Читать книгу Der kleine Coach für den Nachttisch - Kerstin Stolpe - Страница 10

„Alle dachten, das geht nicht! Und dann kam einer und hat’s einfach gemacht.“

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André hat eine Stoffwechselkrankheit. Seit er fünf Jahre alt ist. Sie wurde in den 80ern diagnostiziert. Zu dieser Zeit waren noch strikte Medikamentenpläne und Zuckerverbot zentrale Pfeiler der Therapie. Er ist mit Verboten aufgewachsen. „Du darfst das nicht essen!“ „Eine Mandarine schmeckt doch auch lecker und ist so viel gesünder als der Schokokuchen deiner Freunde!“ Sprüche, die sich in seinen Kopf eingebrannt hatten. So sehnte er den Tag herbei, an dem seine Eltern ihm die „Kontrolle“ selbst überließen – und er den Verboten entkam. Er genoss die Freiheit in den ersten Wochen in vollen Zügen. Das wirkte sich natürlich auf die Laborwerte aus. Und auf sein Gewicht und sein Wohlbefinden. Die Spirale drehte sich über drei Jahre – schlechte Werte, mehr Gewicht und Unwohlsein. Aber der Drang, dem Drangsal des „Das ist verboten! Das darfst du nicht!“ zu entkommen, war einfach stärker.

Gegen seinen Willen bestanden seine Eltern auf eine Kur. Er sollte lernen, sich besser zu ernähren und mit seiner Krankheit umzugehen. Die Erfolge waren zunächst mäßig. Er verlor nicht wirklich viel Gewicht, und die Tagespläne motivierten ihn auch kein Stück. Er ließ es über sich ergehen. Die Spirale aus Vorwürfen, mangelndem Selbstvertrauen und ständigen Misserfolgen würde sich eh weiterdrehen – davon war er fest überzeugt.

Und dann kam Tag X. Er hatte eine Begegnung: Im Laufe der Kur hat jeder Patient ein Gespräch beim Chefarzt der Klinik. Als André das Zimmer betrat, fiel ihm ein Prospekt über ein Studium in den USA auf. Der Arzt bemerkte sein Interesse und fragte ihn, ob er in die USA wolle. Klar wollte er. Aber wie? Der Arzt sagte: „Du kannst alles, wenn du es willst.“ André schnappte zurück: „Aber ich bin doch krank!“ „Wenn du mit deiner Krankheit lebst, kannst du alles erreichen, was du willst. Aber wenn du gegen sie lebst, wirst du dich niemals gut in deinem Körper fühlen.“ Diese Aussage hat André verändert. Und die Tatsache, nicht als Täter oder Opfer behandelt zu werden. Bis dato hatte man ihm immer gesagt, dass er das falsch mache, dies nicht hätte tun dürfen und so weiter. Aber dieser Arzt behandelte ihn wie einen für sich selbst verantwortlichen Menschen. Er machte ihm keine Vorwürfe, zeigte Verständnis für den Drang nach Freiheit. André hatte den Raum als bockiger Fast-Teenager betreten, den wieder eine Vorwurfstirade wegen seines Fehlverhaltens erwartete – und er verließ den Raum in dem Bewusstsein, es selbst in der Hand zu haben. In diesem Gespräch gab es kein „Das geht nicht“ – es war ein „Mach einfach“-Gespräch. Und die Erfolge zeigten sich schnell: Durch Schulungen und mehr Disziplin ging es ihm innerhalb weniger Tage besser, er hatte mehr Energie und war besser drauf. Und er nahm auch nach der Kur ab. Ganze 18 Kilo! Was hat er aus diesem Erlebnis gelernt? „Es gibt Dinge, die ich nicht ändern kann. Aber ich habe es in der Hand, wie ich damit umgehe. Und ich alleine bin für mich verantwortlich.“

Der kleine Coach für den Nachttisch

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