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Zu neuen Ufern

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Die »Entdeckung« Amerikas im Jahre 1492, die häufig als das Ende des Mittelalters und der Beginn der frühen Neuzeit gesehen wird, änderte nichts am medizinischen Alltag in Europa. Keine Straße in den dicht bevölkerten, unhygienischen Städten wurde dadurch sauberer, kein Mensch gesünder. Eher im Gegenteil. Zu den verheerenden Seuchen, die vor allem seit der Pandemie des Schwarzen Todes zur Mitte des 14. Jahrhunderts immer wieder unzählige Opfer forderten, gesellte sich mit der »Franzosenkrankheit« eine neue Geißel hinzu. Diese erhielt durch das Wirken des Veroneser Arztes Girolamo Fracastoro († 1553) in der Folge den Namen »Syphilis«. Ihr Erreger mag sich – wie alle Lebewesen der Evolution unterliegend – im Laufe der Jahrhunderte ebenso gewandelt haben wie die jener Infektionskrankheiten, die die Zeitgenossen mit pestis magna, pestilencia oder einer Fülle anderer Namen bezeichnen und die wir nicht mit retrospektiven Diagnosen mit der heute als Pest definierten Krankheitseinheit gleichsetzen dürfen. Im vormikrobiologischen Zeitalter war gegen all diese Erreger im wahrsten Sinne des Wortes kein Kraut gewachsen. Noch niemand kam ernsthaft auf die Idee, sich Mikroorganismen als Verursacher vorzustellen. Statt dessen wurden neben dem Zorn Gottes über die Verderbtheit des Menschengeschlechts vor allem schlechte Ausdünstungen, die sogenannten Miasmen, wieder einmal in Anlehnung an antike Lehren als Erklärung ins Feld geführt.

Das medizinische Mittelalter dauerte also länger. Den ersten Schritt in eine neue Zeit tat der junge Arzt Andreas Vesalius († 1564) kurz vor der Mitte des 16. Jahrhunderts. Sein großes Werk De humani corporis fabrica markierte den Beginn eines goldenen Zeitalters der Chirurgie. Erstmals wurde nun die zuvor unangetastete Autorität Galens ernsthaft in Frage gestellt, und neue, in praktischen Sektionen am menschlichen Körper gewonnene Erkenntnisse bahnten sich ihren Weg. Einen gewaltigen Schritt auf diesem Weg bedeutete die Entdeckung des großen Blutkreislaufs durch William Harvey († 1637) am Beginn des 17. Jahrhunderts. Zunächst waren es vor allem die italienischen Universitäten wie Padua, die den erwachenden Geist der Zeit beflügelten, dann die Universität von Leiden mit ihrem berühmtesten Vertreter in der Zeit der Aufklärung, Hermann Boerhaave († 1738). Naturphilosophische Konzepte und der Beginn einer experimentellen, modernen Naturwissenschaft beeinflussten die medizinischen Konzeptionen des späten 17. und des 18. Jahrhunderts. Ein bedeutender Exponent dieser Entwicklung findet sich mit dem Hallenser Medizinprofessor Friedrich Hoffmann († 1742) und seinen Vorstellungen von der Iatromechanik. Wieviel Bewegung im 18. Jahrhundert in eine Medizin geraten war, die über mehr als ein Jahrtausend nahezu dogmatisch von antiken Lehren beherrscht wurde, zeigt sich auch am Beispiel der neuen Richtung der von Samuel Hahnemann († 1843) vertretenen Homöopathie.

Die großen Ärzte im Porträt

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