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1. Zeugnisverweigerungsrecht
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Eine Vernehmung liegt immer dann vor, wenn der Vernehmende der Auskunftsperson in amtlicher Funktion gegenübertritt und in dieser Eigenschaft eine Aussage verlangt[1]. In dieser Situation steht dem Zeugen eventuell ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Dabei ist zwischen den Zeugnisverweigerungsrechten nach den §§ 52 bzw. 53 und 53a StPO zu unterscheiden.
Die Berufung auf das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO kommt besonders bei Zeugen in Betracht, die Verletzte einer Straftat im sozialen Nahbereich geworden sind. Dem liegt die gesetzgeberische Rücksichtnahme auf die denkbare Zwangslage des Zeugen zugrunde, der einerseits der Wahrheit verpflichtet ist, andererseits aber befürchten muss, mit seiner Aussage einem Angehörigen möglicherweise zu schaden[2].
Die anwaltliche Beratung des nach § 52 StPO zeugnisverweigerungsberechtigten Zeugen richtet sich allein nach dem Interesse des Zeugen. Die Prozessbedeutung der Wahrnehmungen des Zeugen spielt dabei eine wesentliche Rolle, da die Bedeutung der Aussage für den Nachweis der Straftat oftmals maßgeblich sein kann. Ein wichtiger Gesichtspunkt bei der anwaltlichen Beratung ist regelmäßig der Hinweis, dass der Zeuge, sofern er sich zur Aussage entschließt, vollständig und wahrheitsgemäß aussagen muss.
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Die in §§ 53 und 53a StPO festgelegten Zeugnisverweigerungsrechte haben hingegen einen anderen Charakter als das Zeugnisverweigerungsrecht des Angehörigen nach § 52 StPO. Ihr Zweck besteht darin, das notwendige Vertrauensverhältnis von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen – wie etwa Seelsorgern, Ärzten und Rechtsanwälten – und denjenigen, die ihre Hilfe und Sachkunde in Anspruch nehmen, zu schützen[3]. Ein strikter Geheimnisschutz ist für die Berufsausübung der im Gesetz abschließend aufgezählten Personengruppen unumgänglich.[4]
Der anwaltliche Zeugenbeistand hat hier vor allem über die in § 203 StGB strafbewehrte Schweigepflicht aufzuklären.[5] Der Zeuge darf materiellrechtlich nämlich nur dann aussagen, wenn er von der Schweigepflicht entbunden wurde. Die nach §§ 53 Abs. 1 Nr. 2 – 3b und 53a StPO zeugnisverweigerungsberechtigten Berufsgruppen sind nach § 53 Abs. 2 StPO zur Aussage verpflichtet, wenn sie von der Verschwiegenheit entbunden worden sind. Die Entbindung von der Schweigepflicht wird die Aussagebereitschaft der übrigen Zeugen maßgeblich beeinflussen. Wenn die Entbindung bereits vor der Hauptverhandlung erfolgt, sollte der Zeugenbeistand dafür sorgen, dass dies schriftlich geschieht und sicherstellen, dass auf den Zeugen kein Druck ausgeübt worden ist.
Teil 4 Die Pflichten und Rechte des Zeugen, insbesondere des Verletztenzeugen – Der anwaltliche Zeugenbeistand › IV. Die Rechte des Zeugen bei Vernehmungen › 2. Auskunftsverweigerungsrecht