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1982: Flucht unter den Flügel.

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Die Feierlichkeiten für das 25-jährige Schuljubiläum des Carl-Jakob-Burckhardt-Gymnasiums standen vor der Tür. Unser Direktor ermutigte uns, eine Kapelle zu gründen, die für Ruhm und Ehre die Musik zum abschließenden Schwof im Musiksaal beisteuern sollte. Warum Geld ausgeben, wenn man an seiner Schule genug Krachmacher hatte? Kern der Formation und Bandleader wurde Walter Kleinkopf, der Orgel und Klarinette spielte und im Duo mit Andreas Braun am Schlagzeug bereits Tanzmusikerfahrung gesammelt hatte. Dazu kamen als weitere schulbekannte Popmusiker Sebastian an der Gitarre und ich. Walter testete mit mir Verschiedenes aus. Er ließ mich auf dem Akkordeon Seemannslieder spielen oder ihn am Klavier begleiten, wenn er zur Klarinette griff und Stücke wie „Hello Dolly“ zum Besten gab. Wir konnten in der Buddeschen „Oberwelt“ proben, denn Vater und Mutter Budde hatten rechtzeitig Reißaus genommen.

Walter war mit Andreas gut eingespielt und Sebastian konnte, was Walter sehr begeisterte, auch Lieder, die er nie zuvor gehört hatte, auf Anhieb mitspielen. Das Sorgenkind war ich. Mir wurde zum Verhängnis, dass ich außer ein paar Mal mit Sebastian noch nie mit anderen zusammengespielt hatte. Bei den Proben konnte ich hochkonzentriert noch einigermaßen mithalten. Aber als es auf der Feier galt, die Tänzer in Schwung zu halten und die Stücke in nahtloser Abfolge abzuspulen, war ich völlig überfordert. Erschwerend kam hinzu, dass im Zusammenspiel mit Schlagzeug, Orgel und E-Gitarre der Flügel so gut wie nicht zu hören war. Ich kam nicht hinterher bei dem, was die anderen spielten und ich konnte mich selber nicht hören.

Meine allererste Live-Erfahrung mit einer Band geriet zum Desaster! Die anderen und die Tänzer hatten ihren Spaß. Ich war das fünfte Rad am Wagen, komplett überflüssig und völlig frustriert. Rückblickend weiß ich, dass mir damals im Eifer des Gefechts keiner der anderen auf irgendeine Art und Weise hätte helfen können. Ich war schlicht und einfach noch nicht so weit.

Was konnte ich also tun? Am Flügel sitzenzubleiben und nicht zu spielen war keine Option. Ganz zu desertieren traute ich mich auch nicht.

Also entzog ich mich der peinlichen Situation, indem ich mich schmollend unter den Flügel verzog, während die anderen weiterspielten. Ob sie mich vermisst haben, weiß ich nicht. Wir haben später nie ein Wort darüber verloren. Meine Karriere als Tanzmusiker war jedenfalls zu Ende, noch bevor sie begonnen hatte. Das einzig Positive an der Situation war, dass sich eine Freundin von Sebastian zu mir gesellte und versuchte mich zu trösten. Zu zweit unterm Flügel war es netter als alleine. Anke spielte Cello im Schulorchester und glaubte an Sebastian und mich als Popmusiker. Auch, wenn ich gerade jämmerlich versagt hatte. Wir beide haben einmal eine ganz Nacht lang bei ihr zu Hause durchgequatscht und keine einzige Minute geschlafen. Süße Jugend... Jahre später engagierte sie mich für ihre Hochzeit. Damals hatte ich am darauffolgenden Tag zur Abiturientenentlassung den Schulchor bei „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes“ aus Haydns „Schöpfung“ zu begleiten. Das versemmelte ich nicht, aber meiner Übermüdung war es wohl zu schulden, dass ich in die letzten Takte voller Übermut ein paar Rock’ n’ Roll-Synkopen einbaute, um das ganze aufzupeppen. Meine strenge Musiklehrerin verlor darüber ebenfalls kein Sterbenswörtchen. Für so etwas wird man in der Klassik eigentlich sofort erschossen.


„Angry Young Man“.

Kunst oder Kekse

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