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Kapitel 5

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Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass mein Leben mit George nicht immer so friedlich verlaufen ist. Es hat auch bei uns stürmische Wasser gegeben, durch die wir das Schiff unserer Ehe manövrieren mussten. Okay, das ist möglicherweise kein besonders originelles Bild. Aber ich glaube die meisten Menschen können mit diesem Vergleich etwas anfangen.

Unser Sturm war ein Tornado gewesen. Sein Name war Sabine. Sabine war eine von Georges Sprechstundenhilfen. Eine schüchterne Kindfrau, zerbrechlich, mit Puppengesicht und einem hinreißend-erstaunten Augenaufschlag in mitternachtshimmelblau. Sie war fleißig, hatte Ambitionen, ohne dabei die hellste unter der Sonne zu sein. Doch das war nebensächlich. Denn vor allem liebte sie die Sterne. Vielleicht ein wenig weniger als mein Mann und auch ein wenig weniger als meinen Mann, aber immerhin teilten sie diese Leidenschaft – also die Sterne. Und auch jene für die Medizin. Sie hatten also allerlei zu teilen. Allemal mehr als George und ich. So kam dann eins zum Anderen.

Das Teleskop stand zunächst gar nicht auf unserer Dachterrasse, weil es die damals noch nicht gegeben hat. Es stand auf dem Dach des Hauses, in dem Georges Praxis ist. Im Nachhinein stellte sich dann auch heraus, dass George auf dem Dach nicht nur sein Teleskop aufgestellt hatte, sondern auch einen Esstisch. Den deckte er für Sabine und sich mit Tellern, Gläsern, Kerzen und allem anderen, was man braucht für ein romantisches Dinner zu zweit. Das tat er nicht einmal, nicht zweimal, sondern immer wieder. Um die Zeit zwischen dem Ende der Sprechstunde und dem Einbruch der Dunkelheit bestmöglich zu füllen.

Und das, obwohl ich George nie als romantischen Mann erlebt habe. Nicht am Anfang unserer Beziehung und jetzt erst recht nicht.

War ich eifersüchtig? Nein! Das glaubt jetzt natürlich wieder niemand. Worauf hätte ich denn eifersüchtig sein sollen? Ich war doch völlig ahnungslos! Ich hätte natürlich auf das Anhimmeln von Sternen eifersüchtig sein können. Aber wie lächerlich wäre das bitte gewesen? Ich kümmerte mich um meine Dinge, während George auf seinem Dach Liebe machte. Mit den Sternen, wie ich dachte. Mit Sabine, wie sich herausstellte. Aber das war eben ein Missverständnis. Mir fehlte also objektiv betrachtet nichts. Zumindest nichts, von dem ich mir bewusst war, dass es fehlte. Es kam möglicherweise daher, dass George und ich einander zwar sehr zugetan sind, aber nicht leidenschaftlich ineinander verliebt. Es gab keine Zeit, in der wir nicht die Hände voneinander hätten lassen können. Das kenne ich offen gestanden vor allem aus Romanen. Es reichte mir aber auch immer völlig aus, darüber zu lesen. Schmetterlinge flatterten durch meinen Bauch, wenn er sie galant umgarnte, verführte, liebte. In dieser Dichte, gab es das eben im wahren Leben nicht. Und es war völlig ungefährlich darüber zu lesen. Nur keine Verwicklungen, bitte! Ein kluger Mensch hat einmal gesagt, dass die Liebe schon die Stärksten zu Fall gebracht hat. Wer wollte schon so enden, wie Catherine aus Die Sturmhöhe oder gar Madame Bovary?

Da passt man doch automatisch gut auf sich auf, damit einem dieses Schicksal erspart bleibt. Nun, George, passte da ein bisschen weniger gut auf sich auf. Ich bin mir bis heute sicher: Die Sterne sind schuld. Diese Schwärmerei hat ihn schwach werden lassen. Wie einen angesägten Baum. Es fehlte nur noch ein leichter Wind. Und dann kam gleich ein ganzer Tornado. War es da ein Wunder, dass er umkippte?

Die Putzfrauen meiner Mutter

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