Читать книгу Kunst oder Kekse - Klaus Porath - Страница 37
1985: Gesangsunterricht – erster Versuch.
ОглавлениеMartin, Sebastian und ich hatten zwar eine Instrumentalausbildung genossen, wir sangen aber, wie uns der Schnabel gewachsen war. Und das war live meistens schief. Wie bei den Beatles. In diesem Punkt waren sie uns ausnahmsweise kein gutes Vorbild. Auch, wenn bei unseren Auftritten kreischende Mädchenmassen in riesigen Stadien, kombiniert mit winzigen Soundsystemen ohne Monitoranlagen, nicht als Entschuldigung herhalten konnten. Ich meine, es war über eine Kleinanzeige in den Lübecker Nachrichten, in der wir etwas von „Singen in einer Band“ und „Heiserkeit“ schrieben, dass wir an einen Musikstudenten gerieten, der sich für etwas Bargeld bereiterklärte, unser Problem zu beheben. Makoi trommelte nur, Martin sah für sich keinen Handlungsbedarf, also trafen bald darauf nur Sebastian und ich beim selbsternannten Gesangslehrer ein.
Sein kompositorisches Wirken, das mich natürlich auch interessierte, konnte schnell abgehandelt werden. Der Musikstudent, dessen Name ich aus gutem Grund schnell wieder vergessen habe, erklärte uns, dass seine Stücke so progressiv seien, dass die Menschheit sie erst in 1.000 Jahren verstehen würde. Aha, da waren wir also ein bisschen früh dran. Diese Aussage dämpfte meine Neugier auf seine Kompositionen auf Null. Also ging es gleich zur Sache, und ich sang diesem „Freak“ einen meiner Songs vor. Sein Kommentar war knapp und unmissverständlich: „Du spielst sehr schön Klavier!“
Das wollte ich nicht auf mir sitzenlassen. Ich ließ ihn eine Kassette mit einer unserer ersten richtig gut klingenden 8-Spur-Aufnahmen abspielen. Auf „Like I Know It Should“ sangen wir im Refrain dreistimmig! Leider verbesserte auch das seine Meinung über meine Stimme nicht, was er abermals prägnant auf den Punkt brachte: „Toll, was die Technik alles machen kann!“
Treffer – versenkt! Nach diesen beiden verbalen Tiefschlägen lag ich am Boden. Es blieb nur noch der Ausweg, den großen Meister anzuflehen, mir in Gottes Namen vorzumachen, wie man richtig singt! Und das nicht erst in 1.000 Jahren. Gnädig erbarmte er sich meiner und sonderte zur Gitarre ein Beispiel seiner Exzellenz in den Niederungen der leichten Muse ab. Wenn Sie mich das nächste Mal sehen, mache ich Ihnen gerne vor, was daraufhin unsere Gehörgänge belästigte. Stellen Sie sich einen Opernsänger vor, der sehr tief und kraftlos, so als würde er dabei gähnen, singt: „Well, it‘s one for the money, two for the show, three to get ready, now go, cat, go, but don‘t you step on my blue suede shoes...“ Es klang wie Kermit, der Frosch nach einer Überdosis Baldrian. In Graceland, da bin ich mir sicher, hat sich Elvis im Grab umgedreht. Mir fehlten die Worte. Sebastian ist dann noch ein paar Mal hingegangen.