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Kapitel 8 – Phil

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Ich sah Lucian hinterher und ging nur kurze Zeit später wieder zu unserem Haus zurück. Gerade als ich die Tür wieder hinter mir schließen wollte und mich dafür noch ein letztes Mal umdrehte, stand plötzlich wieder eine Person vor mir.

Dieses Mal jedoch nicht Lucian, sondern jemand, den ich hier nie, aber wirklich niemals, erwartet hätte. Es war ein Mädchen, mehr eine Frau. Eine mir nur zu gut bekannte Frau. Sie sah schwach aus, ein wenig blass, und dennoch gab es keinen Zweifel, dass sie es war. Mein ganzer Körper spannte sich an und mein Herz schlug unnatürlich schnell, während ich zusah, wie meine Tasse Kaffee wie in Zeitlupe aus meiner Hand zu Boden fiel und in tausende Scherben zersprang. Jedoch war mir das gerade vollkommen egal, ich konnte den Blick einfach nicht von dem bekannten Gesicht vor mir abwenden. Also sah ich die Frau vor mir nur mit geweiteten Augen an, in die mir, ohne dass ich es verhindern konnte, Tränen traten und konnte nur ungläubig mit erstickter Stimme ein einzelnes Wort flüstern: „Mom?“

Fassungslos sah ich die Frau vor mir an. Sie sah noch ziemlich schwach und verdreckt aus, aber es gab keinen Zweifel: Das war meine Mutter, auch wenn es eigentlich unmöglich war.

Sie öffnete ihren Mund und obwohl ihre Worte mehr ein heiseres Krächzen war, wusste ich genau, was sie gerade sagte. „Phil. Phelipe. Mein Kleiner…“

Ich sah, wie ihr ebenfalls die Tränen in die Augen stiegen, während sie mich musterte. Es war zwölf Jahre her, dass ich sie das letzte Mal gesehen hatte. Ich hatte mich in dieser Zeit deutlich verändert, aber sie sah noch genauso aus wie an ihrem letzten Lebenstag vor zwölf Jahren. Ich würde dieses Bild nie vergessen, selbst ihre Kleidung war noch dieselbe.

„Das ist nicht möglich“, flüsterte ich kaum hörbar. „Du bist tot, seit Jahren. Wie kannst du jetzt wieder leben? Das ist nicht möglich!“

„Doch… Es ist wahr, mein Kleiner. Ich… lebe. Ich weiß nicht,… wie es… möglich ist. Aber ich lebe“, brachte sie heraus, wobei ihre Stimme so klang, als hätte sie sie seit zwölf Jahren nicht mehr verwendet. Was ja auch vermutlich der Fall war, sie war schließlich tot gewesen.

Aber ich wollte nicht mehr darüber nachdenken, wie und ob es überhaupt sein konnte, dass sie wieder am Leben war. Ich wollte wenigstens für einen Moment daran glauben, dass das hier vor mir wirklich meine Mutter war. Ich wollte einfach nur noch meine Mom.

Ich bemerkte nur am Rande, dass meine Tränen mittlerweile ungehemmt über meine Wangen liefen, während ich über die Scherben der zerbrochenen Kaffeetasse auf meine Mutter zustürzte. Sofort schloss sie ihre Arme um mich und ich drückte mich fest an sie, wobei ich mein Gesicht an ihrer Schulter verbarg. Ich merkte, wie ich anfing, hemmungslos zu schluchzen. All meine Gefühle, die ich verdrängt und unterdrückt hatte, waren mit einem Schlag wieder da. Die gesamte Trauer über den Verlust meiner Mom, die Wut, die Verzweiflung, der Frust, dass ich sie nie wiedersehen würde… Und dennoch stand sie jetzt wieder hier vor mir, hielt mich in ihrem Arm und versuchte, mich wieder zu beruhigen, während sie selbst mindestens genauso sehr weinte wie ich.

Für einen Augenblick war alles wieder wie früher und ich konnte einfach die Nähe meiner Mom genießen. Ich wollte, dass dieser Moment nie wieder endete. Das Einzige, was ich noch wollte, war, bei meiner Mom zu sein. Und auch wenn ich wusste, dass das hier eigentlich gar nicht möglich war, war ich noch nie in meinem Leben so glücklich und erleichtert gewesen.

Ich wusste nicht, wie lange wir so dastanden und ich einfach nur die Nähe meiner Mom genoss, aber irgendwann löste ich mich von ihr, als ich die Stimme meiner Cousine hinter mir hörte.

„Phil?“, fragte sie verschlafen und ich drehte mich zu ihr um, konnte mich jedoch nicht überwinden, meine Mom loszulassen. Seit so vielen Jahren vermisste ich sie, mehr als alles andere, ich würde sie vermutlich nie wieder freiwillig gehen lassen können. Ich lächelte Mayla glücklich an, noch immer weinend, doch mittlerweile waren es nur noch Tränen der Freude über die Rückkehr meiner Mom.

„Tante Anni?!“, rief sie kurz darauf überrascht und rannte etwas näher auf uns zu, blieb jedoch einige Meter von uns entfernt stehen. Sie konnte es anscheinend kaum glauben, dass sie es wirklich war.

Wirklich realisiert hatte ich das schließlich auch noch nicht, ich hatte immer noch das Gefühl, dass ich nur für einen Moment die Augen schließen musste und sie dann wieder weg wäre. Aber immer, wenn ich blinzelte und meine Augen wieder öffnete, sah ich wieder aufs Neue, wie sie hier direkt neben mir stand. Ich hörte ihr schlagendes Herz, ihre mittlerweile wieder regelmäßige Atmung, ich roch ihren vertrauten Geruch und konnte ihre Körperwärme spüren. Ich wusste, dass ich meine Mom endlich wiederhatte, nach zwölf langen Jahren, aber wirklich glauben konnte ich mein Glück dennoch nicht wirklich.

„Hallo, Mayla“, lächelte sie meine Cousine leicht an, ohne mich loszulassen.

„Das ist nicht möglich…“, flüsterte diese daraufhin und sprach so unbewusst auch meine ersten Gedanken aus.

„Ich weiß. Aber ich bin trotzdem hier. Ich… ich lebe wieder“, stellte Mom fest und lächelte noch ein wenig mehr, als ihr die volle Bedeutung ihrer Worte bewusst wurde. „Ich lebe wieder!“

„Wie kann das sein?“, fragte Mayla und sah fassungslos abwechselnd zwischen mir und meiner Mutter hin und her.

Ich sah, wie Mom wieder den Mund öffnete, zweifellos, um ihr wie mir zu erklären, dass sie es nicht wusste, aber bevor sie etwas sagen konnte, unterbrach ich sie, indem ich sie zu unserem Haus zog. „Komm, lass uns erst reingehen. Lucian läuft hier noch irgendwo rum und ich will nicht, dass das hier jeder sofort sieht und dann alle ankommen und wissen wollen, was passiert ist.“ Zuerst wollte ich schließlich alles erfahren, was nach Moms Tod mit ihr passiert war.

Sofort ging Mayla ins Haus zurück und meine Mutter und ich folgten ihr, wobei sie mich mit einem Blick ansah, der zeigte, wie überrascht sie von mir war. Ich hatte mich nun mal in den zwölf Jahren verändert, sehr sogar. Ich war nicht mehr der kleine, naive Junge von damals, aber ich war mir sicher, dass das kein Problem werden würde. Hoffte ich wenigstens.

„Tante Anni?“, fragte meine Cousine leise, als wir unser Haus betraten.

„Was ist los, Mayla?“, antwortete sie sanft, sodass mir vor Sehnsucht nach meiner Mom fast wieder der Atem wegblieb, obwohl sie direkt vor mir stand. Es war wie damals, vor zwölf Jahren, als ich mit sieben meine Mutter verloren hatte und daran beinahe zerbrochen wäre. Ich hatte nachts nie schlafen können, da mich die Albträume wachgehalten hatten und hatte mehrere Jahre nicht mehr ehrlich gelacht. Ich war nie wirklich über ihren Verlust hinweggekommen und sie jetzt zu sehen, wie sie hier vor mir stand, so lebendig, als wäre alles wie früher… Es machte mich einerseits glücklich, aber auf der anderen Seite hatte ich dadurch nur noch mehr Angst, dass sie nur eine Illusion war, die verschwinden würde, sobald ich nur einmal blinzelte oder sie nicht mehr berührte.

„Es… Es tut mir leid…“, murmelte Mayla leise, während ich die Tür hinter uns schloss, und riss mich so aus meinen Gedanken.

„Was? Wieso? Was hast du denn falsch gemacht?“, fragte Mom verwirrt.

„Ich… ich war schuld an deinem Tod. Wenn ich nicht gewesen wäre, wärest du nie gestorben. Ich hätte das alles verhindern können“, flüsterte sie und sah dabei auf den Boden.

Sofort stand meine Mom neben ihr und hob das Gesicht ihrer Nichte an, was ehrlich gesagt ziemlich merkwürdig aussah, wenn beide in etwa das gleiche Alter hatten. „Ja, Mayla, ich bin für dich gestorben. Aber achte auf den genauen Wortlaut: Für dich, nicht wegen dir. Du bist nicht schuld an meinem Tod. Die Einzigen, die wirklich schuld sind, sind ich, weil ich mich selbst getötet habe, und Zoë und ihre Töchter der Natur, die mich zu dieser Entscheidung zwangen. Du warst sieben Jahre alt, Mayla, und ich wollte nicht nur dich beschützen, sondern unsere gesamte Familie. Und das war nun mal nur so möglich. Ich hätte es mir nie verzeihen können, wenn jemand von euch von den Töchtern der Natur verletzt worden wäre, nur weil ich zu feige und egoistisch war, diesen Schritt zu gehen. Also nein, du bist nicht schuld an meinem Tod und du hättest ihn auch mit keiner einzigen Handlung verhindern können. Du wusstest ja nicht einmal, dass du das Hauptziel von Zoë warst.“

Mayla schwieg während dieses Vortrags nur und lächelte ihre Tante dann zögernd an, während ich mich schon mal ins Wohnzimmer auf die Couch setzte.

„Mom? Kannst du uns erzählen, was passiert ist, nachdem… du dich umgebracht hast?“, fragte ich leise als sich die beiden auch ins Wohnzimmer neben mich setzten.

Ich bemerkte, wie sie leicht schluckte, dann aber vorsichtig nickte. „Ich habe zwar nicht mehr sehr viele, klare Erinnerungen daran, die man beschreiben könnte, aber ich werde versuchen, die richtigen Worte zu finden… Nachdem ich gestorben war, hatte ich für einen Moment das Gefühl, schwerelos zu sein. Ich schwebte sozusagen über meinem Körper und konnte euch alle noch ein letztes Mal ansehen. Das ist meine letzte Erinnerung, die ich an dieses Leben habe. Danach wurde alles strahlend hell. Es war nicht wirklich weiß, und auch nicht schwarz, es war weder Licht noch Dunkelheit… Es ist schwer zu beschreiben und unmöglich, es sich vorzustellen, wenn man es nicht selbst erlebt hat, aber das war wohl das, was man als Nichts bezeichnet. Und das war es auch, was ich tun konnte: Nichts. Ich hatte keinen Körper mehr, also auch keinen Drang zu atmen, ich hatte keine Hülle, es war einfach nur noch ich. Es war ein merkwürdiges Gefühl, eine ungewohnte Leichtigkeit. Wenn du keinen Körper mehr hast, und keinen Verstand, dann nimmst du nicht mehr wirklich etwas wahr. Du siehst nichts mehr, hörst nichts, riechst nichts. Du kannst nicht mehr schmecken und nicht spüren, aber dennoch fühlst du alles, was um dich herum geschieht. Ich konnte nichts mehr mit meinen Sinnen wahrnehmen, war aber gleichzeitig auch nicht mehr auf sie angewiesen, da ich instinktiv genau wusste, wo ich war und was passierte. Ich konnte nicht mehr nachdenken, keinen klaren Gedanken fassen, aber dennoch waren meine Gedanken nur bei dir, Phil. Ich hatte zwar kein Gehirn mehr und auch keine Erinnerungen, was in meinem Leben passiert war, weil ich nur noch meine Seele war. Aber ich spürte noch immer all die Gefühle aus meinem Leben in mir, auch wenn ich sie nicht mehr direkt zuordnen konnte. Ich wusste nur noch, dass da jemand war, auf den ich aufpassen und den ich beschützen musste. Gleichzeitig spürte ich ein Drängen, das von außen kam und mich immer hin- und herschob. Ich weiß, wie verrückt das klingt, aber ich hatte das Gefühl, dass ich sozusagen… zugeteilt werden sollte. Ich war nicht alleine in diesem Nichts, aber die anderen Seelen, die vermutlich von den verstorbenen Töchtern der Natur kamen, verschwanden mit der Zeit. Ich glaube, dass sie aufgeteilt wurden, so wie ich es eigentlich auch sollte. Einige dieser Seelen wurden meiner Meinung nach der Hölle zugewiesen oder was dem am nächsten kommt und die anderen haben Frieden gefunden. Aber ich blieb die ganze Zeit in dieser Zwischenwelt. Wahrscheinlich war ich wohl zu gut für die Hölle und konnte dich gleichzeitig nicht einfach gehen lassen, sodass ich auch keinen Frieden finden konnte… Jedenfalls war ich die ganze Zeit in diesem Nichts, bis irgendwann plötzlich alles schwarz wurde und ich erst wieder hier auf dieser Erde aufwachte. Es war auf jeden Fall unglaublich verwirrend und wahrscheinlich klingen meine Worte noch verrückter als es für mich schon ist, aber das sind meine einzigen Erinnerungen von dem Leben nach meinem Tod.“

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