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KÖNIGSWEG

Wir können uns heute nicht dem naiven Glauben hingeben,

wir wüssten schon alles und wir könnten aus dem,

was wir wissen, Programme aufstellen.

Wir müssen aus dem Leben heraus heute wiederum Ideen finden,

aber das Leben erneut sich an jedem Tag,

und wir müssen das Vertrauen haben zu dem,

was wir an jedem Tag neu lernen können vom Leben.

Und wir müssen nicht Feiglinge sein,

die glauben, dass sie nur dann arbeiten können,

wenn sie auf so genannte sichere Ideen bauen können,

wobei sie immer die Ideen meinen,

die von alters her überliefert sind, die einmal da sind.

Wir müssen den Mut haben, lernend zu arbeiten, arbeitend zu lernen.

Anders kommt der Mensch in die Zukunft und ihre Forderungen

nicht hinein.

Das wird auch ein neues Christentum sein.5

Rudolf Steiner

Der Königsweg aller Entwicklung ist der Weg der Selbster- mächtigung, der Weg den jedes Kind geht. Keiner bringt einem Kind bei, wie es sich aufrichten muss, lehrt es sprechen oder gar denken. Diese Glanzleistungen, mit denen jedes Kind sein Leben beginnt, vollbringt es ganz aus sich heraus, in dem Tempo, das ihm entspricht. Alles, was es dafür braucht, ist eine Lernumgebung, in und an der es sich entwickeln kann, vorbereitet von den Menschen, die seine frühen Jahre begleiten.

In diesem Sinne wie die Kinder zu sein heißt, Experten der eigenen Weiterentwicklung zu werden. Das trauen wir uns in unserer heutigen Welt nur selten zu, kein Wunder. Wir trauen es ja auch unseren Kindern nicht zu, dass sie aus eigener Initiative lernen wollen und aus sich heraus wissen, was sie lernen wollen, dass sie, würden wir sie lassen, unbeirrbar ihren Weg gehen würden.

Unser gesamtes Bildungssystem basiert auf dem Irrglauben, dass Kinder belehrt werden müssen. Es trichtert ihnen von Anfang an Wissen ein, das die meisten niemals brauchen. Alles, was sie dabei lernen, ist „Bulimie-Lernen“6, das den kindlichen Lernwillen so nachhaltig stört, dass Kinder zu Schulverweigerern werden. Man hindert Kinder so lange daran zu lernen, was sie wollen, und auf die Art, in der sie es vermögen, bis sie der Mut verlässt und sie gar nicht mehr beschulbar sind. Ein Zynismus ohnegleichen und eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Sie ist das Markenzeichen aller Maßnahmen „zum Wohle der Kinder“ und der Gesellschaft, die Kindern wie Gesellschaft den nötigen Lernwillen und das nötige Lernpotential absprechen, selbstbestimmt lernen zu wollen – weshalb sie dafür auch kaum Raum lassen. Darauf näher einzugehen, ist aber nicht Thema dieses Buches.

Mein Fokus liegt auf der Selbstermächtigung. Dazu ist es nie zu spät. Sie beginnt immer genau JETZT.

Der Erwerb der menschlichen Grundfähigkeiten ist ein Weg der Selbstermächtigung. Wir eignen sie uns in den ersten drei Jahren unseres Lebens eigenwillig und eigenaktiv, wenn auch unbewusst, an. Diese Ur-Erfahrung kann uns niemand nehmen, sie bildet den Urgrund aller weiteren Entwicklung, allen Lernens. Man könnte auch sagen:

Sich aufzurichten bedeutet, die eigene Schwerkraft zu überwinden.

Sprache zu erwerben bedeutet, lautgetragen und bedeutungsvoll den Weg zum anderen zu gehen.

Zu denken bedeutet, sich selbst in Verbindung mit der Welt zu setzen – ausgehend von dem Ur-Erlebnis ICH BIN – und auf dieser Basis Zusammenhänge herzustellen, um das Einzelne in das Ganze zu integrieren.

So gesehen wird deutlich, dass diese urmenschlichen Fähigkeiten unbegrenzte Entwicklungsfelder darstellen, die uns ein Leben lang herausfordern. Für den Weg der Selbstermächtigung bräuchten wir keine teuren Seminare, keine Bücher, keine Lehrmeister und Coaches. Wir brauchen nur uns selbst – und das ist zugleich das Problem. Denn wir sind alle Kinder unserer Gesellschaft, haben alle das eine oder andere Bildungssystem durchlaufen und dabei eingetrichtert bekommen, dass andere die Experten sind, die es besser wissen als wir, die uns Lösungen präsentieren, dass wir ganz und gar verloren wären in der Komplexität unserer Zeit, würden uns nicht Berufene die richtigen Wege weisen. Unsere Leben zeugen davon, dass „uns geschehen ist, wie wir geglaubt haben.“

Was aber wäre, wenn wir all die begrenzenden Glaubenssätze wieder verlernen könnten?

Wenn wir Anschluss fänden an das Selbsterziehungsvermögen der frühen Kindheit?

Ich glaube daran, dass es nie zu spät ist, das Rad der unseligen Gewohnheiten des Geworden-Seins anzuhalten und JETZT anzuschließen an das jedem Menschen innewohnende Ur-Vermögen, sein Leben zu verändern.

Damit möchte ich nicht abtun, was andere uns anbieten, damit wir weiterkommen. Das hat alles seine Berechtigung – sonst hätte ich dieses Buch nicht geschrieben. Angebote anderer können hilfreich sein. Dennoch sind wir selbst und unser Leben unsere besten Lehrmeister, Coaches und Entwicklungshelfer. Jeder war zu Anfang, und ist auch JETZT, Experte seiner Entwicklung auf dem Weg der Selbstermächtigung.

Wir dürfen die Worte, „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“, ganz persönlich nehmen, dürfen sie auf den Christus in uns beziehen.

Der Weg, die Wahrheit und das Leben in uns warten darauf, befragt zu werden, welcher nächste Lern- und Entwicklungsschritt ansteht. Das macht uns zu Fragenden:

Ist das mein Weg?

Ist das meine Wahrheit?

Ist das mein Leben, das ich mir gewünscht habe?

In unserem bisherigen Leben ging es darum Antworten zu finden. JETZT geht es darum, Fragen zu stellen, damit die Antworten uns finden können.

Leuchtspuren

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