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Das »Wo« als Remote‐ versus Präsenzarbeit

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Ein weiteres charakteristisches Merkmal des »Wo« spiegelt sich in den Konfigurationen Remote‐ versus Präsenzarbeit wider. Aufgrund der vorherrschenden Mythen hinsichtlich der geografischen Trennung haben einige Unternehmen Strategien eingeführt, die Remote‐Arbeit unterbinden, weil sie darin eine zentrale Ursache von Leistungseinbrüchen sehen.

Doch dieser Ansatz hat sich nicht als erfolgreich erwiesen.

In der Boulevardpresse findet man eine Menge verwirrender Botschaften, die sich um die Überzeugungen der Betroffenen und Geschichten drehen, aus dem Zusammenhang gerissen wurden und zu erklären versuchen, was bei standortverteilter Arbeit mit der Unternehmensperformance geschieht, statt darüber nachzudenken, wie sich virtuelle Arbeit aus der Perspektive der menschlichen Erfahrung auswirkt, wenn man unsere Definition zugrunde legt. Ohne ein klares, rigoroses Bewertungsschema mit prädiktiven Anbindungen an die Meinungsmacher im Management und die finanziellen Ergebnisse kann niemand wissen, was sich am besten bewährt. Deshalb sind Strategien, die auf dem Versuch basieren, Remote‐Arbeit einen Riegel vorzuschieben, von vornherein zum Scheitern verurteilt.


Abb. E.3: CPG Inc., Übersicht

Das Konzept der virtuellen Distanz löst dieses Problem.

Der Blick auf das Kontinuum der Daten zur virtuellen Distanz, die von uns im Lauf des letzten Jahrzehnts aus dem Vergleich Remote‐ versus Präsenzarbeit abgeleitet und ausgewertet wurden, trägt dazu bei, klarer umrissene Antworten zu finden.

Werfen wir also zuerst einen Blick auf das Spektrum der von uns gesammelten Daten.

In unserem aktualisierten Benchmark‐Prozess haben wir den Prozentsatz der Zeit gemessen, die Mitarbeiter remote im Homeoffice bzw. an einem anderen Ort ihrer Wahl arbeiten oder im Büro ihres Unternehmens verbringen. Die virtuelle Distanz wurde dabei nicht berücksichtigt. Das Ergebnis finden Sie in Abbildung E.4.


Abb. E.4: Prozentsatz der Remote‐Arbeit

Wie aus Abbildung E.4 ersichtlich, arbeiteten 55% der Benchmarking‐Teilnehmer überwiegend am Bürostandort; 23% arbeiteten 21%‐50% der Zeit remote, 7% arbeiteten 51%‐75% der Zeit remote, und 15% arbeiteten mehr als 75% der Zeit remote.

Doch die Verteilung zu kennen und zu wissen, wo die Leute arbeiten, reicht nicht aus. Empirische Daten sind erforderlich, um zu verstehen, welche Leistungsunterschiede, sofern vorhanden, zwischen der Gruppe, die häufiger im Büro arbeitet, und den Beschäftigten bestehen, die der Remote‐Arbeit den Vorzug geben.

Unsere Benchmark‐Demografien liefern uns, in Kombination mit den Daten der virtuellen Distanz, die Antworten:

 Remote‐Arbeitende haben die wenigsten Probleme mit der Technologie und sind bereit, sie zu nutzen, wenn es erforderlich ist.

 Remote‐Arbeitende sind am besten befähigt, mehrere Projekte und Aufgaben gleichzeitig zu bewältigen.

 Remote‐Arbeitende bedienen sich der am wenigsten abwechslungsreichen Kommunikationsmethoden.

 Remote‐Arbeitende werden durch einen Mangel an geteilten Inhalten in der Regel am schwersten beeinträchtigt.

Trotz der letzten beiden Herausforderungen gilt:

 Remote‐Arbeitende fühlen sich vor allem dann eng verbunden, wenn es um gemeinsame Werte geht.

 Remote‐Arbeitende empfinden sich als Seelenverwandte.

 Remote‐Arbeitende spüren die wechselseitige Abhängigkeit der Teammitglieder am stärksten.

Diese Komponenten sind von entscheidender Bedeutung, um die Affinitätsdistanz auf niedrigem Niveau zu halten, ein Vorteil, der Remote‐Arbeitenden hilft, operative Schwierigkeiten zu überwinden, sobald sie auftauchen.

Als Nächstes schauten wir uns genauer an, wieviel Zeit die Benchmark‐Teilnehmer remote bzw. im Büro ihres Unternehmens arbeiteten, und verglichen ihre Leistungen im Hinblick auf kritische Erfolgsfaktoren.

Die Ergebnisse waren verblüffend. Es gab keine statistisch relevanten Unterschiede zwischen Remote‐ und Präsenzarbeit in Bezug auf:

 Vertrauen,

 Arbeitszufriedenheit,

 Klarheit der Aufgaben/Rollen und Ziele, oder

 termin‐ und budgetgerechte Projektfertigstellung und Kundenzufriedenheit.

Daraus lässt sich schließen, dass Remote‐ und Präsenz‐Mitarbeiter gleichermaßen gut die erwünschten Ergebnisse auf diesen Ebenen erzielten.

Statistisch relevante Unterschiede in allen vier Arbeitsplatzkategorien zeigten sich jedoch bei anderen wichtigen Ergebnissen.

Tabelle E.5 veranschaulicht, wie Remote‐Mitarbeiter auf einem Prozentsatz‐der Zeit‐Kontinuum in Kategorien wie OCB (Organizational Citizenship Behavior, individuelles, altruistisches Verhalten in der Arbeitsumgebung, das sich positiv auf die Funktionsfähigkeit der Organisation auswirkt), Lernen, Mitarbeiterengagement und Innovation abschnitten (Einzelheiten zur Definition der Begriffe siehe 4. Kapitel, Die Parameter der virtuellen Distanz).

Die überwiegend Remote‐Arbeitenden belegten klar den ersten Rang (beste Leistung) in allen Kategorien bis auf das Mitarbeiterengagement, und selbst hier waren sie die Zweitbesten. Sie verwiesen diejenigen, die überwiegend im Büro arbeiteten, in den anderen Kategorien auf Platz zwei. Und diejenigen in der Mitte landeten auf Platz drei oder vier.

%der Remote‐Arbeitszeit OCB/Altruistisches Verhalten 1 = Beste 4 = Schlechteste Lernen 1 = Beste 4 = Schlechteste Mitarbeiterengagement 1 = Beste 4 = Schlechteste Innovation 1 = Beste 40 Schlechteste
Weniger als 20% (Weniger Remote) 2 2 1 2
21%–50% 3 Gleicher Wert 3 4 4
51%–75% 4 Gleicher Wert 3 3 3
Mehr als 75% (Mehr Remote) 1 1 2 1

Tabelle E.5: Leistungs‐Ranking als Funktion der Remote‐Arbeitszeit in Prozent

Eine aufschlussreiche Entdeckung.

Dass Remote‐Beschäftigte Spitzenplätze auf der Skala einnehmen, hat seinen Grund. Sie haben meistens Zugriff auf konkrete Ressourcen, die ortsunabhängiges Arbeiten bestmöglich unterstützen. Diese werden entweder vom Unternehmen in Form eines formalen Trainings oder über inoffizielle Kanäle bereitgestellt, beispielsweise von Employee Resource Groups (ERGs), die heute in vielen Ländern Einzug halten: von den Mitarbeitern organisierte und geführte Gruppen, die eine integrative Arbeitsatmosphäre fördern, Best Practices teilen, auf Online‐Hilfen und Webinare aufmerksam machen oder sich zum »Lunchen und Lernen« in der Cafeteria treffen, wo sie Informationsmaterial verteilen und Erfahrungen austauschen. ERGs sind gewöhnlich durch das gemeinsame Bestreben motiviert, denjenigen Kollegen zu helfen, die in Ermangelung einer einheitlichen, vom Unternehmen finanzierten Schulung mit der virtuellen Arbeitsweise zu kämpfen haben.

Die Macht der virtuellen Distanz

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