Читать книгу Eva - Lilian Adams - Страница 7
Laura
Оглавление„Mama, wie siehst du denn aus?“ Laura steht in der Tür und schlägt fassungslos die Hand vor den Mund. Als ich mich umdrehe, und unserer Tochter ins Gesicht schaue, trifft mich fast der Schlag. Nur mit Mühe widerstehe ich dem Drang, auf meinen Zeigefinger zu spucken und ihr die Pampe abzuwischen. Lauras strahlendblaue Augen sehen aus wie ein schwarzes Loch.
Ich beiße mir auf die Unterlippe, bis es weh tut, um ja nichts zu sagen. Wie sehr ich diese rabenschwarze, billige Wimperntusche hasse. Das Zeug klumpt und lässt Laura richtig billig aussehen. Ständig rede ich mit Engelszungen auf sie ein, sich doch bitte etwas dezenter zu schminken. Vergebliche Liebesmühe! Warum rede ich mir den Mund fusselig, es nützt ja doch nichts.
Lauras Stimme klingt wie eine Sirene im Kriegsfilm, als sie weiterspricht: „Mama! Was hast du denn gemacht? Deine Haare! Du siehst aus, als wärst du unter den Rasenmäher gekommen “, kreischt sie und fuchtelt mit den Händen herum. Ob ich mir Sorgen um sie machen muss? Sie sieht aus wie ein Dirigent im Delirium. Normal ist das nicht.
Jetzt fällt mir aber immerhin ein, warum sie so herum zickt. Ich habe meinen Pony ein wenig nachgeschnitten. Die Haarspitzen waren viel zu lang und das nervt mich. Ich habe ja nichts mehr gesehen. Also habe ich zur Schere gegriffen und einen wirklich guten Job gemacht, finde ich wenigstens.
Immer diese dramatischen Auftritte unsrer Tochter. „Dafür kann man jetzt meine Augen erkennen“, mache ich sie auf die Vorteile meiner Frisur aufmerksam.
Am Anfang unserer Beziehung hat Michael einmal behauptet, in meinen strahlend blauen Augen den Himmel, das Meer und die Liebe finden zu können. Ich bin grad so dahingeschmolzen, als er das gesagt hat. Leider war er da betrunken, zumindest ziemlich angetrunken. Mit Komplimenten ist er schon immer eher sparsam umgegangen. Aber diesen Satz hat er ernst gemeint, das weiß ich einfach!
Mein Frisör hat mich bei meinem letzten Besuch gebeten, künftig die Nagelschere von meinen Haaren fernzuhalten. Ein dezenter Hinweis auf die Katastrophe etwa ein Jahr zuvor. Da hatte ich ziemlich gepfuscht.
Laura mustert mich nach wie vor. Mit ihrem permanenten Kopfschütteln erinnert sie mich an den vergilbten Wackeldackel, den Edgar immer noch in seinem alten Mercedes durch die Gegend kutschiert. „Das ist viel zu kurz. Und an den Seiten hast du einen richtigen Rahmen.“ Sie schüttelt sich angewidert „Igitt! Sieht aus wie Prinz Eisenherz“, wirft sie mir dann noch entgegen.
Jetzt habe ich die Nase voll. „Schluss jetzt“ fauche ich. Meine Haare sind sowieso ein schwieriges Thema. Das Schicksal hat es nicht gut mit mir gemeint und mir nach den Schwangerschaften hellblonde, ständig von Spliss und Haarausfall bedrohte Fusseln beschert. Seit langem träume ich schon von einer gepflegten Mähne, die mir wasserfallartig und engelsgleich über den Rücken fällt. Doch die Wahrheit sieht leider komplett anders aus. Dünne Fransen, die schnittlauchartig gerade mal so die Schultern berühren.
Aus dem Backofen dringt der Geruch frisch gebackenen Kuchens und ein kurzer Blick zeigt mir, dass die Muffins fertig sind. Dieser Duft! Mein Magen knurrt und lässt sich gar nicht mehr beruhigen.
„Wag dich bloß nicht, schon wieder schwach zu werden“, ermahne ich mich lautlos. Ich will abnehmen. Ich fühle mich schon viel zu lange unwohl in meinem Körper. Die beiden Schwangerschaften haben meine Figur ruiniert. Ich bewege mich zwar viel, immerhin trage ich jeden Morgen kiloweise Zeitungen aus, aber dummerweise liebe ich Süßigkeiten. Bei Stress jeglicher Art helfen mir Kekse und Schokolade zuverlässig und schnell.
Die Kehrseite der Medaille: Zehn Kilo Übergewicht. Und das ist nur eine vorsichtige Schätzung, denn die Waage steht unter dem Bett und zwar ziemlich in der Mitte, also schwer erreichbar. „Demnächst nehme ich den Schrubber und fische sie raus“, beschließe ich. Schließlich muss man den Tatsachen ins Auge schauen. Andererseits wäre es vielleicht besser, vorher ein wenig abzunehmen. Nicht, dass ich vor Schreck in Ohnmacht falle.