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Kapitel 8

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Es war der Spätnachmittag des zehnten Januar 2007 – einem Mittwoch. Georges Praxis war seit dem Nachmittag geschlossen und Komet C/2006 P1 McNaught sollte sich in der Abenddämmerung an unserem Himmel zeigen. Es war viel zu mild für Januar und ich öffnete meinen Mantel, weil ich viel zu dick angezogen war.

Ich hatte einen Schlüssel zur Praxis. Benutzt hatte ich ihn aber bis dahin noch nie. Ich betrat die Praxis, die bereits komplett im Dunkeln lag. Ich ging durch den Flur hinauf bis zur Tür, die aufs Dach führte. Auch für diese hatte ich einen Schlüssel. Doch sie war nur angelehnt. Da hörte ich Georges Stimme. Sie klang gequält, gedämpft. Ob er Mühe hatte, seinen Kometen zu entdecken? Ich konnte nicht verstehen, was er sagte, da hörte ich noch eine zweite Stimme. Sie war noch etwas gedämpfter. Weiblich und sie klang wie ein Stöhnen. Ich trat durch die Tür. George saß auf einem Stuhl. Auf seinem Schoß saß eine Frau, die sich in einem ganz bestimmten Rhythmus auf seinem Schoß vor und zurück wiegte. George hatte den Kopf in den Nacken gelegt und die Augen geschlossen, das konnte ich im Zwielicht des späten Nachmittags erkennen. Auch aus seinem Mund kam jetzt ein Stöhnen. Die beiden Menschen wirkten ein wenig wie Tanzpartner, die im Sitzen einer Melodie Bewegung verliehen, die nur sie hören konnten. Plötzlich hörte ich, wie der Picknick-Korb auf dem Dach aufschlug. Ich hatte ihn einfach losgelassen. Ein Reflex. George riss die Augen auf und starrte mich an. „Was ist?“, fragte Sabine. „Siehst Du ihn schon?“ Sie hatte eine unangenehm hohe Stimme, die mir anschließend noch lange in den Ohren klang. Ich löste mich aus meiner Starre. Machte auf dem Absatz kehrt und verschwand durch die Tür. Ich weiß nicht, ob sie die Sandwichs gegessen haben. George hat es mir nie erzählt. Eifersüchtig war ich übrigens nicht. Eher angewidert. Außerdem kam ich mir unsäglich dumm vor. Was hatte ich mir nur dabei gedacht, ihm Picknick vorbeizubringen? George konnte ganz offensichtlich sehr gut für sich selbst sorgen.

Natürlich haben wir an einem der nächsten Tage über das Gesehene gesprochen. Und natürlich betonte George, dass Sabine gar keine Bedeutung außer einer sexuellen für ihn hatte. Aber was bedeutete das denn bitte? Machte sie das denn nicht gerade bedeutend? Ich hatte schließlich nicht wirklich eine sexuelle Bedeutung für ihn. Wir hatten seit sechs Jahren nicht mehr miteinander geschlafen. Das wusste ich so genau, wegen September 11th. In jenem Winter war unsere Sexualität eingeschlafen. Und das weiß ich aus anderen Gründen noch ganz genau.

Die Putzfrauen meiner Mutter

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