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1.2.1 Burnout der Helfenden

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Pädagogische, soziale und therapeutische Berufe wurden von Anbeginn der Burnout-Forschung besonders studiert. Schon frühzeitig fanden Untersuchungen heraus, dass Menschen in helfenden Berufen eher ein Burnout entwickeln als andere. So zeigten Enzmann und Kleiber in ihren Studien aus den 1980er Jahren, dass Sozialarbeitende im Vergleich zu anderen Berufsgruppen (Krankenpflegepersonal, Erziehende, Ärzt*innen, Psycholog*innen) in allen Merkmalen von Burnout negative Werte aufwiesen. Insgesamt würde sich diese Berufsgruppe damit an vorderer Stelle im Burnout-Empfinden bewegen (Enzmann & Kleiber 1989, S. 168–171).

Aktuelle Studien wie der Fehlzeitenreport des Wissenschaftlichen Instituts der AOK ( Abb. 2) bestätigen, dass sozial Tätige auch heutzutage von Burnout häufig betroffen sind (Badura et al. 2013). Führungskräfte in der Sozialarbeit teilen sich dabei mit Führungskräften pädagogischer und heilerzieherischer Einrichtungen den dritten Platz sowohl in der Häufigkeit von Krankschreibungen wegen Burnout als auch in der Dauer der Arbeitsunfähigkeit (AU) wegen der Arbeitsüberlastung. Andere Tätigkeiten in der Sozialarbeit und Sozialpädagogik belegen den zehnten Platz der Krankschreibungen wegen Burnouts in der beruflichen Rangfolge (umfasst mehr als 700 berufliche Tätigkeiten; Bundesagentur für Arbeit 2020).


Abb. 2: Die zehn am häufigsten von Burnout betroffenen beruflichen Tätigkeiten, AU-Tage und AU-Fälle der Diagnosegruppe Z73 nach Berufen im Jahr 2012, AOK-Mitglieder (eigene Darstellung, Daten aus: Badura et al. 2013, S. 308)

In einem weiteren Report aus dem deutschen Gesundheitssystem und der Forschung werden die starke Belastungslage, zunehmende psychische Erkrankungen und damit einhergehend hohe Fehlzeiten gerade in den sozialen Berufen deutlich. Der Stressreport Deutschland 2019 hebt für soziale Berufe vergleichsweise viele Anforderungen hervor, die andere Berufszweige nicht in dem Maße belasten (BAuA 2020). So zeigt sich in der Studie, dass vor allem abhängig Beschäftigte in sozialen Berufen überdurchschnittlich viele Anforderungen in ihrer Tätigkeit haben und häufig verschiedenartige Tätigkeiten gleichzeitig ausüben müssen (BAuA 2020, S. 162, 168). Wie bei Frau P. aus unserem Eingangsbeispiel liegt dies meist an zu hohen Fallzahlen, die den Professionellen abverlangt werden und wodurch dann die Qualität der Betreuung leiden kann. Zudem ist in sozialen Berufen die Arbeitsdurchführung oft detailliert vorgeschrieben und somit kaum Entscheidungs- und Handlungsspielraum gegeben (BAuA 2020, S. 169). Hinzu kommt, dass Sozialarbeit überdurchschnittlich häufig in Befristung ausgeübt werden muss (BAuA 2020, S. 177). Mit dem Blick auf die besonderen Rahmenbedingungen in sozialen Berufen ist es eigentlich nicht verwunderlich, wenn sie in den Statistiken mit hohen Fallzahlen zu Burnout und weiteren psychischen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen auffallen. Damit befinden sich die Sozialarbeitenden häufig selbst in den schwierigen Lebenslagen wieder, bei der sie eigentlich ihre Klientel unterstützen sollen.

Das Problem, dass Burnout gerade in sozialen Berufen verstärkt auftritt, hat in den letzten Jahren zu einer enormen Vielfalt von Forschungsstudien geführt, und das nicht nur in Deutschland, sondern auch international. Allein die Recherche für dieses Buch ergab für die letzten zehn Jahre eine Masse von knapp einhundert wissenschaftlichen Studien, die sich in irgendeiner Weise mit Burnout in der Sozialarbeit beschäftigt haben. Hervorzuheben ist indes, dass Burnout in allen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit wiederzufinden ist. Die Studien reichen von der Kinder- und Jugendhilfe über Hospizdienste und klinische Sozialarbeit bis hin zur Arbeit mit migrierten Personen oder auch Studierende der Sozialen Arbeit. Es sind demnach unterschiedliche Ursachen und Einflüsse aus der Arbeitsaufgabe in einzelnen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit zu erwarten.

Enzmann und Kleiber haben hierzu ausgewählte Bereiche der Sozialarbeit untersucht. Sie fanden die höchsten Werte von Burnout in den Arbeitsbereichen Familienfürsorge und Jugendfreizeitheim. Wie bei Frau P. aus der sozialpädagogischen Familienhilfe sind im Bereich der Familienfürsorge (heute als Allgemeiner Sozialdienst bezeichnet) die Helfenden am stärksten durch Zeit- und Verantwortungsdruck überfordert, haben die unklarsten Erfolgskriterien und erleben sich gleichzeitig als die am stärksten kontrollierte Gruppe. Auch die Analysen zur Zielgruppe ergaben, dass die Arbeit mit der Klientel ›Familie‹ oder ›Kinder und Jugendliche‹ vermehrt zu Burnout führte. Die Betreuung von Menschen mit Behinderung oder psychiatrischer Klient*innen ergaben die geringsten Burnout-Werte (Enzmann & Kleiber 1989, S. 172–175). Die Autoren schlussfolgerten daraus:

»Je alltagsnäher die Arbeit der Helfer und je weniger eng umgrenzt die von ihnen angetroffenen Probleme sind, desto stärker sind sie durch Burnout in ihrer Wirksamkeit und Leistungsfähigkeit bedroht« (Enzmann & Kleiber 1989, S. 175).

Auch in aktuellen Studien werden die Anforderungen verschiedener Arbeitsfelder der Sozialarbeit untersucht. Leider liegen keine vergleichenden Untersuchungen zu verschiedenen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit vor. Deshalb existieren keine aktuelleren Aussagen dazu, welche Arbeitsfelder stärker von Burnout betroffen sind und welche weniger. Insgesamt wird aus den Ergebnissen dennoch deutlich, dass in jedem sozialen Beruf bestimmte Faktoren wirken, die mit Burnout assoziiert sind ( Kap. 3.4 »Besondere Einflüsse in der Sozialen Arbeit«). Insofern fordert die Gefahr eines Burnouts die Soziale Arbeit zu einer stärkeren Professionalisierung auf.

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