Читать книгу Die Integrationsfestigkeit des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts im Rahmen der Kündigung von Arbeitsverhältnissen im Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG - Lisa Maria Völkerding - Страница 34

2. Stellungnahme

Оглавление

Das Selbstbestimmungsrecht gem. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV steht unstreitig in engstem Zusammenhang mit der Religionsfreiheit und ist demnach im Lichte der Religionsfreiheit auszulegen.183 Einzelne Aspekte des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts bedingen nach hier vertretener Auffassung die Freiheit der kollektiven Religionsausübung der Gläubigen und ergeben sich demgemäß bereits aus Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG.184 Insofern tritt Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV hinter den schutzintensiveren Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG zurück.185 Mit Blick auf die Subsumtion von Sachverhalten unter die Rechtsvorschrift ist demnach zu differenzieren, inwiefern die Angelegenheit lediglich einen administrativen Charakter hat oder einen Bezug zur Religionsfreiheit aufweist.186

Eine eigenständige Bedeutung bei gleichzeitiger Anerkennung der Verknüpfung beider Artikel liegt nach überzeugender Ansicht ferner in der Kollisionsfunktion des verfassungsrechtlich gesondert verankerten Selbstbestimmungsrechts. Eingewendet wird, der vorstehende Ansatz biete keine Vorgaben für die Auflösung des Kollisionsverhältnisses, da das Vorrangverhältnis nicht festgelegt werde.187 Die Grenzen des Selbstbestimmungsrechts und damit einhergehend der Anwendungsvorrang können aber auf der Ebene des Schutzbereichs sowie insbesondere der Schrankenbestimmung hinlänglich konkretisiert werden. Art. 140 GG i.V.m. Art 137 Abs. 3 WRV gibt diesbezüglich einen hinreichend ausdifferenzierten „Ausgleichsmechanismus“188 vor.189

Ein die Bedeutung des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 S. 1 WRV in das Deklaratorische verschiebender Ansatz vermag nicht zu überzeugen. Verfassungsrechtliche Normierungen weisen im Zweifelsfall eine eigenständige Bedeutung auf und sind dementsprechend auszulegen.190 Richtigerweise muss die Durchsetzung jeglichen Rechts in weltlichen Angelegenheiten dem staatlichen Gewaltmonopol obliegen und der Staat selbst hat die kirchlichen Normen mit unmittelbarem Geltungsrang auszustatten, soweit Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV dies gebietet. Dies stellt die Annahme einer Kollisionsfunktion aber nicht infrage. Im Falle einer vorrangigen Anwendung kirchlicher Regelungen in weltlichen Angelegenheiten hat der Staat diesem Anwendungsvorrang gem. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV zur Geltung zu verhelfen und ggf. den erforderlichen Rahmen für die insoweit gelebte Religionsfreiheit zu schaffen191. Dieses Durchsetzungsgebot ermächtigt den Staat indes nicht zu einer inhaltlichen Kontrolle kirchlicher Regelungen und ist nicht auf deren Genehmigung ausgelegt.192 Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben eine der staatlichen Säkularisierungstendenz gegenüber „witterungsbeständige“ Entscheidung zugunsten einer Sonderrolle der Religionsgemeinschaft im verfassungsrechtlichen Gefüge gefällt.193

Die Integrationsfestigkeit des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts im Rahmen der Kündigung von Arbeitsverhältnissen im Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG

Подняться наверх