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Kapitel 1
ОглавлениеKapitel 1
„Verflucht, ist das eine Hitze“, bellte Robin in die Comm. Sein Bike raste über den Boden, hinter sich herziehend eine riesige Fontäne aus Staub. Das Kraftfeld hatte er abgestellt, der Fahrtwind sollte ihm Abkühlung verschaffen. Es fühlte sich aber nicht so an als würde es etwas bringen. Er musste nur unglaublich laut in die Comm schreien. Und sein Schweiß trocknete auf der Stelle. Heiß war ihm trotzdem. Er drehte die Geschwindigkeit weiter auf. Unter ihm raste der Wüstenboden dahin.
„Was ist?“, schaltete sich Nicole ein, die eben mit ihrem Jäger tiefer ging und sich neben ihm positionierte. Es gelang ihr spielend leicht ihren Jäger nicht höher als einen Meter über den Boden fliegen zu lassen.
In den letzten Tagen hatten sie ihre Fahrzeuge noch besser kennen lernen dürfen. Darum waren sie hier, in diesem abgelegenen Teil Yxus. In dieser heißen Wüste, in dem die Sonne erbarmungslos brannte und es nie unter fünfzig Grad abkühlte. Dagegen wurde es in der Nacht frostig kalt. Weit unter Null. Zwei Extreme also. Und damit hervorragende Trainingsbedingungen.
Robin schnaufte verächtlich. Zum streiten war ihm viel zu heiß. Nein, lieber drehte er das Gas noch etwas mehr auf.
Unglaublich was in seinem Bike steckte. Sechshundert Sachen, und es beschleunigte immer noch. Er raste schnell wie ein Blitz über den Boden, die Maschine schnurrte wie ein Kätzchen.
Auch die anderen reizten ihre Maschinen aus. Die Mädchen flogen mit ihren Jägern, Mike flitzte mit dem Boliden irgendwo ein Stück hinten ihnen lang hin. Nur nicht Marcel. Er saß im Cockpit des Transporters, mit dem sie angekommen waren. Zumindest saß er da, als sie zu einer weiteren Probefahrt aufgebrochen waren. Er hatte seinen Panzerwagen auf Urus 1 verloren und bisher noch keine Möglichkeit gehabt, diesen zu ersetzen.
Von dieser Position aus überwachte er die anderen. So konnte er zumindest etwas an ihrem Spaß teilhaben. Die letzten Tage waren schwer für ihn gewesen. Er vermisste Oxo. Noch immer wusste niemand, ob er wieder instand zu setzen war, ob er bald wieder gesund ist, ob er wieder ganz der Alte wird?
Im Cockpit war es brütend heiß. Längst nicht so unerträglich wie draußen. Aber doch warm genug um richtig viel zu schwitzen. Sein Hemd und seine Hose waren klamm. Schweiß lief ihm ins Auge.
„Nehmt euch zusammen, Leute! Ihr wisst, warum wir hier sind.“
„Ja doch, du Spielverderber“, seufzte Nicole, riss das Steuer scharf nach links und raste davon. Sie hatte einen Heidenspaß dabei. Auch ihr lief der Schweiß in Strömen. Ihr Gesicht war klatschnass, doch ihre Augen strahlten vor Freude. Dann ging sie mit einer ebenso steilen Kurve in den Steigflug.
Marcel beobachtete ihr Manöver am Monitor. Er beobachtete alle ganz genau. Mike raste mit gleichbleibender Geschwindigkeit einfach nur geradeaus. Er hatte seinen Boliden auf zweifache Schallgeschwindigkeit gepusht und machte keine Anstalten langsamer zu werden. Robin dagegen fuhr wahre Schlangenlinien. Nicole und Jenni flogen derartige Kapriolen, dass es Marcel oft genug noch heißer wurde. Er verfolgte ihre Flugbahnen und hatte sie schon mehr als einmal bremsen müssen, keine unnötigen Risiken einzugehen. Er wünschte, er könne so ausgelassen sein.
Aber auch den anderen machte die Ungewissheit zu schaffen. Sie hatten nur die Möglichkeit, das zu kompensieren, ganz anders als Marcel. Sie waren froh, nicht pausenlos an Oxo denken zu müssen. Sie fuhren ihren Befürchtungen und Gedanken quasi davon.
Seit drei Tagen waren sie hier. Tagsüber erweiterten sie ihre Fertigkeiten hinter dem Steuer, in der Nacht wälzten sie sich unruhig in ihren Kojen herum. Am Tag, wenn sie beschäftigt waren, dachten sie nicht an Oxo. In der Nacht aber, wenn es ruhig ist und sie zu schlafen versuchten, konnten auch sie ihre Gedanken nicht von ihm ablenken. Dann überkam auch sie die Unruhe und die Ungewissheit nagte wie ein gefräßiges Tier an ihnen. Stunden lagen sie wach, ehe sie in einen flachen Schlaf fielen. Aus dem sie oft wieder gerissen wurden.
„Mike! Mike, melde dich!“, sprach Marcel in die Comm. Er hatte sich mittlerweile mehr als tausend Kilometer entfernt. Das war viel mehr als sie ausgemacht hatten.
Die Sekunden verstrichen, doch von Mike war nichts zu hören. Marcels Hände verkrampften sich zu kleinen Fäusten, die Knöchel weiß. Allmählich machte er sich Gedanken. Mike konnte unmöglich außer Reichweite sein. Nein, es musste einen anderen Grund haben. War das Gerät defekt? Unwahrscheinlich.
„Mike! Melde dich endlich!“
Doch von Mike kam kein Ton. Der Punkt auf dem Monitor, der sein Fahrzeug darstellte, bewegte sich derweil mit gleichbleibendem Tempo fort.
„Antwortet er nicht?“, fragte Jenni unnötigerweise. Sie konnte doch hören, dass er es nicht machte. Darauf ersparte sich Marcel eine Antwort.
„Ich fliege ihm nach“, dann schwenkte sie scharf nach rechts, beschleunigte ihren Jäger auf das vierfache ihrer bisherigen Geschwindigkeit. In wenigen Minuten wird sie ihn eingeholt haben. Und dann? Was, wenn Mike nicht reden wollte …
„Zentrale an Shuttle eins. Könnt ihr mich hören?“
Marcel hockte stocksteif vor den Armaturen des Shuttles, starrte auf die Monitore, das Herz schlug ihm bis zum Hals. Was wollte der andere? Sie wollten sechs Tage hierbleiben, die Hälfte davon war erst vorüber. Warum meldete er sich also? Mit zitternden Händen nahm er das Gespräch an.
„Hier Shuttle eins. Was gibt es?“ Seine Stimme brach fast. In ihm breitete sich ein sehr unangenehmes Gefühl aus. Was ist auf einmal los? Erfüllten sich jetzt ihre Befürchtungen? War es passiert?
Ein paar Augenblicke war nur ein leises fernes rauschen zu vernehmen. Dann war die Stimme wieder da. „Oxos Kaltstart ist vollzogen. Systeme werden soeben hochgefahren.“
Marcel wollte schreien, doch ihm blieb alles im Hals stecken.
„Shuttle eins? Haben sie verstanden?“
„Oh ja, laut und deutlich.“
„Wir können also mit eurer Rückkehr rechnen?“
„Sobald wie möglich“.
Damit unterbrach die Verbindung. Marcel zögerte keine Nanosekunde, den anderen die Nachricht zu übermitteln.
Natürlich brauchte Mike die längste Zeit für die Rückkehr; er hatte sich ja auch am weitesten entfernt.
Das verstauen ihrer Fahrzeuge ging dagegen schnell vonstatten. Binnen weniger Minuten waren die Jäger, das Bike und der Bolide im Bauch des Shuttles verschwunden. Die Mädchen hätten auch selber fliegen können, doch Marcel bestand darauf, dass sie alle gemeinsam ankämen.
Die Frachtraumschleusen waren kaum richtig verschlossen, da startete Marcel die Triebwerke. Es zu steuern war nicht weiter schwierig, das machte er schon fast mit links.
In einer schnellen Aufwärtskurve ging es auf die Hauptstadt zu.