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„Ich glaube nicht, dass es notwendig ist, Ihnen zu erklären, dass dieses Schiff in vielerlei Hinsicht außerordentlich und letztendlich einzigartig ist.“ (Alessandro Baricco, Novecento)

PROLOG

Amsterdam, Olympiastadion

Die Amsterdamer Luft war kalt an diesem Sonntagnachmittag, aber Hans sah das als Vorteil an gegen die Urus, die sich bis zu diesem Viertelfinale immerhin gar nicht so schlecht geschlagen hatten, obwohl sie fußballerisch absolut hinterwäldlerisch agierten. Nerz hatte sie noch einmal auf die deutschen Tugenden eingeschworen, Kraft und Stärke, um diese wuseligen Kuhhirten zu besiegen. Das Problem war nur, dass die Deutschen nach dem Anpfiff kaum etwas vom Ball zu sehen bekamen. Die Urus liefen schneller und wenn Hans den Gegner stellen wollte, das ausholende Schussbein parat, dann war der Ball schon wieder bei einem Mitspieler. Als sie endlich einen vielversprechenden Angriff spielten und Hans den Ball auf halbrechter Position annehmen wollte, bekam er auf einmal einen Stoß von hinten, sodass er vornüber fiel. Er stand auf und schubste den grinsenden Gegenspieler seinerseits zu Boden. Der Schiedsrichter, ein Ägypter, gab ihm Gelb. Hans reklamierte und wies auf das vorherige Foul hin, doch fand er, alleine schon deshalb, weil der Ägypter ihn nicht verstand, kein Gehör.

Dann aber erreichte ihn erneut eine Flanke von Hoffmann, die er locker erlaufen konnte und danach würde er freien Zugang zum Tor haben. Hans zog am Gegenspieler vorbei, merkte aber plötzlich, dass er nicht vom Fleck kam. Der andere hielt ihn an den Hüften, die zugegebenermaßen durch ihre Breite auch ein gutes Ziel waren, fest. Wieder blickte Hans auf den Schiedsrichter, der aber keine Anstalten machte, das Spiel zu unterbrechen. Der gegnerische Verteidiger grinste ihn an. Hans stützte seine Arme auf die Knie und holte Luft. Er bekam nicht mit, wie die Urus das Tor erzielten, aber nun wurde ihm zum ersten Mal bewusst, dass der Einzug ins Halbfinale des olympischen Turniers gefährdet war. Er hetzte zur Mittellinie und flüsterte Hoffmann ins Ohr, dass er den Ball direkt in die Spitze spielen sollte. Er würde sofort loslaufen.

Der Plan schien zu klappen. Die gegnerische Mannschaft war nach dem Torjubel zu verdutzt, um zu bemerken, wie Hans auf das Tor zulief, den Ball am Fuß. Er sah in die zusammengekniffenen Augen des Torhüters und holte aus. Das nächste, an das er sich erinnern konnte, war, dass er auf dem Boden lag. Sein Schienbein schmerzte. Neben ihm lag ein Verteidiger, der sich ebenfalls das Bein hielt und laut stöhnte. Das war, so wusste Hans, unsinnig, denn der Mann hatte ihn ja mit den Stollen gegen das Standbein getreten. Noch während der andere den Kopf hin und herschwenkte, jaulend, blickte er Hans dabei immer wieder grinsend an. Der Schiedsrichter entschied auf Freistoß für die Urus. Hans stand auf und bot dem anderen die Hand, um ihm hochzuhelfen. Dieser spuckte in seine eigene Hand und ergriff dann die ihm angebotene. Hans ließ fassungslos los. Dann ging er auf den Mann zu und trat ihm in den Bauch.

Als die Südamerikaner das Spiel mit 4:1 gewonnen hatten, saß Hans schon in der Umkleidekabine, im Anzug und mit frisch gekämmtem Seitenscheitel. Er wusste, es würde sein letztes Spiel für die Nationalmannschaft sein. Er kannte diesen durchdringenden Blick von Nerz, dem Trainer. Und er wusste auch, dass er mit seinem Platzverweis schuld war, dass sie verloren hatten. Ohne seinen Ausraster hätten die deutschen Tugenden das unqualifizierte Spiel der Urus auseinandergenommen.

Der letzte Ball

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