Читать книгу Buen Camino - die schönste Reise meines Lebens - Josef Frey - Страница 18
Оглавление12. Pilgertag, Sonntag, 04.05.2014
Konstanz–Maltbach: 27 km, Gesamt: 222 km
Frühmorgens klingelt der Wecker. Dusche, Tasse Kaffee, und schon geht’s los zum Bahnhof. Insgesamt 3 Stunden Zugfahrt. Dazu habe ich mir ein gutes Vesper eingepackt und Lektüre zum Lesen besorgt.
Es ist ein wunderschöner Morgen. Sonnig, blauer Himmel und eine angenehme Bahnfahrt bis nach Konstanz. Vom Bahnhof sind es nur ein paar Meter zu Fuß zum Münster. Hier beginnt meine Pilgertour auf dem Schwabenweg durch die Schweiz. Der Wegweiser zeigt es an: 4 Stunden bis nach Märstetten, ca. 1 Stunde mehr bis zu meinem heutigen Etappenziel nach Maltbach. Dort habe ich bereits telefonisch ein Pilgerzimmer bei Frau Mahler reserviert.
Es steht aber auch geschrieben, dass es bis zu meinem eigentlichen Ziel noch 2340 km sind – fast 3 000 000 Schritte –, und mit jedem Schritt wird es ab heute ein Schritt weniger – fantastisch.
Kommunion
Durch die Altstadt komme ich über die Staatsgrenze nach Kreuzlingen in der Schweiz. Kaum bin ich durch die Doppelstadt hindurch, befinde ich mich bereits im Stadtteil Emmishofen.
Dort herrscht reges Treiben. Der örtliche Musikverein sammelt sich zusammen mit dem Pfarrer, den Ministranten und den Kommunionkindern zum großen Einzug in die Kirche. Dort sitzen bereits die vielen Gäste der Kinder und warten voller Ungeduld auf die große Zeremonie. Großeltern strahlen eine feierliche Ruhe aus, Väter suchen ganz wichtig die Verwandtschaft zusammen und führen diese in die reservierten Kirchenbänke.
Mütter rennen Kopf- und Planlos durch die Gegend, zupfen an ihren Kleidern herum, suchen hysterisch den besten Platz zum Fotografieren und rennen dabei unschuldige Pilger über den Haufen. Die älteren Schwestern der Kommunionskinder merken plötzlich, dass der Rock für den Anlass doch zu kurz ist und versuchen, diesen alle 10 Sekunden nach unten zu ziehen. Kurz: eine ganz alltägliche Familienfeier, als Außenstehender ganz amüsant anzuschauen.
Kirche Emmishofen
Die Kirche ist wunderschön und erstrahlt in einem glanzvollen Weiß. Ich bin schon am Überlegen, zu Beginn meines diesjährigen Pilgerweges den Kommunionsgottesdienst mitzufeiern. Entscheide mich dann aber doch, weiterzugehen. Mit Wanderschuhen, Rucksack und Wanderhose fühle ich mich in dieser festlichen Umgebung doch ein wenig fehl am Platz. Ich lasse die feierliche Atmosphäre trotzdem auf mich wirken.
Schlossbühltobel
Auf dem Weg zurück zum Schwabenweg verpasse ich dann eine Abbiegung und mache so einen kleinen Umweg, bevor ich durch den malerischen Schlossbühltobel hinauf entlang einem Kreuzweg zur Kapelle Bernrain gelange und auf einer leicht hügeligen Strecke viele kleine Weiler und Gehöfte durchwandere. Unmengen an Raubvögeln schwirren über meinem Kopf. Ein gutes Foto will mir jedoch nicht von ihnen gelingen, schade.
Besonders schön sind die vielen Fachwerk- und Holzhäuser. Ich kann mich gar nicht sattsehen. Das Gerede von der wunderschönen Schweiz muss also auch außerhalb der beeindruckenden Bergwelt eine Grundlage haben. Zu meiner linken Seite sehe ich schon bald ein Alpenpanorama mit dem „Säntis“ als höchster Erhebung. Es ist ein wunderbares Gefühl, durch diese fantastische Landschaft zu pilgern.
Maerstetten
Bald erreiche ich Märstetten, meinem Reiseführer zufolge eigentlich der heutige Etappenort. Hier gibt es auch eine Pilgerherberge. Ich habe meine Route jedoch anders geplant und in Maltbach ein privates Pilgerzimmer gebucht, um die morgige Etappe etwas zu verkürzen. In der schönen Kirche kann ich den ersten Pilgerstempel aus der Schweiz in meinem Pilgerbuch anbringen. Und wenige Meter daneben finde ich eine kleine Gastwirtschaft, in welcher ich eine wunderbare Tasse Kaffee bekomme.
Nun geht es mit frischem Elan weiter nach Maltbach. Meine Pilgerwirtin ist auf einer Kommunionfeier und kommt erst gegen 18.00 Uhr zurück. Deshalb begebe ich mich zuerst in das kleine Restaurant und trinke am Stammtisch ein Glas Bier. Danach ruhe ich mich vor meiner Pension auf einem Liegestuhl aus, bis meine Pensionswirtin plötzlich und unerwartet aus dem Haus kommt.
Abendessen hat sie auch schon gemacht. Zanderfilet mit Kartoffeln, Buttersoße und grünem Salat. Einfach köstlich. Ein Kompliment an die Köchin. Hätte nicht gedacht, auf meiner Pilgerreise solch ein Pilgermenü verköstigen zu dürfen.
Danach gehe ich gleich ins Bett. Der lange Marsch und die Sonne haben mich müde gemacht. Auch meine Füße und meine Schultern verlangen nach Erholung. Ich schlafe wunderbar in meinem kleinen, einfachen Pilgerzimmer über einer ehemaligen Werkstatt.