mann hatte sich schon mehrere Nächte hintereinander beschwert, dass er schwitze. Außerdem weigerte er sich, ohne Schlafanzug zu schlafen. Also würde sie dem Bett nun ein Sommerkleid anziehen. Weiter kam sie in ihren Gedanken nicht, weil die Unruhe sie wieder überfiel, und zwar stärker und intensiver als vorher. Ihr Herz pochte laut in ihrer Brust. Irgendetwas an der Stille des Zimmers beanspruchte ihre Aufmerksamkeit. Etwas fehlte.

Sie schlug die Augen auf. Alles sah so aus wie immer.

Kent lag wie üblich da und schlief, mit dem Rücken zu ihr gewandt. Die Zudecke hatte er zu einem Hügel an seinen Füßen zusammengeschoben. Sie starrte ein paar Sekunden lang auf seinen Rücken. Und da wurde ihr klar, was nicht in Ordnung war. Der Brustkorb bewegte sich nicht. Kents normalerweise seufzende Atemzüge waren verstummt. Das Einzige, was man im Zimmer hörte, waren ihr eigenes Atmen und ihr pochendes Herz. Sie legte ihre Hand auf Kents Schulter und rüttelte. Keine Reaktion. Die Schulter fühlte sich kalt an, und als sie stärker schüttelte, kippte der Kopf steif vor und zurück. Sie rief seinen Namen. Er antwortete nicht. Ihr wurde schwindelig, eine leichte Übelkeit setzte sich im Magen fest. Mit einem Mal war sie hellwach. Mit einer ziemlichen Kraftanstrengung drehte sie ihn auf den Rücken. Das Gesicht war bleich und leblos. Die Augen offen, große Pupillen starrten mit leerem Blick an ihr vorbei. Da begriff sie für einen Augenblick das Unfassbare. Kent war tot.

An das, was dann passierte, erinnerte sich Birgit Öberg nur verschwommen. Sie hatte den Notruf angerufen. Fragmentarische Bilder von zwei Männern in roter Kleidung, die einen erfolglosen Wiederbelebungsversuch durchführten. Nach einer Weile, als sie völlig verwirrt Kaffee für sie gekocht hatte, kam ein Arzt und stellte den Tod fest. Er sagte etwas von einer eventuellen Obduktion. Danach hatte er sie gefragt, ob sie Angehörige habe. Sie hatte dann ihre Schwester angerufen, die sofort ins Auto gesprungen und losgerast war, fast hätte sie einen Unfall gehabt.

Der restliche Tag war ein einziger Trümmerhaufen aus Trauer und Tränen. Erst am nächsten Tag begann Birgit Öberg, sich an die Erlebnisse der vorherigen Nacht zu erinnern. Sie fragte sich, woher dieses Unbehagen und die Angst stammten. Warum war sie beim Aufwachen so unruhig gewesen?

Das Einzige, was ihr einfiel, war, dass sie während der Nacht zwischen Traum und Wirklichkeit gemerkt hatte, dass ein Schatten über Kent gebeugt stand. Es war ein undeutliches Bild, aber jedes Mal empfand sie dasselbe Unbehagen. War während der Nacht jemand im Schlafzimmer gewesen?

Kent war sein Leben lang gesund gewesen und gerade erst fünfzig. Sicher, er war ein bisschen übergewichtig und rauchte manchmal. Und doch. In letzter Zeit hatte es keinerlei Anzeichen dafür gegeben, dass er krank war.

Als das Obduktionsergebnis zwei Wochen später feststand, hieß es, dass Kent an plötzlichem Herztod gestorben sei, verursacht durch verkalkte Herzkranzgefäße. Birgit Öberg fiel es schwer, sich damit abzufinden. Die Gedanken schwirrten ihr im Kopf herum, ohne dass sie eine Ordnung hineinbringen konnte. Manchmal hatte sie das Gefühl, verrückt zu werden. Dieser nächtliche Schatten tauchte immer wieder in ihrem Innern auf und schließlich erzählte sie ihrer Schwester davon. Die hatte sie auf ihre sanfte Weise beruhigt und erklärt, dass das eine ganz normale Reaktion sei. Dass es eine nachträgliche Interpretation sei, ein Versuch, Kents Tod zu verarbeiten. Birgit Öberg glaubte ihr und bemühte sich, es zu vergessen. Sie entschloss sich, über die Sache kein Wort mehr zu verlieren. Das Letzte, was sie wollte, war verwirrt und paranoid zu erscheinen. Ihre Schwester hatte bestimmt Recht, wie üblich.

Alles war nur ein unangenehmer Traum gewesen.

Herzversagen - Ein Schweden-Krimi

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