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Schönheit

Durch die Schönheit wird der sinnliche Mensch

zur Form und zum Denken geleitet;

durch die Schönheit wird der geistige Mensch

zur Materie zurückgefuhrt

und der Sinnenwelt wiedergegeben.29

Friedrich Schiller

Die Natur ist eine unerschöpfliche Quelle für Schönheit, selbst wenn noch Tausende von Tier- und Pflanzenarten stürben, die Erde eine wüste Stätte wäre und nur ein Pflänzchen wieder zu sprießen begänne. Ist doch das Blümchen, das sich zwischen Pflastersteinen oder in einer Mauerritze entfaltet, schon von einer solchen Schönheit, dass die eine Pflanze genügt, um uns in der Tiefe unseres Menschseins zu berühren. Überlebende, die in Arbeitslagern interniert waren, berichten, dass sie bei ihren Ausgängen trotz tiefster Erschöpfung die Schönheit der Natur erlebten. Manche von ihnen schildern eindrücklich, wie rettend das Schwellen der Knospe an einem Zweig, das Sprießen der Blumen am Wegrand, die sich neu entfaltenden Blätter an einem Baum für sie waren.

Die Natur verdankt ihre Schönheit ihrer Lebendigkeit, die in Resonanz geht mit der Urkraft des Lebens im Menschen. Sie erinnert Leidende, Unterdrückte, Geschundene, Hoffnungslose an ihr eigenes Lebendig-Sein. Das mobilisiert Überlebenskräfte, die direkt ins Herz gehen und es eine heilsame Oktave höherschlagen lassen.

Schönheit, in welcher Spielart auch immer, ist eine Ausgleich schaffende Brücke, ein salutogenetisches Prinzip,30 das alle Menschen erreicht-von der einen oder der anderen Seite her, je nachdem, welchen ergänzenden Standpunkt sie brauchen: Dem allzu Sinnlich-Materiellen weist sie den Weg zum Geistigen, dem allzu Vergeistigten den Weg ins leibhaftige Leben. Schönheit als Retter vor Einseitigkeit.

Wie die Kunst ist sie kein Luxus, wie diese ist sie ein nährendes Grundelement des Lebens, das sich, auf den Menschen bezogen, auf allen drei Ebenen des Menschseins ausdrückt – körperlich, seelisch und geistig – und das uns auch auf diesen drei Ebenen anspricht. Schönheit ist ein machtvoller und zugleich zärtlicher Heiler, der durch seine intensive Berührung Leblosem in uns Leben einhaucht. Und da Schönheit im Auge des Betrachters liegt, wie ein altes Sprichwort sagt, offenbart unser Berührtsein uns viel über uns selbst und unseren Heilungsbedarf.

In einer Zeit, in der die Schönheit des Lebendigen in der Welt in und um uns massiv zurückgedrängt wird – auch hier auf allen Ebenen – müssen wir zu „Schützern von Schönem“ werden, damit unsere Augen es überhaupt noch sehen. Schönheit schützen, indem wir sie in unserem Blick wohnen lassen, unsere Seele für sie sensibilisieren, unseren Geist dafür öffnen. Wo immer wir Schönheit begegnen, reagiert unser Herz – wer ihm lauscht, für den ist alles gut.

Worte der Besinnung:

Schönheit ist die Sprache des Lebens.

Leuchtspuren

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