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Kapitel 12

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»Was machst du denn hier?«, ruft Mareike und wirft sich einem schlanken Kerl mit halblangen, dunklen Haaren an den Hals.

»Das gleiche wie du, Schätzchen«, sagt Tom und grinst.

»Du weißt doch, dass ich nur richtige Männer mit nach Hause nehme«, antwortet Mareike und kneift ihrem Bruder in die Wange.

»Aber du weißt auch, dass in jedem Kerl ein verkappter Homo steckt. Stell dir vor, vielleicht finden wir ja einen, den wir uns teilen können.«

Ich mag Tom. Er ist hübsch, intelligent und ein bisschen selbstverliebt wie alle Schwulen, die ich kenne. Aber er hat Humor, was sich vor allem darin zeigt, dass er über sich selbst lachen kann.

»Hey, Emma, lange nicht gesehen.« Tom schließt mich in seine Arme. »Wie geht es dir, meine Liebe?«

»Beschissen«, sage ich und winke ab. »Darf ich dich zu einem Drink einladen?«

»Sag bloß, du hast Geburtstag?«, fragt mein Gegenüber, um sich die Antwort gleich selbst zu geben: »Klar, das ist es, du hast doch im August, jetzt fällt es mir wieder ein.«

Mareike hat einen freien Barhocker herangezerrt, auf dem Tom nun Platz nimmt. Er schlägt die Beine übereinander und stützt sein unrasiertes Kinn in der Hand ab, was, wie ich finde, ziemlich schwul aussieht. Tom kommt normalerweise überhaupt nicht tuntig rüber. Doch jetzt scheint er allen zeigen zu wollen, welche sexuelle Präferenz bei ihm vorliegt.

»Was trinkt ihr denn?«, fragt er.

»Tequila«, sagt Mareike und setzt das lippenstiftverschmierte Glas an. Dann kippt sie den restlichen Inhalt hinunter und knallt es auf die Theke.

Ich ordere Nachschub. Wenig später steht ein kleines Tablett mit drei Schnapsgläsern, ein paar Zitronenvierteln und einem Salzstreuer vor uns auf dem Tresen.

»Vielleicht weiß Tom ja, wie die richtige Reihenfolge geht?«, frage ich, doch der zuckt nur mit den Schultern.

»Keine Ahnung«, lautet seine verbale Bestätigung.

Also beschließen wir, dem Problem mithilfe systematischer Studien auf den Grund zu gehen, und führen folgende wissenschaftliche Testreihe durch:

1. Zitrone beißen, Salz lecken, Tequila kippen.

2. Zitrone beißen, Tequila kippen, Salz lecken.

3. Salz lecken, Tequila kippen, Zitrone beißen.

4. Salz lecken, Zitrone beißen, Tequila kippen.

5. Tequila kippen, Zitrone beißen, Salz lecken.

6. Tequila kippen, Salz lecken, Zitrone beißen.

Weitere Möglichkeiten fallen uns auch nach längerem Nachdenken nicht ein.

Ich finde Variante Nr. 3 am besten, weil der Schnaps nach dem Salz würziger schmeckt und die Zitrone am Schluss den Alkohol neutralisiert. Das verschafft die Illusion eines frischen Atems, den von uns natürlich niemand mehr hat. In einer weiteren Runde darf jeder seine Lieblingsvariante trinken.

Jetzt, da sämtliche Hemmungen abgebaut sind, weiht Tom mich in seine Theorie ein, warum alle Männer eigentlich schwul, aber mindestens bi sind.

»Penis«, sagt er und fasst sich in den Schritt. »Männer sind total fixiert darauf. Aber sie dürfen immer nur am eigenen Ding herumspielen. Die der anderen sind nämlich spätestens seit dem Kindergarten tabu. Dabei wollen sie so gern auch mal einen fremden Schwanz auf Länge bringen, verstehst du?«

Tom lässt seinen zum Glück wieder los und greift stattdessen nach seinem Tequila.

»Und außerdem wissen Männer natürlich am besten, worauf so ein Lümmel steht, sind ja absolute Experten darin, sozusagen. Aber das wird alles fein säuberlich verdrängt und deshalb gibt das kein Hetero zu. Würden die alle mal in sich gehen, dann sähe das ganz anders aus.«

Wunschdenken, stelle ich fest, und eine Spur zu laut vorgetragen, während wir uns aus glasigen Augen anstieren. Aus Taktgefühl nicke ich jedoch verständnisvoll und halte die Klappe. Eine halbe Stunde später sind Tom und ich völlig hinüber, während Mareike fröhlich erklärt, dass sie noch einen Absacker im Vier-Drei-Neun nehmen will. Ich zahle die Rechnung. Vor der Rossi-Bar trennen sich unsere Wege. Tom, der in Bremen Schiffbau studiert, fragt, ob er ausnahmsweise bei Mareike pennen darf, was diese entschieden zurückweist.

»Und wenn ich gleich noch einen Süßen klar machen kann, was dann?«

Tom guckt beleidigt und ich biete ihm meine Schlafcouch an. Irgendwie schaffe ich es, uns mit Hilfe meines Handys ein Taxi zu bestellen.

Ich liege im Bett und schaue an die Decke, alles dreht sich! »Scheiße, das ist mir schon lange nicht mehr passiert«, sage ich laut und verschreibe mir eine mindestens zweiwöchige Alkoholpause. Zusteigen bitte und die Augen schließen, ruft der Schaffner, und schon fährt das Karussell wieder an. Mir ist so schlecht. Die Frage ist: Was kommt eher, der Schlaf oder der Brechreiz? Immerhin habe ich es geschafft, einen Mann mit nach Hause zu nehmen, denke ich, und er hat sogar das Taxi bezahlt. Kurz darauf schlafe ich ein.

Der Beste kommt zum Schluss

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