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2.1 Unsere Welt ist online
ОглавлениеMedien üben einen großen, unübersehbaren Einfluss auf unser tägliches Leben aus. Über sie erreichen uns Informationen, die unserer direkten Wahrnehmung nicht zugänglich sind. Sie filtern diese Informationen und geben ihnen zugleich eine bestimmte Form und Gestalt. Auf diese Weise erfolgt eine Vorselektion, die unsere Wahrnehmung der Welt und damit unser Weltbild prägt. Darüber hinaus eröffnen uns Medien neue Möglichkeiten, mit unseren Mitmenschen – und mit weit mehr davon, als wir ansonsten erreichen könnten – zu kommunizieren. Dadurch verändern sie unser soziales Zusammenleben, unsere Gesellschaft.
Diese Erfahrung haben wir bzw. unsere Vorfahr*innen unter anderem mit der Erfindung des Buchdrucks oder im letzten Jahrhundert mit der Verbreitung von Radio und Fernsehen, aber auch zuerst der Festnetz- und dann der Mobiltelefonie gemacht: Alle diese Medien haben die Wissens- und Kommunikationskulturen, die gesellschaftlichen Strukturen und sozialen Praktiken zum Teil von Grund auf einem unverkennbaren Wandel unterzogen.
Gegenwärtig gilt nun das Internet als besonders einflussreich: Es wird zum Beispiel von den einen als eine Chance wahrgenommen, global und auf eine neue Art zu kommunizieren, überkommene soziale und politische Strukturen aufzubrechen, das gesellschaftliche Zusammenleben zu erneuern, Möglichkeiten für Wirtschaftstreibende z. B. in der Vermarktung und im Vertrieb zu eröffnen und nicht zuletzt die Einschränkungen der „alten Medien“ zu überwinden. Andere wiederum befürchten, dass durch das Internet und die damit verbundene Förderung der Globalisierung regionale Besonderheiten gefährdet werden, dass sich als gefährlich betrachtetes Wissen – z. B. über die Konstruktion von Waffen und Sprengkörpern – ungehindert verbreitet, dass Privates nicht mehr privat bleibt oder dass die neue Art zu kommunizieren zum Untergang der jeweils gebrauchten Sprache oder zumindest zu deren „Verschandelung“ durch schlampigen, fehlerhaften Gebrauch führt.
Unabhängig davon, ob sich das Internet großen Zuspruchs erfreut oder ob es harsche Kritik erfährt: Es wird immer davon ausgegangen, dass es sich beim Internet um ein – mittlerweile nicht mehr ganz so – „neues Medium“, also ein Medium handelt. Diese Annahme wollen wir hier jedoch nicht einfach so übernehmen. Vielmehr soll in diesem Kapitel diskutiert werden, inwieweit man im Falle des Internets tatsächlich von einem Medium sprechen kann und was seine medialen Charakteristika sind.