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1.3. die ersten Jahre als „Bruder“

Liebe Carole,

Nach dem Noviziat war der Aufenthalt zu Hause immer kurz bemessen. Die Obern fürchteten wahrscheinlich, dass man „in der Welt“ dem Ordensideal abtrünnig werden könnte. Und doch können Freunde und Eltern ein wesentlicher Grund für den Eintritt in den Orden sein. Und meine Mutter schützte wahrscheinlich meinen Weg – obwohl unabhängig von ihr gewählt – wirksamer als irgendein Oberer.

Zu Beginn meiner zweiten Studienzeit hatte ich einen Termin beim Verantwortlichen für Bildung der Generaladministration. Er teilte mir mit, dass meine Oberen sich meine Zukunft nochmals überlegt hätten. Ich sollte nun anstatt Englisch Mathematik studieren. Wegen meiner Vorbildung zog ich natürlich die Mathematik dem Englischen vor. „OK“, meinte ich und lächelte ob des guten Einfalls der Vorsehung. Manchmal erscheint uns Gott als sehr entfernt, anderseits gibt es Situationen, in denen man den Eindruck hat, dass der Herr uns millimetergenau folgt und hilft. Letzteres würde ich als Vorsehung bezeichnen. Aber das ist eine Einsicht, zu der ich viel später kam (daRev B 1.6.).

Ich begann also das Studium der Mathematik. Gemäss Reglement der Fakultät musste ich überdies Experimentalphysik und theoretische Physik belegen. Ein Oberer meinte, Chemie würde als viertes Fach gut dazu passen. Auf meinen Einwand, dies sei eine etwas aufwändige Zusammenstellung, meinte er, meine Zweifel seien der Beweis, dass ich es schaffen könne. Die Unfähigen zweifelten nie. Das scheint wirklich so zu sein, das habe ich später selbst festgestellt. Zusätzlich zu dem schon anspruchsvollen Programm gesellten sich noch Fächer in Psychologie und Pädagogik, da ich mich zusätzlich auf das Gymnasiallehrer-Diplom vorbereiten sollte. Das erste Jahr des Studiums verbrachte ich im Scholastikat der französischen Mitbrüder.

So kam ich zum ersten Mal mit der grossen Nation („la France, la Grande Nation“) in Berührung. Offenbar ist es Charles de Gaulle u.a. gelungen, den Franzosen ein ziemlich ausgeprägtes Selbstbewusstsein zu vermitteln! Allerdings gehörte es fast zum guten Ton, dass Franzosen ihre Regierung kritisierten. Aber für einen Ausländer ist das weniger ratsam!

Nun konnte sich der theoretische Gebrauch des Französischen der Mittelschule zum praktischen im täglichen Leben entwickeln.

Während dieses Jahres meldete sich meine Sexualität in der Form nächtlichen Berührens meines Gliedes. Frustrationen mögen mitgespielt haben, da ich in der Ordensgemeinschaft nur Kollegen, aber keinen Freund fand. Das Studium, das ich mit mehrwöchiger Verspätung begann, war hart. Natürlich betrachtete ich diese einfachen Berührungen als schwerste Sünde. In Wirklichkeit erlebte ich die erste Masturbation 14 Jahre später, mit 34 Jahren. Es war immer eine Qual, nach solchen Nächten, die zwar nicht gerade häufig waren, einen Beichtvater zu suchen, denn ich wollte doch wieder zur Kommunion gehen können. Einen Priester mit Verständnis, der die ganze Sache ins richtige Licht gerückt hätte, fand ich nicht. Ein junger Priester drückte sein Mitgefühl mit meinen „sexuellen Abstürzen“ durch ein freundschaftlich gemeintes, teilnehmendes Schweigen aus. Ich denke nicht, dass es die richtige Reaktion war, da es die „Schwere“ der Angelegenheit eher unterstrich.

der verstellte Ursprung

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