Читать книгу Herrin der Finsternis - Kevin Rombold - Страница 16

Kapitel 13

Оглавление

Alexa fühlte sich wie in einem Märchen. Staunend ließ sie ihren Blick über das gewaltige Anwesen ihrer Schwester gleiten. Sie konnte es noch kaum fassen. Der Garten war gewaltig und hatte nur eine leichte Neigung. Das Gras war sorgfältig auf eine Länge geschnitten und in regelmäßigen Abständen zierten kunstvolle Buschskulpturen einen kleinen befestigten Weg, der sich fast schnurgerade durch den Garten zog. Etwas weiter entfernt lagen die schön gepflegten Blumenbeete mit Rosen, Veilchen und allerlei anderen farbigen Blumen. Alles blühte und erzeugte eine heitere Atmosphäre. Im Gartenbereich westlich des Herrenhauses erstreckte sich sogar ein kleiner Irrgarten, der von etwa vier oder fünf Meter hohen Buschwänden durchzogen war. Im östlichen Teil lag ein kleiner See mit einem alten Holzsteg, an dem ein kleines Boot festgemacht war. Enten und Schwäne zogen ihre Runden auf der glitzernden Oberfläche. Alexa stand nun vor dem Herrenhaus auf einem kleinen Platz, in dessen Mitte ein kleiner Brunnen sprudelte. Auf einer Säule ruhte eine detailgetreue zwei Meter breite Nachbildung eines Schmetterlings, der in allen erdenklichen Farben schillerte. Das Herrenhaus selber war ein prächtiger Bau aus der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts. Es bestand aus einem in der Mitte hoch aufragenden Hauptgebäude. An beiden Seiten lagen lange Seitenflügel, die jeweils mit einem kleinen Turm abschlossen. Die Fassaden waren kunstvoll verziert und die Fenster von Blattgold umrandet. Das Dach wurde von dunkelroten Ziegelsteinen gekrönt. Ein gewaltiger Balkon erstreckte sich über das gesamte erste Stockwerk und umgab das Haus wie ein Gürtel. Alexa war begeistert. Schlösser hatten Alexa schon immer begeistert. Doch sie hätte sich nie träumen lassen, dass sie jemals selbst in einem Wohnen würde. „Es gibt über dreihundert Räume, zwei Speisesäle und einen riesigen Ballsaal. Und hinter dem Haus liegt noch ein Trainingsplatz.“ Alexas Kinnlade klappte nach unten. „Das alles gehört wirklich dir?“ „Es gehört unserer Familie schon seit über zweihundert Jahren. Es wurde 1745 fertiggestellt, nachdem Urso Abraham van Helsing, mein Urgroßvater, es 1740 in Auftrag gegeben hatte. Damals hatte sich um das Schloss ringsherum noch ein kleines Wäldchen befunden. Mein Urgroßvater war ein leidenschaftlicher Jäger gewesen. Das siehst du dann auch, wenn wir hineingehen.“ Monique öffnete die große Eichentüre, die knarrend zur Seite schwang. Alexa folgte ihrer Schwester, ohne nur ein Wort hervorzubringen. Überall an den Wänden hingen Köpfe von erlegtem Wild. Und hier und dort hingen auch Gewehre oder Jagdhörner. „Ursprünglich bestand das Haus nur aus dem Hauptgebäude und zwei kleinen Seitenkapellen. Doch mein Großvater, Abraham van Helsing, hat schließlich das Wäldchen teilweise abholzen und die großen Seitenflügel bauen lassen. Auf ihn geht auch der Trainingsplatz hinter dem Haus zurück. Seine Frau hat dafür die Gartenanlage vor dem Haus angelegt. Es war immer ihr Lieblingsort gewesen. Hier hat sie sich Stundenlang aufgehalten. Schließlich zog mein Onkel in die Stadt und unser Vater zog mit unserer Mutter hier her. Als dann unsere Eltern starben ist mein Onkel Abraham mit mir hier her gezogen.“ Während Moniques Vortrag liefen sie die langen, mit dunkelroten Teppichen ausgelegten Gänge entlang. Sonnenlicht fiel durch die zahlreichen Fenster des Hauses und erleuchtete das Ganze in hellem Licht. Es fühlte sich alles so vertraut und warm an. Alexa fühlte sich, als würde sie endlich nach einer langen Reise nach Hause kommen. Es war einfach unglaublich. Über dreihundert Räume. „Wie viele Räume benutzt ihr denn?“ „Unser Vater hat damals bei einhundert Räumen die Wände entfernen lassen. Diese Räume bilden jetzt die Bibliothek, die sich im Ostflügel befindet. Im Westflügel befindet sich Mutters Kunstsammlung und ihr Erholungszimmer. Gelebt wurde eigentlich immer nur im Haupthaus. Im ersten Stock befinden sich die Schlafzimmer. Der große Speisesaal und der Ballsaal befinden sich im Erdgeschoss. Die oberen Zimmer werden eigentlich nur als Gästezimmer verwendet. Wenn man ein Fest veranstaltet, braucht man viel Platz für seine Gäste. Allerdings gab es schon seit dem Tod meiner Eltern keinen Ball mehr. Ich steh nicht auf so was.“ Alexa stürmte die Seitentreppe in den ersten Stock hinauf. Gleich an der ersten Türe war ein Namensschild angebracht auf dem Monique stand. Es war ihr Schlafzimmer. Alexa schritt den Gang entlang bis zur nächsten Tür. Dort blieb sie wie angewurzelt stehen. Ein goldenes Schild hing an der Tür. In geschwungenen Buchstaben war Alexa eingraviert. Ein Schlüssel steckte im Schloss. Sie drehte den Schlüssel mit zittriger Hand. Er passt und mit einem Klick ging das Schloss auf. Alexa drückte die Türklinke nach unten und betrat den Raum. Hunderte von Luftballons hingen an der Decke. Über dem Bett war eine Plane angebracht, auf der in Großbuchstaben etwas geschrieben stand. Willkommen zu Hause Alexa. Es war alles hübsch hergerichtet und jemand schien erst vor kurzem hier gewesen zu sein. Schließlich betrat auch Monique das Zimmer. Mit einem Lächeln betrachtete sie die Dekoration. Es schien, als hätte auch sie ein solches Luftballon Bad in ihrem Zimmer gehabt. „Mauris. Du bist einfach der Beste.“ Alexa drehte sich zu ihrer Schwester um. „Hast du das etwa veranlasst?“ Monique hob abwehrend die Hände hoch. „Keineswegs. Es ist Mauris Art dich willkommen zu heißen. Er hat gute Arbeit geleistet, finde ich. Nur zu schade, dass wir nicht allzu lange hier bleiben können. Wir müssen schon bald wieder aufbrechen.“ Alexas Stimmung wandelte sich schlagartig. Ihre Freude war verpufft und sie zeigte Besorgnis. „Meinst du wir schaffen es die anderen beiden Krieger zu finden, bevor es zu spät ist? Ich meine es war schon sehr knapp das letzte Mal, als wir den Vampiren begegnet sind. Das nächste Mal haben wir vielleicht nicht mehr so viel Glück.“ Monique legte ihren Arm um Alexas Schulter. Alexa spürte, wie ihr diese Geste neuen Mut verlieh. „Das nennst du schon knapp? Die bösen Jungs haben uns doch nicht einmal angegriffen. Aber du hast Recht. Das nächste Mal könnte es durchaus knapp werden, wenn wir nicht vorbereitet sind.“ Moniques entschlossener Gesichtsausdruck und ihre Ausstrahlung taten ihr Übriges. „In dunklen Zeiten weiß keiner genau, ob er es schaffen wird. Die Gefahr des Versagens ist immer da. Aber ohne den Mut es zu versuchen, ohne den Willen es schaffen zu wollen, kann man die Finsternis nicht besiegen. Wir müssen unserer inneren Kraft vertrauen und uns unserer Stärken bewusst sein. Nur dann können wir es schaffen. Diese Kraft liegt in dir und auch in mir. Alle Mitglieder unserer Familie besitzen diese Kraft. Es liegt in unserem Blut. Schon immer haben die Van Helsings gegen Unrecht und Unheil gekämpft und wir werden den Teufel tun und das Handtuch werfen. Wir werden niemals aufgeben und selbst in der dunkelsten Stunde werden wir zusammen kämpfen. Okay?“ Alexa nickte und begann zu lächeln. „Du hättest eine gute Psychologin abgegeben, weißt du?“ „Vielleicht. Aber beim Anblick dieser Psychologensofas könnte ich verrückt werden.“ Sie grinste breit. „Aber jetzt einmal Spaß beiseite. Im Moment besteht meine Bestimmung darin zu kämpfen und die legendären Krieger zu führen. Doch dazu müssen wir erst einmal den Rest der Truppe finden.“ Nun mussten beide lachen. Alexa hatte schon lange nicht mehr so herzhaft gelacht. Schließlich kam Bella zu ihr, leckte ihr die Hand und wedelte mit dem Schwanz. „Auch Bella scheint sich hier sehr wohl zu fühlen. Ich denke zusammen werden wir unschlagbar sein. Also beginnen wir mit der Suche nach dem nächsten Krieger, oder was?“ Monique setze plötzlich ein verschmitztes Lächeln auf. „Wollen wir zuerst ein bisschen Baden?“ Alexa war verwirrt. „Etwa draußen im See?“ Monique schüttelte den Kopf und ihr Lächeln gewann etwas Verschwörerisches. „Folge mir einfach.“ Monique führte Alexa eine Seitentreppe hinunter ins Erdgeschoss. Doch anstatt auf die Eichentür zuzuhalten machte sie kehrt und hielt auf den Speisesaal zu. Kurz vorher bog sie nach links in einen kleinen fast verborgenen Gang ab. Alexa wusste nicht, was sie nun erwarten würde.

„Dieses Haus steckt wirklich voller Überraschungen.“ Alexa sah sich erstaunt um. Sie standen mitten in einer alten Grotte. Natürliche Felsformationen durchzogen den gesamten Raum. Etwa einen Meter entfernt begann der Boden stark abzusinken und führte direkt in ein großes Wasserbecken, welches durch Scheinwerfer von unten beleuchtet wurde. „Unglaublich.“ Monique lächelte und führte sie hinter einen Felsvorsprung, der sich als natürliche Umkleidekabine entpuppte. „Also gut. Dann hab ich ja wohl keine andere Wahl.“ Ein Bad würde Alexa sicher gut tun.

Monique fühlte sich wie gerädert. Sie versuchte schon seit Stunden einen Hinweis auf den zweiten Krieger zu bekommen. Doch die Informationen, welche die Bücher enthielten waren eher vage. Monique wusste einfach nicht weiter. Doch sie war noch nicht bereit aufzugeben. Es musste etwas geben, was sie bisher übersehen hatte. Das Bad mit Alexa lag nun schon sechs Stunden zurück. Inzwischen hatte Alexa das gesamte Haus erkundet. Sie war aufgeregt gewesen, wie ein Kind am Weihnachtsmorgen, kurz bevor es sein Geschenk aufmachen darf. Nun war sie in die Stadt gefahren, um sich ein paar neue Kleider zu kaufen. Monique hatte nichts dagegen gehabt. Warum auch? Alexa hatte das Recht sich ein bisschen zu amüsieren. Schließlich war ihr keine leichte Bürde auferlegt worden.

Monique versuchte sich erneut auf das zweite Buch zu konzentrieren. Es war das Buch mit dem Blauen Einband und dem Wassersymbol. Sorgfältig blätterte sie durch die Seiten und sah sich den Text ganz genau durch. Doch auch nach dem dritten Mal fand sie nichts, was ihnen auch nur im Geringsten weiterhelfen könnte. Frustriert ließ sie die Seiten, die sie in der Hand hielt fallen. Die Sonne warf ihr Licht direkt durch das Fenster auf das Buch. Langsam glitten die Seiten durch ihre Finger. Doch plötzlich fiel Monique etwas ins Auge. Hastig griff sie erneut zu den Seiten des Buches. Doch es war bereits wieder weg. Hastig blätterte sie die Seiten um, bis sie es schließlich fand. Sie hielt die Seite, die sie eben gefunden hatte ins Licht. Sie sah die alte Schrift, doch es war noch mehr zu sehen. Durch das Licht der Sonne, sah Monique etwas durch die Seite hindurch schimmern. Und es war nicht die Schrift auf der anderen Seite. Vorsicht tastete Monique über den Seitenrand. Die Seite fühlte sich dicker an, als die anderen. Konnte es sein? Monique griff nach dem Briefmesser, welches am Kopf ihres Schreibtisches lag. Vorsichtig zog sie es über die Seite. Schließlich fand sie eine Stelle, an der das Messer tiefer eindrang. Sie hatte einen Spalt gefunden. Vorsichtig zog sie das Messer weiter und trennte so die verklebten Seiten voneinander und schlug die verborgenen Seiten auf. Warum war ihr das nicht schon früher aufgefallen? Der Text, der auf den zwei neuen Seiten stand war erneut in der alten Runenschrift verfasst. Vermutlich wurden diese Seiten absichtlich verklebt. Neugierig machte sie sich an die Übersetzung. Sie war sich sicher, dass sie hier fündig werden würde.

Herrin der Finsternis

Подняться наверх