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3. Güterabwägung und Wechselwirkungslehre a) Konzept

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In der neueren Literatur wird eine an die Bewertung des Begriffs des „allgemeinen Gesetzes“ i.S.v. Art. 5 Abs. 2 GG anknüpfende Definition gewählt, wonach sich das „für alle geltende Gesetz“ nicht speziell gegen die Religionsgemeinschaft bzw. die Religion wenden dürfe.114 Vielmehr müsse das Gesetz einem unabhängig vom Selbstbestimmungsrecht schützenswerten Recht oder Rechtsgut dienen.115 Das BVerfG folgt diesem Ansatz und wendet in seiner neueren Rechtsprechung, ohne ausdrücklich von früheren Ansätzen abzurücken, einen „differenzierten Verhältnismäßigkeitsmaßstab“ an.116 So wie die Dogmatik zu Art. 5 Abs. 2 GG nicht bei dem Verbot von Sondergesetzen verharrte, sondern einen verfeinerten Schutzstandard mit der Möglichkeit einzelfallgerechter Entscheidungen anstrebte117, trägt das BVerfG mit Zustimmung großer Teile der Literatur118 dem Gedanken der Wechselwirkung kollidierender Verfassungsrechte durch eine besondere Güterabwägung Rechnung.119 Das Selbstbestimmungsrecht der Kirche müsse danach in allen inneren wie äußeren Angelegenheiten der Religionsgemeinschaft mit denjenigen Rechtsgütern abgewogen werden, die durch das einschränkende Gesetz geschützt werden, wobei sich beide Positionen weitestgehend verwirklichen sollen.120

Beim Ausgleich der gegenläufigen Interessen sei die vorbehaltlose Sicherung der korporativen Religionsfreiheit gem. Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG zu beachten, da dem Selbstbestimmungsrecht und dem Selbstverständnis der Religionsgesellschaften in besonderem Maße Bedeutung zukomme.121 Wo die Rechtsordnung das religiöse oder weltanschauliche Selbstverständnis des Grundrechtsträgers voraussetze, verletze der Staat die Eigenständigkeit der Religionsgemeinschaft und ihre verfassungsrechtlich verankerte Selbstständigkeit, „[…] wenn er bei der Auslegung der sich aus dem Bekenntnis ergebenden Religionsausübung das Selbstverständnis nicht berücksichtigen würde […]“.122 Das kirchliche Proprium sei nach Auffassung des BVerfG „[…] als elementarer Bestandteil der korporativen Religionsfreiheit durch Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG verfassungsrechtlich geschützt.“123 Das einschränkende Gesetz müsse demnach stets „im Lichte der Bedeutung“ des Selbstbestimmungsrechts gewertet werden, wobei dessen Auslegung auch Rang und Gewicht des kollidierenden Rechtsguts zu beachten habe.124

Die Integrationsfestigkeit des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts im Rahmen der Kündigung von Arbeitsverhältnissen im Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG

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