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Kapitel 11

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»Wir haben uns geküsst!«

»Geküsst oder geküsst?«, will Mareike wissen. Ihre Zunge fährt gespielt lasziv über die ungeschminkten Lippen.

»Richtig geküsst«, gebe ich zu Protokoll.

»Und wer hat angefangen?«

»Spielt das eine Rolle?«

Mareike hebt die Augenbrauen: »Aber sicher! Beim ersten Kuss sollte die Initiative von ihm ausgehen.«

»Dann hab ich ja Glück gehabt.«

»Du kannst sonst nie sicher sein, dass er es auch wirklich wollte.«

»Wieso nicht?«

»Weil Männer grundsätzlich keinen Kuss verweigern. Das wäre ein fatales Eingeständnis von Schwäche. Außerdem sind sie triebgesteuert und betrachten einen Kuss als Zielgerade zum Sex.«

»Und hältst du dich daran?«, frage ich grinsend und gehe in Kampfposition. Ich schieße einen bösen Blick ab, doch Mareike kneift sofort die Augen zusammen, bildet ein Kreuz aus beiden Zeigefingern und blockt den Todesstrahl ab.

»Bei mir ist das etwas anderes …«, kontert sie.

»Inwiefern?«

»Weil ich zu den Frauen gehöre, die Sex haben können, ohne verliebt zu sein.«

Mareike setzt den Akkuschrauber an und versenkt eine Schraube im Holz.

»Apropos: Hattet ihr denn …?«

»Sex? Doch nicht gleich beim zweiten Date!«

Mareike schüttelt den Kopf und jagt weitere Schrauben durch das Rückenteil einer Bank.

»Mal was anderes: Auf wen oder was stürzen wir uns eigentlich heute Abend?«, fragt Mareike.

Ich mache kein großes Aufhebens um meinen Geburtstag, aber ein bisschen Feiern muss schon sein. Waldheim habe ich auf das Wochenende vertröstet, er will mich unbedingt in ein neues Lokal in der Hafencity ausführen. Und heute ist Mädelsabend. Ich lade Mareike zum Essen ein, und anschließend werden wir in eine Bar gehen, auf einen Absacker oder zwei. Heute Morgen bin ich hier schon mit einem tollen Frühstück und einem Riesen-Blumenstrauß empfangen worden. Das rechne ich Mareike hoch an, denn sie ist eine exzessive Langschläferin und musste dafür mindestens zwei Stunden früher aufstehen, als ihr lieb ist.

»Wie wäre es mal wieder mit Sushi?«, frage ich und gucke mir das herausgebrochene Türscharnier an einem alten Biedermeiersekretär genauer an. »Oder wir gehen endlich mal in dieses Copper House in der Davidstraße.«

»Da soll es immer so voll sein«, gibt Mareike zwischen zwei Schrauben zu bedenken. »Sag mal, wollte Micha nicht heute sein Vertiko abholen?«

»Ja, er will nachher vorbeikommen. Musste sich ’n Kombi ausleihen, sagt er, deshalb hat es nicht früher geklappt.«

Ich bin gespannt, ob er meinen Geburtstag auf dem Schirm hat.

Eine halbe Stunde später fährt tatsächlich ein alter Mercedes-Kombi rückwärts bis an das verglaste Tor unserer Werkstatt heran. Luna unterbricht ihren Werkstattschlaf und kommt aus ihrem Körbchen gekrochen. Sie schüttelt und streckt sich. Dann schaut sie mich fragend an. Als Micha zur Tür hereinkommt, stürzt sie sich auf ihn.

»Na Mädels, alles frisch?«

Er knuddelt und schmust mit Luna, anschließend schlendert er zu Mareike rüber und drückt ihr einen Kuss auf jede Wange. Danach werde ich begrüßt.

»Na, wo ist das gute Stück?«

Ich zeige auf ein Möbel, das von einer Wolldecke bedeckt in der Ecke steht. Micha zieht an einem Zipfel und das hochglanzpolierte Vertiko kommt zum Vorschein.

»Wow, sieht aus wie neu«, ruft er und fährt mit der Hand über die Oberfläche. Er strahlt uns an: »In der großen Schublade hatte meine Mutter immer ein paar Süßigkeiten versteckt. Und wenn ich mir mal wieder das Knie oder die Ellenbogen aufgeschlagen hatte, durfte ich da ran und mir was aussuchen.«

»Ja, der kleine Micha, das war bestimmt ein süßer kleiner Racker«, sage ich und hole die Sackkarre hinter dem Werkzeugschrank hervor. Dann rolle ich damit zu Micha und seinem Möbel rüber. Während Mareike die großen Türen zum Hof öffnet, bugsieren wir das Vertiko gemeinsam zum Wagen.

»Die ist zum Darunterlegen gedacht«, sage ich und werfe ihm die Wolldecke zu. »Was Weiches zum Darunterlegen, das ist in jedem Fall gut«, sagt Micha und grinst blöd. Er breitet die Decke auf der Ladefläche aus. Gemeinsam schieben wir das Vertiko auf der Rückwand in den Kombi.

»Schön vorsichtig!«, mahne ich, aber zu dritt ist das kein Problem. Micha drückt die Heckklappe zu und dreht sich um. Er bleibt dicht vor mir stehen und streicht mir mit dem Handrücken über die Wange. Mareike wirft ihm einen giftigen Blick zu, anschließend geht sie zurück in die Werkstatt.

»Gut, dann war es das also«, flüstert er sanft und gibt mir einen Kuss auf den Mund. Wie unpassend, denke ich und löse mich aus seiner Umklammerung. Außerdem hat der Blödmann doch tatsächlich meinen Geburtstag vergessen und ich schenke ihm zum Abschied auch noch die Restaurierung seines blöden Erbstücks.

»Viel Spaß damit«, sage ich und will mich gerade abwenden, als mir eine Person auffällt, die hinten an der Straße steht. Sie hält einen großen Blumenstrauß in der Hand, dann dreht sie sich abrupt um und verschwindet aus meinem Blickfeld. Verdammt, war das etwa Robin?

»Musstest du dich so aufdringlich an mich ranmachen?«, fauche ich Micha jetzt an und schubse ihn zur Seite.

»Entschuldige mal, ich wollte mich doch nur angemessen für das Vertiko bedanken. Unglaublich, es sieht wirklich fantastisch aus. Du übrigens ebenfalls!«

»Deshalb musst du dich noch lange nicht an mir festkrallen«, fluche ich und laufe zur Straße vor. Luna trottet unschlüssig hinter mir her.

»Seit wann ist das ein Problem? Bist doch sonst nicht so prüde«, höre ich Micha rufen. Nichts zu sehen. Falls das Robin war, ist er verschwunden. Ich gehe wieder zurück.

»Hab ich gerade deinen Neuen verschreckt?», fragt Micha, nachdem er die Seitenscheibe heruntergekurbelt hat. »Das tut mir aber leid …«

Also hat er den Mann mit dem Blumenstrauß ebenfalls entdeckt – vielleicht sogar vor mir. Dann hat er sich womöglich extra so an mich heran gemacht, überlege ich und will ihn sofort zur Rede stellen. Doch er hat die Scheibe schon wieder hochgekurbelt, winkt mir grinsend zu und fährt vom Hof, während ich Luna am Halsband festhalte.

Dumm gelaufen, denke ich und ärgere mich darüber, dass ich Micha überhaupt so nah an mich heran gelassen habe.

An der Werkstatttür nimmt mich Mareike in den Arm.

»Der Typ mit dem Blumenstrauß, das war Robin, oder?«

»Denke schon«, sage ich und atme tief durch. »Micha, dieser Mistkerl, das hat er bestimmt mit Absicht gemacht …«

»Und dieser Robin muss jetzt natürlich denken, dass du zweigleisig fährst«, sagt Mareike. »Immerhin hat er sich gemerkt, wann du Geburtstag hast …«

»Ganz im Gegensatz zu Micha«, sage ich und lasse mich auf das Sofa fallen. Luna springt herauf, schmiegt sich an mich und legt ihren Kopf in meinen Schoß.

Der Beste kommt zum Schluss

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