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Macht

Ich vermag alles durch den,

der mich mächtig macht.

Paulus

Früher war Mysterien-Wissen für Nicht-Eingeweihte tödlich, weil die Menschen es nicht hätten verkraften können. Heute grenzt es an Machtmissbrauch, Wissen, das uns als Menschheit weiterbringen könnte, zurückzuhalten, um eigene Machtinteressen zu verfolgen, vor allem aber, um Menschen damit zu manipulieren – eine durchaus gängige Vorgehensweise, der die Whistleblower unserer Zeit mutig entgegenwirken.

Was allgemein unterschätzt wird, ist die Tatsache, dass es heute nicht mehr in erster Linie um Wissen geht – auch wenn die Informationsfluten uns das vorgaukeln wollen. Wahrhaft wirkmächtig ist der aus seinem Sein heraus Handelnde, egal, ob er gemeinwohlorientierte oder eigennützige Interessen verfolgt. Sind wir uns dessen bewusst, sitzen wir am Hebel der Macht. Wie Geld auch ist Macht per se nichts Schlechtes, im Gegenteil: Erst wofür man sie einsetzt, offenbart den wahren Charakter des Machthabers.

Machtausübung im alten Stil – das Ausüben von Macht über andere – gehört zur alten Zeit, die zerbröckelt, wie Schiller es schon zu seiner Zeit konstatierte. Was uns als Individuen und Menschheit heute weiterbringt, ist die Selbstermächtigung – eine Machtübernahme, die jeder selbst in Freiheit vollziehen muss. Diese Macht ist uns vom Himmel gegeben, damit wir sie uns auf Erden nehmen. Nur wir selbst sind imstande sie uns zu verleihen. Und sie muss einhergehen mit dem Verzicht der Machtausübung über andere.

Das gilt für die Pädagogik, für das Verhältnis von Eltern und Kindern, Lehrern und Schülern, aber auch für Schulbehörden und Bildungseinrichtungen aller Art. Es gilt für die Gesellschaft im Allgemeinen. Selbstermächtigung kann nicht von oben verordnet werden, sondern wird durch den Verzicht auf pädagogische und inhaltliche Vorgaben ermöglicht. Im Klartext: Das Verhältnis, in das wir mit anderen treten, darf niemals ein Machtverhältnis sein, wollen wir dem Neuen ins Leben verhelfen – sonst wäre es das Alte. Anderen den Raum zur Selbstermächtigung zu geben, ist die machtvollste Geste im Miteinander. Unsere politischen und gesellschaftlichen Strukturen sind auf diesen Paradigmenwechsel noch nicht eingestellt. Die einzelnen Menschen sind in ihrer Entwicklung diesbezüglich längst weiter, wie zahlreiche Grassroot/Graswurzel-Bewegungen zeigen. Überall da, wo das Alte zerfällt, wird das Neue schon in naher Zukunft kraftvoll in die Bresche springen und organische Strukturen eines neuen Miteinanders sprießen lassen.

Heute geht es für jeden vor allem darum, Macht über sein Tun zu erlangen und dafür verantwortlich zu zeichnen. Selbstermächtigung geht Hand in Hand mit Selbstverantwortung, auch und vor allem für das eigene Handeln.

Michaela Glöckler spricht vom Mysterium des Tuns als einem offenen Geheimnis.24 Am Tun einer Person, eines Politikers, einer Regierung, eines Verantwortlichen, egal in welchem Bereich, können wir ablesen, wes Geistes Kind er ist. Das gilt auch für Gruppierungen, Parteien, Religionsgemeinschaften, Initiativen, Bildungs- und Gesundheitspläne, aber auch für Abkommen aller Art, mit denen wir uns als Gesellschaft konfrontiert sehen. Was diese Gruppierungen bewirken durch ihr Tun, offenbart ihre Geisteshaltung und ihre Intentionen, ganz nach den Bibelworten: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“.25 Früchte als Taten, Handlungen und Maßnahmen, die das Weltgeschehen bestimmen:

in Richtung Freiheit oder nicht,

in Richtung Ermächtigung des Menschen oder nicht,

in Richtung Würdigung des Menschen oder nicht,

in Richtung Entwicklungsförderung oder nicht

in Richtung Stärkung der Menschenrechte oder nicht.

Alles, was bewusst zwingt, kontrolliert, entrechtet, Abhängigkeiten schafft, Verwirrung stiftet, zeigt durch seine Auswirkungen die Absichten der Initiatoren. Eine Geisteshaltung ist mehr als nur eine Ansicht. Sie entspringt einer höheren Ebene des Seins, weshalb sie dem Tun viel größere Wucht verleiht – im Guten wie im Bösen.

Im Sinne der Selbstermächtigung ist es gerade deshalb von eminenter Bedeutung, dass wir uns als mündige Menschen gewahr sind, was geschieht: in unserem eigenen Leben, in unserem eigenen Körper, in unserem eigenen Herzen. Das Geschehen auf gesellschaftlicher und globaler Ebene ist nur insofern von Belang für uns, als wir unseren Körper und unser Herz befragen können – nicht unseren Verstand! –, ob wir etwas dazu beitragen können, damit unser Leben in alledem besser funktioniert. Uns selbst zu verändern, indem wir unserem tiefsten Sehnen folgen, liegt auch jetzt in unserer Macht, in der Macht jedes einzelnen Menschen. Nutzen wir sie, wird sich auch die Welt verändern.

Wir sind dann keine Opfer mehr, sondern wissen um die Bedingungen und die Bedingtheit unserer Welt, zu der wir am meisten beitragen, indem wir authentisch sind, aus unserem Sein heraus handeln, um noch weitere Seinsmöglichkeiten zu kreieren. Das ist ein wahres Werkzeug der Macht. Wissen wir es zu nutzen, steht uns die Zukunft offen. Denn nichts und niemand kann uns daran hindern, uns unbeirrbar zu denen zu entwickeln, die wir von Herzen sein wollen.

Worte der Besinnung:

Wahre Macht beschränkt sich auf Selbstermächtigung.

Leuchtspuren

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