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Kapitel 4

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Gerade hat der Kellner den Hauptgang abgeräumt. Ich habe mich ein bisschen schick gemacht. Immerhin werde ich ins Landhaus Scherrer ausgeführt, eine der ersten Adressen in Hamburg, wenn es um gehobene Gastronomie geht, und ein Klassiker in diesem Segment. Schulterfreies Kleid, Haare hochgesteckt, dezenter Ohrschmuck. Waldheim soll wenigstens wissen, was für ein reizendes Geschöpf er ruiniert, falls er sich mir nichts, dir nichts zur Ruhe setzt.

Gerade greift er nach der Serviette und tupft sich die Lippen ab. Jetzt kommt er bestimmt zur Sache, denke ich und mir fällt ein, dass ich mein Mobiltelefon nicht abgestellt habe. Ich greife nach meiner Handtasche, lange hinein und schalte das Gerät aus. Dann lehne ich mich zurück und schaue Waldheim in die Augen. Er lächelt.

»Ich beabsichtige, gleich einen kurzen Monolog zu halten, und habe in diesem Zusammenhang einen Wunsch: Bitte unterbrechen Sie mich nicht! Es wird nicht allzu lange dauern.«

Waldheim nestelt an seiner kupferfarbenen Krawatte herum, dann räuspert er sich, greift nach dem Wasserglas und nimmt einen Schluck.

»Liebe Emma, wir teilen eine große Leidenschaft, die Liebe zu antiken Möbeln. Über diese Passion haben wir uns in den letzten zehn Jahren sehr gut kennengelernt. Wir verstehen uns blendend und haben eine Menge Zeit miteinander verbracht, die mir übrigens niemals lang geworden ist.«

Und diese schöne Zeit soll nun zu Ende gehen? Ich muss an die vielen Antiquitätenmessen in ganz Europa denken, die ich mit Waldheim besucht habe. Er hat die Flüge und Hotels bezahlt, buchte stets Business-Class und Fünf-Sterne-Hotels, weil er großen Wert auf meinen fachlichen Rat legte. Schließlich wollte er nichts einkaufen, von dem es sich nicht gelohnt hätte, dass ich es wieder in neuem Glanz erstrahlen ließ. Verdammter Mist, ich mochte diese Reisen. Auch wegen Waldheim. Er ist ein humorvoller und kultivierter Begleiter. Außerdem hat er niemals versucht, die Situation auszunutzen. Auch, wenn es nach erfolgreichen Geschäften etwas zu feiern gab und es anschließend in den Hotelbars manchmal sehr spät geworden war. Und damit soll auf einmal Schluss sein? Ich spüre eine leichte Panik in mir aufsteigen.

»Nun, wie Sie wissen, bin ich nicht mehr der Jüngste. Und in meinem Alter wird es immer wichtiger, bedeutsame Entscheidungen nicht auf die lange Bank zu schieben. Ich denke dabei an mein Privatleben.«

Waldheim atmet tief durch. Verdammt, er will sich echt zur Ruhe setzen, der Fall ist sonnenklar.

»Hinzu kommt: Wir leben derzeit beide allein … man könnte auch sagen, wir sind Singles. Dass Sie sich von diesem Michael Dengler getrennt haben, war übrigens eine kluge Entscheidung, ich beglückwünsche Sie ganz ausdrücklich zu diesem Schritt. Der Mann taugt nichts, glauben Sie mir, ich habe für solche Charaktere einen Blick.«

Waldheim nippt erneut an seinem Wasserglas.

»Vermutlich beginnt er allmählich zu ahnen, was er an Ihnen hatte. Das geschieht ihm recht. Ich hingegen erlaube mir, Ihnen zu gestehen, dass ich schon seit Jahren weiß, was für ein wunderbares Geschöpf Sie sind. Dass ich Ihre fachliche Expertise und Ihre handwerklichen Fähigkeiten sehr schätze, wissen Sie ja. Doch meine Begeisterung geht weit darüber hinaus: Sie sind eine außergewöhnlich attraktive Frau mit einer ganz zauberhaften Ausstrahlung und einer Unbefangenheit und Natürlichkeit, die mich immer wieder fasziniert.«

Waldheim hat mich die ganze Zeit angeschaut, jetzt senkt er den Blick und schließt für einen Moment die Augen. Mir läuft ein Schauer über den halb nackten Rücken. Es ist eine Mischung aus Betroffenheit und Erleichterung, die mich schier überwältigt. Wie konnte ich die Situation nur so völlig falsch einschätzen? Dieser Mann ist wirklich liebenswert und ich schäme mich bereits dafür, dass ich seinen Antrag nicht annehmen werde. Waldheim atmet tief durch, dann hebt er den Blick. Wir schauen uns in die Augen und ich erkenne, dass auch er um Fassung ringt.

»Und last, but not least: Ich habe außer einem vollkommen fehlgeleiteten Neffen niemanden, dem ich mein Geschäft und meinen Besitz hinterlassen kann – ich fände es jammerschade, wenn sich am Ende Vater Staat das alles einverleiben würde. Kurz und gut, liebe Emma, ich würde Sie gerne heiraten.«

»Ich, ich …« Ich hasse es, wenn ich spüre, dass mir die Tränen kommen. Schon verschleiert sich mein Blick. »Mein lieber Waldheim, das haben Sie ganz wunderbar gesagt …«, bringe ich heraus und schnäuze in meine Serviette.

»Hören Sie, liebe Emma, Sie müssen jetzt gar nichts sagen.« Waldheim greift nach seinem Weinglas. Mit einem Mal wirkt er wieder ganz gelassen, ganz souverän – Waldheim der Grandseigneur. »Sie lassen das einmal einwirken, wie eine ihrer speziellen Möbelpolituren. Und morgen oder übermorgen, vielleicht auch erst nächste Woche, geben Sie mir eine wohlüberlegte Antwort, nicht wahr?«

Ich nehme ebenfalls mein Glas in die Hand und stoße mit ihm an.

»Auf eine wohlüberlegte Entscheidung«, sagt er und lächelt verschmitzt, als die großen Gläser klingen.

»Und bedenken Sie bitte auch die praktische Seite: Ich führe einen gut gehenden Antiquitätenhandel, Sie sind eine hervorragende Restauratorin. Ich glaube, man nennt das Synergien. Wie auch immer, zusammen wären wir ein unschlagbares Team. Sie könnten meine Werkstatt übernehmen, das spart Zeit und Kosten.«

Der Beste kommt zum Schluss

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