Читать книгу Der letzte Ball - Konstantin Josuttis - Страница 12

4.

Оглавление

Fischer hatte versucht, seiner Mutter zu schreiben, war jedoch nur bis zu einer liebevollen Anrede gekommen. Nach der Begegnung mit der unglaublich anziehenden Schönen hatte er ein seltsam schlechtes Gewissen gehabt und sich an den Mahagonitisch seiner Kajüte gesetzt. Unzufrieden wedelte er das Papier durch die Luft, damit die Tinte der zwei Wörter trocknete, legte den angefangenen Brief nieder und machte sich auf den Weg.

Der Dinnersaal war halb gefüllt. Moritz war zunächst in den Saal auf seinem Stockwerk gegangen, doch ein freundlicher älterer Steward nahm sich unauffällig seiner an und führte ihn, ohne große Worte zu verlieren, eine Etage nach oben. Zunächst war Fischer gar nicht klar, weshalb dieser Saal eine ganz andere Atmosphäre ausstrahlte als der untere. Dann fiel ihm das Licht auf. Der Saal funkelte in den verschiedensten Farben. Goldene Töne gingen über in satte grüne, welche wiederum von aquamarinem Glitzern abgelöst wurden. Fischers Blick ging an die Decke des Saales. Ein gewaltiger Glaspavillon krönte die majestätischen Säulen, die den Raum umrandeten. Jetzt sah er, dass das Mosaik der zusammengesetzten Glasstücke dasselbe Bild darstellte, das er schon über dem Kamin gesehen hatte: einen Ritter, dessen Pferd sich im Regen aufbäumte. Die untergehende Sonne schoss ihre Strahlen in einem solchen Winkel durch die gefärbten Gläser, dass die bunten Facetten sich auf den Wänden, den Tischen und Stühlen auf zauberhafte Weise spiegelten und der grüne Graf, seiner ursprünglichen Form beraubt, durch den ganzen Saal ritt.

Erst als er ein Hüsteln vernahm, drehte sich Fischer wieder dem Steward zu, der geduldig neben ihm stand und darauf wartete, den Gast an seinen Tisch zu geleiten. Erst jetzt nahm Fischer den Mann richtig wahr: Er hatte ein dunkles Gesicht, das von einem glatten, schwarzen Schnurrbart sauber in zwei Hälften geteilt wurde. Die Augen blitzten ihn schwarz an, die Nase war gerade und groß und der Mund war von einem matten Rot, das nur südländische Menschen auszeichnete. Der Mann hob seinen weißen Arm in einer zarten, schüchternen Geste, um den Gast zu einem der Tische zu geleiten.

„Signore.“

Aus irgendeinem Grunde mochte Fischer ihn auf Anhieb, spürte eine Zuneigung, die er in all den Jahren, in denen er sie zu den unterschiedlichsten Menschen in seinem Inneren grummeln hören konnte, nie hatte erklären können, die aber nichtsdestoweniger vorhanden war. Eine der Eigenschaften Fischers, die ihn dazu befähigt hatten, als Vermittler für die erste Weltmeisterschaft auf Reise zu gehen, war seine Fähigkeit, Verbindung zu Fremden herzustellen.

„Sie sind kein Italiener?“, fragte er den Steward, als sie gemeinsam auf den mit weißer Tischdecke eingedeckten Tisch zugingen. Als er keine Antwort vernahm, sah er den Mann milde lächeln.

„Ich komme aus Libyen.“

„Ihr Italienisch ist ausgezeichnet.“

Wieder nickte der Mann nur, ob aus Bescheidenheit oder aus anderen Gründen, vermochte Fischer nicht zu erraten. Der Tisch, an dem er nun saß, war groß und rund. Er hatte Platz für fünf weitere Gäste. Ihm gegenüber saß ein hochgewachsener Herr, der deshalb auffiel, weil er eine Augenklappe über dem rechten Auge trug. Er hatte sauber nach hinten geschniegelte, schwarze Haare und einen Bart, dessen besonderes Merkmal die geschwungenen Enden des Schnurrbarts waren. Wie Fischer trug er ein Dinnerjacket, dazu ein weißes Hemd und eine Fliege. Der Mann stand auf und verbeugte sich knapp. „Bojan Tarnoff“, stellte er sich vor. Fischer verbeugte sich ebenfalls und grüßte zurück. Sie setzten sich und nachdem der libysche Ober ihnen roten Wein aus dem Burgund eingeschenkt und Fischer die Nationalität des Mannes herausgefunden hatte, prosteten sie sich mit einem kräftigen „sa znakómstwa“ zu.

Nach kurzer Zeit kam man darauf zu sprechen, was einen auf die Reise auf dem Schiff geführt habe. Fischer erklärte mit der Zurückhaltung eines Bohemians, dass er lediglich zu einem Sportfest in Südamerika eingeladen worden wäre, was den Russen dazu veranlasste, in ausgeschmückter Ausführlichkeit von seiner Mission zu erzählen. Tarnoffs Blick war dabei so intensiv und durchdringend, dass Fischer ganz froh darüber war, dass der Mann eine Augenklappe trug. Zwei Exemplare des Auges, das sich auf ihn heftete, wären schwer erträglich.

„Härr, Fischärr. Sie wissen nicht, was uns alle hiär zusammentreibt. Äs ist aine Sache von außärgewöhnlischär Dringlichkait.“

Fischer nickte demütig und von der kaum verhohlenen Eitelkeit des Mannes fasziniert.

„Äs ist nur aine Fraage där Zait, bis äs zum Zusahmenträffän kommän wird.“

„Zusammentreffen?“

„Där Kulturän.“

„Ahh.“ Fischer tat so, als verstünde er sein Gegenüber.

„Där Kontakt ist noch nicht härgestäält, abär es wird noch in diesäm Jahrzeähnt dazu kommän. Und dann müssän wir vorberaitet sain.“

Wieder nickte Fischer.

„Äs gibt verschiedenste Belegä für außerirdische Kontaktaufnahme. Wir sollten also gewappnät sain.“

„Außerirdisch? Sie meinen wahrscheinlich …“ Ja, was meinte der Mann?

„Außerirdisch. Genau. Himmälssignale. Lichtzaichen. Inskriptionän. Äs gibt einen Haufen Belegä, abär die Wissenschaft schaut immer noch wääg. Unsärä Gesellschaft wird das Zaitalter där Kommunikation ainlaitän.“

„Ihre Gesellschaft.“

Tarnoff zückte eine Karte aus seinem Revers. In weißer, geschwungener Schrift las Fischer: „Gesellschaft für interplanetarischen Frieden und Handel“. Fischer war augenblicklich so verlegen, dass er sich veranlasst sah, dem ihm gegenübersitzenden Mann zuzustimmen, so unsinnig schien ihm die Angelegenheit, der dieser sich verschrieben hatte. Er stammelte etwas von „vorausschauend“ und „weise“, wurde rot, brabbelte weitere Unsinnigkeiten vor sich hin und wurde letztendlich durch das Eintreffen der anderen Tischgäste von seinem Dilemma befreit.

Zu Fischers Erstaunen nahm der Kapitän des Schiffes Platz, ein junger, forscher Mann mit einer energisch wirkenden Stirn und einem Habitus, der auf unbestechliche Zielstrebigkeit hindeutete. Sein Gruß war kurz und militärisch: „Amedeo Pinceti“. Ohne die Hand in einem kräftigen Griff loszulassen, stellte der Kapitän noch seinen ersten Offizier vor, einen gewissen Bruto Cavesi, der trotz seines eher jugendlichen Alters nur wenige Haare auf dem Kopf hatte, die er allerdings kunstvoll mit Haarwichse von steuerbord nach backbord (oder umgekehrt?) gelegt hatte. Der Mann hatte ein etwas unangenehm breites Grinsen, das er anscheinend, selbst wenn er es gewollt hätte, nicht ablegen konnte.

Nachdem man sich (auf Italienisch) begrüßt hatte, bemerkte Fischer, dass er seine normale Fähigkeit, mit anderen Menschen auf angenehme Art und Weise Belanglosigkeiten auszutauschen, kurzzeitig verloren hatte. Er fühlte sich verwirrt, benebelt und fragte sich, woran das wohl liegen konnte, als er die momentane geistige Ermattung an dem Duft festmachte, der ihn betörte. Es duftete in der Tat nach Rosen. Und noch bevor er sich umdrehen konnte, spürte er eine zartgliedrige Hand auf seiner Schulter, die einmal kurz, aber kräftig, als wolle sie eine Begabung konstatieren, zudrückte. Fischer wusste sofort, wer neben ihm stand. Der Kapitän stand auf und rief erfreut: „Ahh, Signorina Cortazar. Bitte setzen Sie sich doch.“ Fischer schluckte. Er wusste, dass er verloren war. Die Person, die sich in den für sie vom ersten Offizier nach hinten gezogenen Stuhl setzte, löste in ihm gleichzeitig Panik und vollkommene Erfüllung aus. Nachdem er sich hustend und stotternd vorgestellt hatte, was, wie er sich vollkommen sicher war, die anderen Herren am Tisch zu einem genüsslichen Lächeln veranlasste, schaute sie ihn mit halbgeschlossenen Lidern an und nickte ihm kurz zu. Fischer bildete sich ein, dass er in diesem Moment ihre Gedanken lesen konnte: „Aber das weiß ich doch, du Dummerchen. Wir kennen uns doch schon.“ Bevor er sich aber weiter in die Auswüchse seiner Anbetung hineinsteigern konnte, wurde er erneut durch den Kapitän gerettet. „Der letzte in unserer Runde. Willkommen, Herr Eisenbeisser.“ Fischer war durchaus erfreut, jemanden am Tisch zu haben, mit dem er sich, was Kommunikation anging, auf sicherem Gebiet bewegen konnte. Der Saal hatte sich inzwischen allgemein gefüllt und die ersten Gläser klirrten.

„Meine lieben Gäste“, so hob Pinceti an, „Lassen Sie mich Sie begrüßen und Ihnen an Bord eine wunderbare Zeit wünschen. Falls Sie sich wundern – als Kapitän dieses Schiffes geselle ich mich gerne zu meinen Passagieren, in abwechselnder Reihenfolge selbstverständlich. Sollten Sie also irgendwelche Fragen an mich haben, zögern Sie bitte nicht, mir umgehend zu sagen, was Ihnen auf dem Herzen liegt. Ich möchte betonen, dass …“ Das plötzliche Innehalten des Schiffsführers ließ auch seine Zuhörer für einen kurzen Moment erstarren. Der Tisch schaute den Kapitän gebannt an, welcher wiederum seinen Blick an die Wand heftete. Sein Gesichtsausdruck hatte eine unschöne Härte angenommen. Alle blickten dorthin, worauf sein Blick gerichtet war: An der Wand hing ein Bildnis Mussolinis, der Kopf mit Tarbusch. Der Duce sah durchaus wohlwollend aus.

Bewegungslos zischte der Kapitän: „Wer hat dieses Bild dort aufgehängt?“ Cavesi schnellte hinauf wie ein braver Schüler und sagte, immer noch grinsend: „Ich, Herr Kapitän. Unser Duce.“ Damit deutete er auf das Bild. Mittlerweile schauten auch die Gäste von den Nachbartischen herüber. „Dort“, sagte der Kapitän sehr langsam, „hängt das Portrait unseres wahren Herrschers“, und nun donnerte jedes einzelne Wort wie eine Kanonenkugel: „Il Principe Vittorio Emanuele Ferdinando Maria Gennaro di Savoia, Principe Ereditario d’Italia.“ Zum ersten und einzigen Male sah Fischer, wie das Lächeln im Gesicht des Offiziers gefror.

„Mit Verlaub, Capitano, aber Herrscher ist unser allseits geliebter Führer, der Duce.“ Nun drehte sich zum ersten Male das Gesicht des Kapitäns zu seinem Untergebenen. „Auf diesem Schiff bestimme immer noch ich, wer oder was an den Wänden hängt. Sie hängen dieses Bild von der Wand, Cavesi! Jetzt! Sofort!“

Cavesi blickte seinem Vorgesetzten nur einen kurzen Augenblick ungläubig in die Augen, dann nahmen seine Gesichtskonturen einen verhärteten Ausdruck an, er stand auf und trottete zur Wand, hob langsam, fast zärtlich seine Hände, um das ihm wertvolle Gemälde abzunehmen. Er war sich einen kurzen Augenblick unsicher, wohin er die Reliquie bringen sollte, blickte an den Tisch, wo ihm Pinceti mit einer Kopfbewegung den Weg nach draußen wies. Ohne sich die Demütigung anmerken zu lassen, trabte der Offizier zum Treppenaufgang, kam geraden Schrittes zurück und setzte sich an den Tisch.

Nachdem sie das Schauspiel schweigend beobachtet hatten, führten die anderen Gäste im Saal ihrerseits ihre Gespräche fort. Um die Stimmung etwas aufzuheitern, sagte Fischer: „Nun, die Welt befindet sich im Wandel. Bolschewisten oder Faschisten. Alle scheinen gute Ideen zu haben, wie der Alltag einer modernen Welt aussehen könnte.“

Pinceti schnaubte verächtlich. Nun meldete sich Eisenbeisser zu Wort: „Ich für meinen Teil muss dem Kapitän zustimmen. Monarchie hat noch nicht ausgedient. Schließlich haben meine Mitreisenden und ich es unserem König zu verdanken, dass wir diese Reise antreten können.“ Fischer wusste, was der Mannschaftskapitän der Rumänen meinte. Er beneidete Eisenbeisser um dessen Fähigkeit, die Wogen zu glätten, ohne jemanden dabei zu verurteilen. „Unsere Majestät, Carol der Zweite, ist seines Zeichens selbst ein großer Fan des Fußballsports. Daher hat er persönlich dafür gesorgt, dass die rumänische Mannschaft an der ersten Weltmeisterschaft teilnehmen kann.“

Cavesi hustete fast dazwischen, offensichtlich nicht in der Lage, sich zurückzuhalten: „Nachdem er gerade aus dem Exil zurückgekehrt ist, weil er sich mit einer jüdischen Metze verlustiert hat.“

Pincetis Gesicht wurde kalkweiß. Doch sein Offizier war noch nicht fertig.

„Jetzt unterwandert der Jude schon die Monarchie. Ist doch unglaublich …“

Pinceti stand auf und legte dabei seine Serviette auf den Tisch.

„Cavesi, was erlauben Sie sich?“

„Selbst auf diesem Schiff hier fuhr diese Negerin mit und hat den Herren die Köpfe verdreht.“

„Wenn ich mich recht erinnere, Cavesi, waren Sie der erste, der Josephine Baker bei jeder Gelegenheit hinterhergestarrt hat. Aber das nur am Rande. Sie verlassen diesen Tisch.“ Die Stimme des Kapitäns, sonst in seiner Ruhe auf natürliche Weise autoritär, hatte nun eine bedrohliche Lautstärke angenommen, die Intensität eines Schiffshorns, das das unerbittliche Kommen des Stärkeren ankündigte.

„Stimmt doch …“, setzte Cavesi kleinlaut nach, stand dann aber auf.

„Ab heute werden Sie Ihre Mahlzeiten in der Kombüse einnehmen.“

Der Offizier schien sichtlich getroffen zu sein, seine Augenbrauen zogen sich für einen kurzen Moment zusammen und offenbarten den Anflug von Aufruhr, es war aber nur ein kurzer Ausrutscher, dann ging der Mann mit breiten Schritten aus dem Saal. Es dauerte eine Weile, bis an den anderen Tischen wieder das Klirren von Besteck auf Tellern zu hören war und das erste leise Flüstern das erneute Aufnehmen von Konversation ankündigte.

„Ich bitte diesen unschönen Zwischenfall zu entschuldigen, meine lieben Gäste. Der schwarze Schürhaken des Faschismus reicht weit, aber ich versuche, so es geht, auf meinem Schiff Tradition als Wert zu erhalten.“ Damit setzte er sich wieder.

Smeralda Acuna Cortazar wandte sich mit einem bezaubernden Blick dem Rumänen zu, als sei nichts geschehen.

„Ich liebe Fußball, wissen Sie? Diese mannhafte Art der körperlichen Ertüchtigung. Das Messen der Kräfte auf eine spielerische und doch kämpferische Art …“

„Unnötig“, befand Bojan Tarnoff. „Die Wält hat dringändärä Problämä.“

Da noch niemand außer Fischer wusste, welche genauen Schwierigkeiten den Mann beschäftigten, wandten sich die anderen nun dem Russen zu. Erst nachdem dieser seine Ideen ausgeführt hatte, bemerkte Fischer – wie er sich eingestehen musste, mit einiger Zufriedenheit – dass die anderen die Ideen, die die Organisation für interplanetarischen Handel und Frieden vertrat, genauso absonderlich fanden wie er. Immerhin schaffte es Eisenbeisser sein Interesse derart zu heucheln, dass es nicht aufgesetzt klang und dennoch das Thema beendete. „Faszinierend, muss ich sagen. Sie haben Recht, Herr Tarnoff. Wer von uns kann schon ausschließen, dass sich da draußen anderes Leben befindet? Wie lange ist es her, dass wir den Kontinent, den wir nun mit diesem Schiff besuchen werden, Amerika, erst entdeckt haben? Dreihundert Jahre? Und nun findet dort dieses Fest für alle Nationen statt, das, wie Sie vielleicht nicht wissen, meine Damen und Herren, von unserem lieben Herrn Fischer hier ins Leben gerufen wurde.“ Nun wandte sich die blonde Schönheit, die ihr rüschenbesetztes, tief ausgeschnittenes Dekolleté dem Fußballer zugewandt hatte, in ihrer vollen Pracht ihrem rechten Sitznachbarn zu. „Sie, Herr Fischer?“ Fischer wurde rot, wurde aber vom Servieren der Suppe gerettet. Es gab eine Sahne-Crevetten-Consommé. Bescheiden wies Fischer das Lob mit dem Hinweis von sich, dass er nur ein ausführendes Organ wäre – nur ein Mitläufer. Danach löffelte die Gruppe schweigend ihre Suppe, als ob die Wucht der vorangegangenen Auseinandersetzung erst verspätet ein stilles Echo fand.

Mittlerweile war die strahlende Sonne draußen einer glühenden Dämmerung gewichen, sodass die Lichtfacetten ihren Ton verändert hatten und nun in einem sanften Leuchten die Gesichter der Anwesenden umspielten. Fischer fiel auf, dass der Ober auch den Platz, an dem Cavesi gesessen hatte, eingedeckt hatte und dort jetzt das Sahnehäubchen auf der Suppe langsam in seinen rosafarbenen Untergrund verfloss.

„Alle sprechen von der Macht des Volkes – aber es ist immer das Volk, das den Preis bezahlt“, nahm unerwartet und plötzlich Eisenbeisser das heikle Thema der Tagespolitik wieder auf. Niemand äußerte einen Einwand, als seien sie alle Verschwörer in einer unsicheren Umgebung. „Ich hoffe“, nahm Fischer das Thema auf, „dass Sie, Herr Kapitän, keinen Ärger bekommen werden.“ Wieder Schweigen. Ein steifes Stück gewalkter Seide drückte sich an Fischers Seite. Eine Hand berührte zart, vorsichtig und kurz die seine. Sein Herz schien stillzustehen. Er hatte die verrückte Idee, dass Smeralda ihn belohnte für sein Mitgefühl.

Die Konversation blieb den Abend über stockend. Eisenbeisser und er tauschten sich noch über moderne Fußballtaktiken aus – dass man statt mit fünf Stürmern nur mit vier spielen könne, um somit in der Verteidigung nicht so anfällig zu sein. Ansonsten beschränkte man sich auf den üblichen Austausch von Belanglosigkeiten. Pinceti schien abwesend zu sein, entschuldigte sich vor dem Dessert und verabschiedete sich in Richtung Deck. Als Fischer endlich seinen Grappa getrunken hatte und sich alleine am Tisch fand, sah er, bevor er sich zum Aufstehen wandte, ein kleines Zettelchen neben sich liegen, auf dem nur eine kurze Information zu finden war: „Zimmer 104“. Verwirrt stolperte er in seine Kajüte, zog sich aus, wusch sein Gesicht, zog sich seinen Pyjama an und legte sich in seine Koje. Von draußen kam immer noch ein Schimmer Sonnenuntergangs durch den Vorhang. Er wälzte sich hin und her. Nach einer halben Stunde stand er auf, zog sich seinen Bademantel an und marschierte den Gang hinab.

Der letzte Ball

Подняться наверх