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— Idee der Mission

In der fünften oder sechsten Klasse der Grundschule besuchte ich eine Wanderausstellung über die katholische Mission. Unter andern Gegenständen war der Priesterrock eines Missionars ausgestellt, mit einem Schussloch auf der Höhe des Herzens. Da fiel mir einfach ein, dass ich ihn ersetzen könnte. Das war der Anfang der Idee, mein Leben für die Mission einzusetzen, aber mein Vater fand, es genüge eigentlich, einen Sohn Gott geschenkt zu haben. So traten ein Kamerad und ich nach der Sekundarschule – als Erste unseres Dorfes – in eine staatliche Mittelschule mathematischer Richtung ein; sie war politisch eher liberal und protestantisch ausgerichtet. Mein Vater und meine Schwester hofften, dass ich dadurch genügend Abstand von meinen religiösen Ideen bekam.

Jeden Morgen benutzten wir einen Arbeiterzug, was uns trotz schwatzender Arbeiterinnen erlaubte, uns während der 45 Minuten auf die Schule vorzubereiten. Auf der abendlichen Rückfahrt spielten wir eher Schach oder Karten.

Das Mittagessen nahmen wir in der Kantine oder als Picknick in der Schule ein. Während meines ersten Jahres setzte sich ein sehr autoritärer Mathematiker während der Mittagspause zu mir. Er erklärte mir einen mathematischen Sachverhalt, den ich gerade zu verstehen suchte, auf eine so einleuchtende, nachvollziehbare Weise, dass ich in der Folge keine Angst mehr vor Mathematik hatte und mit der Höchstnote abschloss. So erfuhr ich ganz konkret, wie durch eine einmalige nachvollziehbare Argumentation ganze Gebiete erschlossen werden können.

Dass der betreffende Lehrer homosexuell war, nahm ich damals nicht wahr. Der Kamerad wurde später Doktor der Mathematik und machte Karriere in der europäischen Raumfahrt.

Was meine Beziehungen „zu den Frauen“ betrifft, hatte ich in der dritten oder vierten Grundschulklasse Einschlafphantasien der Art, dass ich mich als reichen Mann sah, mit entsprechenden Beförderungsmitteln, in Begleitung eines schönen Mädchens meiner Klasse.

1960 feierten wir Silvester in der Familie einer Tante. Es ist hinzuzufügen, dass die Familien mütterlicherseits einen ausnehmend guten Zusammenhalt hatten. Um drei Uhr früh des 1. Januars machten sich eine Cousine und ich auf den Weg zu einem 700 m höheren, kleinen Gipfel, der Weg war schneebedeckt. Unterwegs war ich versucht, meine Cousine zu umarmen, „beherrschte“ mich aber, da ich um acht Uhr als Oberministrant im Hauptamt fungieren musste.

Ein anderes Erlebnis hatte ich während eines Lagers der Jugendbewegung. Wir hatten eine hübsche Köchin, und jeden Abend sassen die Führer noch etwas zusammen. Ich war sehr versucht, mit der Köchin zu sprechen, aber der Scharführer schickte uns zu Bett!

Eine Bilanz meines Lebens bis zu diesem Zeitpunkt könnte etwa so aussehen: Sicher war es negativ, dass ich in den ersten zwanzig Jahren zu sehr auf meine Mutter fixiert war. Das aber ist eine nachträgliche Beurteilung. Ich war ein Papst-Fan und die Kirche war für mich gewissermassen das Zuhause. In der Beziehung zu Gott blieb ich Skrupulant. Positiv war, dass ich viel gelesen hatte und bei den Ministranten, in der Jugendbewegung, in der Mittelschule sowie beim Wandern und Bergsteigen gute Erfahrungen gemacht hatte. Und vor allem war positiv, dass ich wenige aber gute Freunde fand, und dadurch zu einem kleinen Beziehungsnetz kam, in dem ich mich sehr wohl fühlte.

In Liebe Dein L. Theodor

der verstellte Ursprung

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