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— Das 2. Vatikanum

Dank des Fernsehers eines dem Novizenmeister bekannten Pfarrers erlebten wir die Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils „live“. Seine Dokumente werden mich in der Folge begeistern, aber ich erlebte später das Schliessen des Fensters, das Johannes XXIII hatte öffnen wollen.

Als er über seine Gedanken sprach, ein Konzil einzuberufen und über dessen Ziel befragt wurde, soll Johannes XXIII als Antwort ein Fenster geöffnet haben.

Anfangs September 1963 legten meine drei Mitnovizen ihre Ersten Gelübde ab. Ich musste allein weitermachen. Mein Noviziat sollte ja, auf den Tag genau, 365 Tage dauern. Ich war übrigens der letzte Novize unseres Novizenmeisters, er wurde durch einen fröhlicheren Priester ersetzt.

Der Novizenmeister war sicher sehr integer, aber man sah ihm die Mühe an, als Asket ein schwieriges Leben zu führen. Als er an Weihnachten in Zorn geriet, sprach er vom Feiertagsteufel. Während der Zeit als einziger Novize hatte ich mehr oder weniger alle Arbeiten der Novizen allein zu verrichten.

An Allerheiligen 1963 legte ich meine Ersten Gelübde ab. Positiv war, dass meine Eltern und meine Schwester anreisten, mit denen ich dann einen Abstecher in die Hauptstadt des betreffenden Landes machen durfte. Negativ war, dass mir ein Mitglied der Generalleitung bei der liturgischen Feier die Ordensregel übergab mit der Widmung: „Halte diese Regel, denn sie ist Dein Leben!“ Dass nur Jesus der Weg, die Wahrheit und das Leben sein kann, war höchstwahrscheinlich implizit. Es wurde zwar von der Nachfolge Christi gesprochen, aber wir hatten schon damit begonnen, das Evangelium, von dem wir viel zu wenig hörten, durch Regeln und Reglemente zu ersetzen. Wir begannen von Perfektion zu reden anstelle von Freundschaft. Du wirst lächeln: Ich als Idealist und Perfektionist in dieser Umgebung, das konnte heiter werden! Es versteht sich von selbst, dass wir jeden Mädchenkontakt vermieden, denn, so sagte uns der Novizenmeisters, sie seien im Dienste des Teufels, um uns von unserer Berufung abzubringen.

Das Noviziatsjahr, das letzte vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil, hinterliess in mir einen sehr zwiespältigen Eindruck. Einerseits gab es die Bemerkung eines recht weisen Onkels, der mir nach dem Noviziat sagte, ich sei nun endlich ein Mann geworden. Wie die Rekrutenschule im Militär war das Noviziat eine harte Zeit. Freunde aber habe ich keine gefunden. Und Freiheit genauso wenig. Im Übrigen wurde uns immer wieder eingeimpft, wie gefährlich Freundschaften seien. Man verwendete den Ausdruck „partikuläre Freundschaften“ (amitiés particulières). Du erinnerst Dich an den gleichnamigen Film von Jean Delannoy.

Es galt, freundschaftliche Beziehungen zu vermeiden, da diese sich doch zu homosexuellen Beziehungen entwickeln könnten. Diesen Zusammenhang verstand ich damals allerdings nicht.

In Liebe Dein L. Theodor

der verstellte Ursprung

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