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Kapitel 2

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Frühmorgens ist es ganz praktisch, Single zu sein. Man muss nicht gleich reden, kann zerzaust und verpennt aussehen und, was das Wichtigste ist: Man braucht sich mit niemandem das Bad zu teilen! Und wenn ich doch mal das Bedürfnis habe, mit jemandem zu sprechen, ist ja Luna da. Die wedelt freundlich, wenn sie angesprochen wird und vor allem: Sie mault nicht darüber, dass ihr Kaffee zu dünn ist. Dabei habe ich den Kaffee schon extra stark gemacht, für meinen Geschmack ungenießbar. Meinen Becher habe ich höchstens halb voll gegossen, um ihn anschließend mit heißem Wasser und reichlich Milch aufzufüllen. Anderenfalls hätte mein Tag mit Magenschmerzen und Herzrasen begonnen. Das ist nun alles viel einfacher, denke ich und hole eine angebrochene Dose Hundefutter aus dem Kühlschrank, außerdem hat sich der Kaffeeverbrauch drastisch verringert.

Luna ist ein Trennungshund. Ich habe dafür gesorgt, dass Micha mir das alleinige Sorgerecht überlassen hat. Zugegeben, ich habe sein schlechtes Gewissen ausgenutzt, als ich das mit Naomi herausbekommen und ihn vor die Tür gesetzt hatte. Er ist tatsächlich gleich bei ihr eingezogen – unglaublich! Jedenfalls wäre es echt nicht fair gewesen, wenn er auch noch den Hund mitgenommen hätte. Natürlich hängt er genauso an Luna wie ich und hat erst mal gelitten, aber was soll’s? Das hätte er sich früher überlegen müssen. Gut, ein Besuchsrecht konnte ich ihm natürlich nicht verwehren, und auf diese Weise ist das dann irgendwie mit dem Sex wieder losgegangen.

»Aber damit ist jetzt endgültig Schluss«, sage ich laut, und Luna spitzt die Ohren. Sofort kommt sie aus ihrem Körbchen geschossen und schaut mich erwartungsvoll an. Ihr Schwanz wedelt wie verrückt, und mit ihm kommt das ganze Hinterteil in Bewegung.

»Na, Süße, wollen wir los? Wollen wir eine feine Hunderunde machen?«

Luna bellt begeistert, während ich die Leine an ihrem Halsband befestige.

Ein wunderschöner Morgen. Nachts hatte es ein Gewitter gegeben und heftig geregnet. Ich hatte eine Weile wach gelegen und dem Grollen zugehört. Luna hatte sich am Fußende eingerollt und jedes Mal leise gefiept, wenn es donnerte. Wir haben beide Schiss vor solchen Unwettern. Immer wieder erhellten Blitze das Schlafzimmer und ich bereute ein wenig, dass ich mich an keinen männlichen Beschützer ankuscheln konnte. Dann fing es an zu regnen und ich konnte zum Glück wieder einschlafen. Inzwischen haben sich die dunklen Wolken Richtung Osten verzogen. Als die Hundewiese in Sicht kommt, lasse ich Luna von der Leine. Die Sonne schickt ihre Strahlen durch das frische Grün der alten Laubbäume, die das Ufer der Außenalster säumen. Überall haben sich große Pfützen gebildet.

»Nein, Luna, komm sofort her!«, brülle ich, aber es ist schon zu spät. Meine hellblonde Retrieverhündin hat sich soeben in die größte, tiefste und schlammigste Pfütze weit und breit gestürzt, schmeißt sich auf den Rücken und wälzt sich genüsslich im schwarzen Modder. Jetzt rappelt sie sich auf und setzt in großen Sprüngen einem Jogger nach. Ich hätte sie nicht losmachen sollen.

»Hierher!«, versuche ich es noch einmal, und Luna macht tatsächlich kehrt. Leider nicht aus Folgsamkeit, wie sich kurz darauf herausstellt. Es sind ein paar Möwen, die ihre Aufmerksamkeit und ihren Jagdinstinkt wecken. Nach einem kurzen, aussichtslosen Sprint fliegen die Vögel auf und sind außer Reichweite. Luna galoppiert unschlüssig in einem großen Halbkreis um mich herum, der pure Spaß an der Bewegung. Ich liebe es, ihr dabei zuzuschauen.

»Na komm schon«, rufe ich und habe meinem eigensinnigen Vierbeiner bereits wieder verziehen. Dann entdecken wir den Mann mit dem Rucksack. Luna rennt sofort auf ihn zu. Als sie ihn erreicht hat, bleibt sie stehen und schüttelt ihr Fell.

»Ach, du meine Güte«, rufe ich und sehe, wie der Schlamm auf seinen hellen Trenchcoat spritzt. Der Mann bleibt stehen, schaut an sich herunter und flucht.

»Pfui, Luna!«, schimpfe ich und laufe ein paar Schritte auf die beiden zu. »Das tut mir so leid!«

Stimmt eigentlich gar nicht, denn insgeheim bin ich Luna fast dankbar für die Attacke. Der Mann mit dem Rucksack! Endlich gibt es einen Anlass, ins Gespräch zu kommen. Der Typ ist mir nämlich schon vor ein paar Wochen aufgefallen. Wahrscheinlich ist es sein Arbeitsweg. Zwei bis drei Mal pro Woche treffen wir ihn während unserer morgendlichen Gassirunde. Er scheint in Richtung Dammtor zu laufen, wahrscheinlich will er zur S-Bahn. Auf jeden Fall ist er ein Hundefreund, und die Hunde lieben ihn ebenfalls. Ich habe nämlich schon öfter beobachtet, wie irgendwelche Vierbeiner zu ihm hin laufen und sich Streicheleinheiten abholen. Auch Luna – gerade schmeißt sie sich vor dem Kerl auf den Rücken und lässt sich den Bauch kraulen. Muss sie sich so anbiedern?

»Wie Sie jetzt aussehen! Es tut mir so leid«, wiederhole ich. Der Mantel ist echt hinüber.

»Ach, das hätte ich voraussehen können. Hab ja schon von Weitem gesehen, wie nass und dreckig die hübsche Lady heute Morgen ausschaut. War eigentlich klar, dass sie sich gleich schütteln würde.« Sein Lächeln wandert von Luna zu mir.

»Manchmal hört sie einfach nicht«, sage ich, wohl wissend, wie blöd das klingen muss, und zucke mit den Schultern. »Ich bezahle Ihnen selbstverständlich die Reinigung.«

»Nein, nein, das ist wirklich nicht nötig. Das Teil kommt in die Waschmaschine und damit ist die Sache vom Tisch.«

»Das geht in der Maschine bestimmt nicht raus«, sage ich. »Ich weiß, wovon ich rede.« Helle Mäntel und Jacken haben die Eigenschaft, sich klammheimlich aus der Garderobe von Hundebesitzern zu verabschieden.

»Und wenn schon! Ich wollte das alte Ding sowieso wegschmeißen.«

»Wegschmeißen?« Ich schiebe meine Sonnenbrille ins Haar und blinzele gegen das Morgenlicht. Ich habe eine super Idee: »Darf ich Sie wenigstens zu einem Cappuccino einladen? Da vorne ist gleich ein Café.«

Er überlegt einen Moment, dann lächelt er.

»Ein Cappuccino, da kann ich nicht Nein sagen. Meine Kaffeemaschine hat nämlich vor ein paar Tagen den Geist aufgegeben und ich bin noch nicht dazu gekommen, mir eine neue zu besorgen.«

»Schön! Äh, also nicht das mit der Kaffeemaschine. Ich meine, dass sie mitkommen. Ich heiße übrigens Emma, Emma Stegemann.«

Scheint ein super Tag zu werden, denke ich und halte unserem Opfer die Hand hin.

»Robert Weidner. Freut mich, Sie kennenzulernen.«

»Danke gleichfalls«, sage ich und lasse seine Hand los, eine große warme Hand.

Ein wenig später, im Café, habe ich ihm einen leckeren Brownie und das Du angeboten. Den Kuchen lehnt er ab, weil er angeblich ein notorischer Nicht-Frühstücker ist. Aber das Du hat er angenommen und mir mitgeteilt, dass seine Freunde ihn Robin nennen. Nach diesem Treffen hat eine kleine Veränderung in meinem Alltag stattgefunden. Ich fange an, mich ein kleines bisschen mehr auf die Morgenrunde mit Luna zu freuen. Und wenn ich Robin tatsächlich treffe, freue ich mich noch mehr. Dann halte ich ein kleines Schwätzchen mit ihm und hoffe, dass er mich früher oder später nach einem Date fragen wird.

Der Beste kommt zum Schluss

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