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1983: Zurück in Deutschland – Martin Berger schreibt auch Songs!

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Mein Amerikaaufenthalt verschaffte mir einen riesigen kreativen Schub. Zurück in Lübeck schrieb ich jede Menge Songs. In der Schule hatte ich ein Jahr ausgesetzt und beging darum das Kurssystem der dreijährigen Oberstufe mit lauter neuen Mitschülern. Quasi so, als wäre ich sitzengeblieben. Obwohl die mich noch gar nicht kannten, wurde ich in einigen Kursen spontan zum Kurssprecher gewählt. Vielleicht haftete mir der Nimbus des weisen Weitgereisten an? Viel wichtiger aber war eine schicksalhafte Begegnung, ein wahrer Sechser im Lotto: In den Leistungskursen Musik und Englisch traf ich auf einen Seelenverwandten: Martin Berger schrieb genau wie ich Songs!!! Und ein großer Beatles-Fan war er auch. Damit hatte „John“ seinen „Paul“ gefunden! Unsere allererste Begegnung hat Martin allerdings als wenig schmeichelhaft für mich in Erinnerung. Angeblich bat er mich zu Beginn der ersten Stunde, einen Platz weiter zu rutschen, was ich mit einem charmanten „Nein!“ quittierte. Fing eine der wichtigsten Freundschaften meines Lebens wirklich so spröde an? Nun gut, das erste Aufeinandertreffen mit Sebastian ja auch...

Die kluge Wahl meiner Leistungskurse sorgte dafür, dass ich nicht viel für die Schule tun musste. So hatte ich genügend Zeit, mich auf meine Songs und die bald zu gründende Band zu konzentrieren. Dass ich später ein Abitur mit einem Schnitt von 1,8 baute, war nebensächlich. Rückblickend weiß ich, dass im Herbst 1983 meine „Berufsausbildung“ begann.

Das musikalische Beschnuppern in der allerersten Session gestaltete sich mit Martin wesentlich einfacher als zwei Jahre zuvor mit Sebastian. Ich war von ihm nicht weniger beeindruckt als von Sebastian! Wir trafen uns in der Wohnung seiner Mutter am Lübecker Stadtpark. Die Kassette Nr. 17 in meinem chronologisch sortierten Archivregal dokumentiert diese historische Begegnung. Martin setzte mich an eine kleine Orgel, schlug das Beatles-Songbook auf – und wir jammten los! Hatte Sebastian mich vor gut zwei Jahren mit der E-Gitarre umgehauen, so tat Martin das jetzt mit seiner Stimme. Ich war sowieso etwas eingeschüchtert, weil er fast zwei Meter groß war. Aber als er losröhrte, hörte ich zum ersten Mal in meinem Leben Rockgesang live!

Als Songschreiber-Team ergänzten wir uns perfekt: Martin war unser Sänger. Er spielte gerade gut genug Gitarre und Klavier, um komponieren zu können. Meine Stimme war damals noch schwach, aber dafür war ich bereits ziemlich firm an den Tasten. Somit blieb mir die Begleitstimme.

Nach und nach wagte ich mich über zweite Stimmen auch an den Lead-Gesang (die Hauptstimme) heran. Am Anfang ließ ich Martin noch meine Songs singen. Er legte sich dabei voll ins Zeug. „Du liebst sie“ oder „Burnt Out Heart“ („Ausgebranntes Herz“) hätte ich damals wie heute nicht so hinbekommen wie er! Inhaltlich lagen wir auch auf einer Wellenlänge. Wir waren beide im „Club der einsamen Herzen“. Zu schüchtern, um Mädchen anzusprechen. Stattdessen schrieben wir traurige Liebeslieder für sie. Andreas Braun kam einmal sehr entspannt von einem gemeinsamen Urlaub mit seiner Freundin auf Föhr wieder und ermutigte uns, Frauen nicht nur zu besingen, sondern auch im realen Leben zu begegnen. Wir würden sonst nämlich etwas verpassen. Doch das fand leider nicht statt. Bei Martin nicht, weil er vermutlich zu wenig Vertrauen in sein eigenes optisches Potential hatte. Wenn mein Vater von ihm sprach, nannte er ihn stets nur despektierlich „Yeti“, nach dem riesigen, behaarten Schneemenschen. Und bei mir nicht, weil es für mich nur Eine gab, in die ich mich im Spätsommer 1979 unsterblich verliebt hatte. Und die war unerreichbar.

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