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Sorgfältig stopfte Bill Chandler die Plastikfolie in die äußerste Ecke des luxuriösen Fahrstuhls. Wenn die Malerfirma, die im dritten Stock gerade den Flur renovierte, mit ihren Farbkübeln auf dem dicken Teppich irgendwelche Spuren hinterlassen würde, dann wäre ihm ein kräftiger Anschiss sicher. Denn hier im noblen Kensington verstanden die Leute in dieser Hinsicht keinen Spaß. Und schon gar nicht mit dem Hausmeister. Wahrscheinlich würde sein Boss ihm die Reinigungskosten von seinem Gehalt abziehen. Und zwar ohne auch nur einmal mit der Wimper zu zucken.

Vorsichtshalber befestigte Chandler die Folie noch mit einem breiten Streifen Klebeband, bevor er die Lichtschranke der Tür wieder freigab. Sicher hatten schon einige Bewohner des Appartementhauses ungeduldig auf die Bedienknöpfe gehämmert und warteten mit scharrenden Füßen, dass die Kabine endlich nach oben fuhr. So wie dieser dämliche Musiklehrer, der mit mäßigem Erfolg versuchte, den Kindern überbezahlter Banker und Anwälten das Klavierspielen beizubringen.

Das Geklimper, das trotz des schallisolierten Musikzimmers manchmal zu vernehmen war, verursachte bei längerem Zuhören bestimmt Ohrenkrebs. Denn anders konnte er sich die verkniffenen Gesichter der kleinen Mädchen und Jungen, die der seltsame Kerl fürsorglich bis in die Lobby brachte, nicht erklären. Wahrscheinlich wurden sie von ihren statussüchtigen Eltern mit der Aussicht auf das neueste iPhone dazu genötigt, ein Instrument zu erlernen.

Dass der Blüthner-Flügel dabei meist überhaupt nicht angetastet wurde, konnte Chandler natürlich nicht wissen. Genauso wenig wie die Tatsache, dass die angehenden Pianisten mit perfiden Drohungen eingeschüchtert wurden, über die Vorgänge im Musikzimmer den Mund zu halten.

In dem Moment, in dem sich die Tür des Aufzugs schloss, entdeckte Chandler tatsächlich noch eine Stelle, die nicht von der Folie bedeckt wurde. Todesmutig sprang er in die Kabine, aber die Zeit bis zum erneuten Schließen reichte nicht aus. Hektisch versuchte er mit seinem Teppichmesser, den Kampf gegen das widerspenstige Klebeband zu gewinnen, denn die Mieter der teuren oberen Etagen wurden nur sehr ungern von der arbeitenden Bevölkerung belästigt. Doch zum Glück schaffte er es gerade noch rechtzeitig.

Blöderweise stieg ausgerechnet jetzt dieser arrogante Schnösel von Musiklehrer zu. Aber offensichtlich hatte der einen guten Tag. Er übersah mit einem süffisanten Grinsen, dass sich Chandler mit seinem Ärmel erleichtert den Schweiß von der Stirn wischte. Nur als er die blitzende Klinge in seiner Hand entdeckte, hob er erstaunt die Augenbrauen.

„Sie wollen mich doch nicht etwa umbringen, oder?“, stieß er mit gespieltem Entsetzen hervor. Dann ließ er sich zu einer übertriebenen Geste hinreißen und klopfte dem Hausmeister freundschaftlich auf die Schulter.

Doch da hatte sich schon etwas in seinen Oberschenkel gebohrt. Exakt an der Stelle, an der eine fingerdicke Ader verlief, die das Bein mit Blut versorgte. Nur hatte er absolut keine Ahnung, was das gewesen sein könnte. Denn dazu ging alles viel zu schnell. Mit schwindenden Kräften versuchte er, die sprudelnde Quelle zu stoppen, aber der warme Strom rann ihm einfach durch die Finger. Da hätte er genauso gut versuchen können, ein Schwimmbad mit einem Schnapsglas auszuschöpfen.

Und was machte dieser blöde Hausmeister? Er stand einfach nur da und glotzte dämlich. Statt Hilfe zu rufen, war er lediglich darauf bedacht, dass er seine Schuhe nicht besudelte.

Nur hieß er überhaupt nicht Chandler. Und er war auch kein Hausmeister.

Der Fotograf - Tagebuch eines Killers

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