Читать книгу My new life in a magic town - Lindsey Moon - Страница 6
Kapitel 3
ОглавлениеMary. Meine Mom. Was sollte ich denn jetzt darauf noch sagen? Ich schwieg, und auch Mayla schien nicht so recht zu wissen, was sie sagen sollte.
„Ähm… Ich meine… Ist sie wirklich wieder am Leben?“, fragte Isabel noch einmal unsicher nach und ich konnte es ihr nicht wirklich verübeln. Sie war schließlich ihre Schwester und anscheinend hatte sie sie seit 19 Jahren nicht mehr gesehen. Seit meiner Geburt und ihrem vorgetäuschten Tod, um genau zu sein.
„Sie war nie tot“, fing ich ohne Gefühle in meiner Stimme an. „Sie ist nur weggegangen, um jemanden zu beschützen. Vor etwa 12 Jahren ist sie aber wirklich gestorben, endgültig.“
Isabel schluckte merklich. Anscheinend schien sie sich doch um ihre Familie und Freunde zu kümmern. „Darf… Darf ich fragen, wie sie gestorben ist?“, fragte sie leise, ohne uns in die Augen zu sehen.
„Wieso willst du das wissen?“, fragte Mayla, die zu bemerken schien, dass mir dieses Thema unglaublich unangenehm war.
„Na ja… Sie ist… war… meine Schwester…“, stotterte Isabel unsicher.
Ich sah emotionslos geradeaus, als ob ich sie nicht gehört hätte und wich somit Maylas Blick aus, die mich sofort fragend ansah. Ihr schien dabei allerdings auch klar zu werden, dass das keine sehr neue Information mehr für mich war und auch wenn sie nicht wusste, woher ich es wusste und wieso ich ihr nichts davon gesagt hatte, schien sie es zu akzeptieren. Zumindest vorerst.
„Ähm… habe ich was Falsches gesagt?“, fragte meine Tante verunsichert, als keiner von uns antwortete, und verschränkte wieder die Arme vor der Brust, um selbstbewusster und sicherer aufzutreten.
„Nein. Sie hat Selbstmord begangen“, antwortete ich ihr mit kalter Stimme. Nach all den Jahren tat es immer noch weh, und ich wollte es lieber verdrängen als vor einer Fremden in Tränen auszubrechen, ob sie jetzt meine Tante war oder nicht.
„Phil!“, rief Mayla empört aus, als sie die Kälte in meiner Stimme hörte, die klar machen sollte, dass mir das ziemlich egal war.
„Was denn? Es ist doch so. Sie hat sich selbst umgebracht. Um ihre Familie zu beschützen, hat sie sich geopfert, aber Selbstmord war es trotzdem“, meinte ich stur. Mir war bewusst, dass Mom nicht wirklich eine Wahl gehabt hatte und ich hätte an ihrer Stelle vermutlich nicht anders gehandelt, aber weh tat es trotzdem.
„Oh… Ja, das klingt wirklich nach Mary…“, murmelte Isabel traurig. „Ich würde jetzt gerne alleine sein.“
„Natürlich“, meinte Mayla und wandte sich zum Gehen. Bevor sie mich jedoch mitziehen konnte, drehte ich mich noch einmal kurz zu Isabel um.
„Das heißt jetzt also, wir müssen nicht damit rechnen, von dir oder jemand anderem in dieser Stadt im Schlaf gepfählt zu werden?“
„Ich rede mit meinen Freunden, wir wollen auch keinen Streit mit euch“, meinte Isabel noch, bevor ich dem Drängen meiner Cousine nachgab und mit ihr verschwand, während meine Tante wieder zurück in ihr Haus ging.
„Was war das gerade?“, fragte Mayla mit verschränkten Armen, als die Tür hinter uns ins Schloss fiel.
„Was soll gewesen sein?“, fragte ich sie gespielt ahnungslos.
„Du weißt genau, was ich meine. Seit wann wusstest du, dass Isabel Marys Schwester ist? Wieso hast du es mir nicht erzählt? Und…“ Kurz stockte sie und fügte dann leiser hinzu: „Wieso warst du so… emotionslos als du über Mary geredet hast? Das war gruselig.“
„Okay… Ich weiß es auch erst seit gerade eben, als ich bemerkt habe, dass Isabels Nachname Dean ist und so hatte ich keine Gelegenheit mehr, dir das zu sagen. Zufrieden?“
„Ja, ich… Tut mir leid“, murmelte Mayla leise, sah mich dann aber noch einmal fragend an. „Und was war jetzt mit… meiner anderen Frage?“
„Wieso willst du das überhaupt wissen?“, antwortete ich ausweichend mit einer Gegenfrage.
„Ich weiß nicht. Du bist mir eben wichtig, Phil. Und du hast mir ehrlich gesagt ziemliche Angst gemacht, dass du so locker und… gefühlslos von dem Tod deiner Mutter gesprochen hast. Denkst du wirklich so? Also, dass sie selbst schuld an ihrem Tod war?“
„Ich weiß nicht, was ich glauben soll“, antwortete ich ihr ehrlich und seufzte leise. „Ich weiß überhaupt nicht, was ich über Moms Tod denken soll. Auf der einen Seite verstehe ich ja, dass sie nicht wirklich eine andere Wahl hatte und einfach nur alles getan hat, um ihre Familie zu beschützen. Um uns zu beschützen… Aber auf der anderen Seite enttäuscht es mich einfach nur, dass sie mich verlassen hat. Klar, hat sie sich das auch nicht wirklich ausgesucht und sie hatte auch recht, als sie meinte, das wäre der einzige Weg, aber verletzend ist es trotzdem. Ich denke, dass ich es wirklich am schlimmsten finde, dass es niemanden mehr gibt, dem ich die Schuld an ihrem Tod geben kann. Zoë und alle Töchter der Natur leben nicht mehr und letztendlich hat Mom sich doch selber umgebracht… Auch wenn sie es für uns getan hat, war es immer noch Selbstmord.“
Mayla schwieg daraufhin nur, was mir ziemlich gelegen kam, da ich mir jetzt nicht auch noch einen Vortrag darüber anhören wollte, dass es nicht Moms Schuld gewesen war. Das wusste ich schließlich auch selber. Es fühlte sich nur trotzdem so an. Irgendwann hielt ich die Stille aber selbst nicht mehr aus, sodass ich leise fragte: „Was meinst du denn dazu? Ich meine, denkst du, dass es ihre eigene Schuld war oder nicht?“
„Ich glaube nicht, dass Mary schuld an ihrem Tod ist. Sie wollte dich schließlich nie verlassen, sie wurde zu dieser Tat gezwungen. Eigentlich denke ich, dass die wahre Schuld bei mir liegt.“
„Was? Nein! Wie kommst du denn auf so eine Idee?“, widersprach ich ihr sofort. Wieso sollte es Maylas Schuld sein? Sie konnte da doch am wenigsten für.
„Doch, natürlich. Die Töchter der Natur waren damals nur wegen mir da. Sie wollten nur mich, nie irgendjemanden sonst aus unserer Familie. Ich war der einzige Grund für ihre Anwesenheit und deshalb bin ich auch schuld an Tante Annis Tod.“ Mit diesen Worten drehte sie sich wieder um und ging mit festen Schritten weiter in Richtung Stadtinneres und ich folgte ihr sofort.
Sobald ich sie mit schnellen Schritten eingeholt hatte, sah ich sie im Gehen von der Seite an und meinte: „Aber du hättest es auch nicht verhindern können. Was hättest du auch tun sollen? Dich selbst opfern?“
„Zum Beispiel“, sagte Mayla nur, auch wenn ich das eigentlich nicht ernst gemeint hatte.
„Du warst sieben, Mayla. Sieben Jahre alt. Niemand kann von dir verlangen, dich selbst zu opfern, wenn du noch ein Kind bist. Außerdem wusstest du nicht einmal, dass Mom sich umbringen wollte. Niemand wusste das, bis es zu spät war.“
„Trotzdem… Wenn ich gleich zu Zoë gegangen wäre, sobald klar war, dass sie nur mich wollte… Wenn ich mich einfach umgebracht hätte… Es wäre nie so weit gekommen, dass Tante Anni entführt worden wäre. Sie wäre nie mit Zoë verbunden worden und hätte nie sterben müssen. Ich hätte das alles verhindern können.“
„Du weißt nicht, was passiert wäre, das kannst du nicht wissen. Es wäre gut möglich, dass Zoë nicht bei dir aufgehört hätte. Das ist sogar extrem wahrscheinlich. Als nächstes hätte sie mich angegriffen und danach unsere komplette Familie. Wir hätten nie Ruhe vor ihr gehabt, dafür war sie einfach viel zu psychopathisch und besessen von uns. Und selbst wenn es etwas verändert hätte, zu dem Zeitpunkt hattest du noch keine Ahnung, was alles passieren würde. Du dachtest, dass wir einen Ausweg finden würden, mit dem wir die Töchter besiegen und unsere Familie unverletzt behalten können. Und nicht nur du hast das gedacht, wir alle dachten das. Einschließlich meiner Mom. Keiner von uns hätte es ertragen können, wenn du gestorben wärest und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir uns dann an Zoë gerächt hätten, sodass dieser Kampf letztendlich das gleiche Ende gefunden hätte, wenn nicht sogar ein schlimmeres. Auch wenn ich es nicht gerne sage, Moms Tod war wohl im Vergleich zu anderen Auswegen das kleinste Übel.“
„Danke“, murmelte Mayla leise und ich sah sie fragend an.
„Wofür?“ Ich hatte schließlich nichts gemacht.
„Dafür, dass du mich nicht hasst.“
„Könnte ich nie. Du bist doch meine Lieblingscousine“, lächelte ich sie leicht an. „Und? Wohin gehen wir gerade eigentlich?“ Wir waren schließlich nicht auf dem Weg nach Hause, wie ich erst jetzt bemerkte.
„Zum Friedhof“, lautete ihre Antwort nur und ich blieb vor lauter Überraschung unwillkürlich stehen.
„Was?“, fragte ich nach. Hatte sie gerade wirklich Friedhof gesagt?
„Zum Friedhof von Magic Spring“, wiederholte sie aber nur, während sie einfach weiterging, sodass ich ihr schnell wieder nachlief.
„Okay… Und wieso?“
„Das wirst du dann schon sehen“, meinte meine Cousine nur geheimnisvoll und ich verdrehte leicht die Augen. Konnte sie es mir nicht auch einfach sagen? Sie wusste doch, wie neugierig ich immer war. Ich hasste Überraschungen.
„Du weißt, dass unser Auto immer noch vor Isabels Haus steht?“, fragte ich sie also, hauptsächlich nur, um mich abzulenken.
„Ja, das weiß ich. Aber wir können es ja nachher noch wieder mitnehmen. Oder morgen, aber das ist auch ziemlich egal.“
Ich seufzte nur leise und lief weiter neben ihr her. Sie schien erstaunlich gut zu wissen, wie man zum Friedhof kam. „Seit wann kennst du dich hier so gut aus?“
„Ich hatte eh vor, mal mit dir dort hinzugehen, also habe ich den Weg schon früher rausgesucht. Aber ich denke, einen sehr viel passenderen Moment als jetzt gerade wird es wohl nicht geben“, erklärte Mayla.
„Könntest du bitte aufhören, so mysteriös zu sein und mir einfach sagen, was wir auf dem Friedhof von Magic Spring wollen?“, bat ich sie so freundlich wie möglich, als ich mich irgendwann nicht mehr zurückhalten konnte.
„Das könnte ich, liebster Cousin, ja. Aber es ist einfacher, wenn du es selber siehst, wir sind ja bald da.“
„Wieso ist es einfacher, wenn ich es selber sehe? So schwer zu erklären kann es doch jetzt auch nicht sein…“, hakte ich weiter nach, doch sie schüttelte nur leicht grinsend mit dem Kopf.
„Ich will dir einfach was zeigen, Phil, okay? Vielleicht ist es auch eine ziemlich blöde Idee von mir und vielleicht bist du danach auch total… merkwürdig drauf und vielleicht verlierst du auch kein Wort mehr darüber, aber ich denke einfach, dass ich es dir zeigen sollte. Du hast ein Recht darauf.“
„Und worauf genau? Mayla! Das, was du sagst, ergibt ja vielleicht für dich Sinn, aber für mich überhaupt nicht. Was willst du mir auf einem Friedhof zeigen?“
Klar, vermutlich irgendein Grab oder so. Das wäre jedenfalls das, was am nächsten läge. Aber ich kannte doch niemanden in Magic Spring und bis auf meine Mom und mein Dad, den ich nie kennenlernen durfte, waren doch alle noch am Leben, die mir etwas bedeuteten. Und meine Eltern waren mit Sicherheit nicht hier begraben, ich war schließlich schon oft an ihrem Grab in New Orleans gewesen.
„Das siehst du jetzt gleich schon. Wir sind da.“