Читать книгу Buen Camino - die schönste Reise meines Lebens - Josef Frey - Страница 14
Оглавление10. Pilgertag, Donnerstag, 05.09.2013
Brochenzell–Markdorf: 20 km, Gesamt: 177 km
Nach einem ausgedehnten Frühstück mit netter Unterhaltung meiner Pilgerwirtin mache ich mich auf den Weg. Zum Abschied bekomme ich noch ein Notenblatt „Irischer Segenswunsch“ geschenkt. Es ist ein wunderschönes Pilgerlied, worüber ich mich sehr freue. Über ein Notenblatt freut sich jeder Musikant. Herzlichen Dank, Frau Zeilmair, für die familiäre Aufnahme in ihrem Haus. Wieder eine Premiere. Es war die erste Übernachtung in einem privaten Pilgerzimmer. Wie sich noch herausstellt, werde ich sehr oft die Gastfreundschaft von Familien am Jakobsweg genießen dürfen. Das sind immer besondere Begegnungen.
Zeppelin
Es ist wieder sehr warm. Besser gesagt, sehr heiß. Ich bevorzuge deshalb alle Wege durch schattige Wälder. Plötzlich höre ich über mir Motorengeräusche. Beim Blick nach oben sehe ich durch eine kleine Lichtung einen Zeppelin dahinschweben. Rasch ergreife ich meinen Fotoapparat, kann gerade noch ein Bild machen, und schon entschwindet er wieder durch die Baumkronen. Wir befinden uns in der Heimat dieses Flugobjekts.
Immer wieder komme ich an einem Wegweiser nach Ailingen vorbei. Ich überlege bereits, ob ich den kleinen Umweg dorthin machen soll. Da bin ich zusammen mit meinem Sohn schon mit dem Fahrrad hingefahren und mit meinen Musikerfreunden habe ich so manchen schönen Abend in der „Gerbe“ gefeiert. Ich gehe jedoch meinen geplanten Weg weiter, zu Fuß ist doch jeder Kilometer, den man nicht gehen muss, sehr wertvoll.
In Oberteuringen finde ich am Ortseingang einen kunstvollen Bildstock mit Jakobus. In einer Schublade liegen ein Gästebuch und ein Pilgerstempel mit dem Ruf „Ultreia“ – weiter! Ich schreibe ein paar Worte in das Gästebuch und stemple meinen Pilgerpass. Auch eine wunderbare (saubere!) Bank ist neben dem Bildstock. Diese nutze ich für eine kleine Vesperpause. Der Jakobusweg wird in dieser Region offensichtlich richtig gelebt und gepflegt.
Skulptur
Auf einem romantischen Weg neben einem kleinen Bach taucht plötzlich diese Holzschnitzerei von Jakobus mit den Länderflaggen des Jakobsweges auf. Und in einem Infokasten finde ich gleich das Kärtchen einer Pilgerpension in Markdorf. So kann ich sorglos meinen Weg fortsetzen und mich an der herrlichen Landschaft und den Obstplantagen erfreuen. Die Sonne lacht mit mir um die Wette.
Ein älterer Herr, der mit seiner Frau eine Fahrradtour macht, gibt mir einen sicherlich gut gemeinten Tipp bezüglich eines herrlichen Biergartens. Mit dem Rad wäre das sicher einen kleinen Abstecher wert gewesen, aber zu Fuß wäre dieser Umweg fast eine Weltreise.
Bald erreiche ich Markdorf. Zuerst geht es an einem Campingplatz vorbei. Danach überquere ich die Bundesstraße, auf der ich mit dem Auto schon des Öfteren an den Bodensee gefahren bin. Ein kleiner Biergarten der Gaststätte zur „Traube“ lächelt mich so schön an, dass ich mich darin niederlasse und ein Weizenbier mit Limonade trinke. Das tut gut! Das Leben kann so einfach und schön sein, wenn man sich nicht in seine Architektur einmischt.
Markdorf, altes Spital und Mauritiuskapelle
Am Weg in die Stadt komme ich beim Alten Spital und der Mauritiuskapelle vorbei. Ein historischer Ort auf dem Jakobsweg. Haben doch hier schon vor Hunderten von Jahren, so wird wegen der Rötelkritzeleien in der Kapelle vermutet, Jakobspilger Zuflucht und Nachtquartier gefunden. Gerne hätte ich die Wandmalereien in der Kapelle besichtigt, aber leider ist sie verschlossen. Schade!
Ich marschiere weiter ins Zentrum zur Stadtpfarrkirche. Auf diesem Weg werde ich von einer charmanten jungen Dame im Alter von ca. 7 Jahren begleitet, welche mir voller Stolz aus ihrem Leben erzählt und sich jetzt mit ihrem neuen Fahrrad und ihrer Mama zum Einkaufen begibt, damit der Papa abends was zum Essen bekommt. Als sich vor einer Eisdiele unsere Wege trennen, bedanke ich mich artig für das angenehme Gespräch und wünsche der jungen Dame einen guten Einkauf!
Bevor ich mir danach ein gutes Eis in der Eisdiele gönne, besichtige ich die Stadtpfarrkirche. Die ist wunderschön anzuschauen und hat einen großen Marienaltar in der Seitenkapelle. Dort fragt mich ein ca. 10-jähriges Mädchen, offensichtlich islamischer Abstammung, was das für eine Frau auf dem „Tisch“ sei. Ich erzähle ihr die Geschichte von Maria und dem Jesuskind. Das Mädchen und ihr kleiner Bruder hören aufmerksam zu und stellen immer wieder interessiert Fragen. Da ist mein Wissen über die Bibel schon auf die Probe gestellt. Ich will ihr ja schließlich keine falschen Antworten geben.
Die Frage nach dem Grund für die vielen brennenden Kerzen erkläre ich ihr gerne, indem ich den zweien je eine Kerze spendiere, welche von ihnen angezündet und mit guten Wünschen für einen lieben Menschen – Papa, Mama, Oma oder Opa – vor den Altar gestellt werden. Ganz spontan wünschen sich die beiden den Segen für die Mama und die Oma.
Ein aufgeregter Papa kommt in die Kirche, um nach den Kindern zu schauen. Nach ein paar freundlichen Worten verabschieden wir uns mit gegenseitigen Wünschen für einen schönen Tag. Ich nenne diese angenehme Begegnung einfach mal Völkerverständigung im kleinen Kreis. Schade, dass sich hier die großen Kreise immer so schwertun.
Nach dem ersehnten Eisbecher gehe ich in die Pension Klappenberger, um das bereits gebuchte Zimmer zu beziehen. Abends erfreue ich mich an den Kochkünsten der örtlichen Gastronomie, bevor ich auf der Terrasse der Pension mit einem Radtouristen und meiner Pensionswirtin bei einem Glas gutem Rotwein den herrlichen, erlebnisreichen Tag ausklingen lasse.