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5.

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Doch nach der ersten Flasche Dom Perignon begann es auch in Stellas Gliedern angenehm zu kribbeln. Sie lehnte sich auf dem Sofa zurück und blickte mit glitzernden Augen in die Runde.

»Habt ihr den letzten Klatsch gehört?« fragte sie.

Das war ihr Spiel. Ein Spiel, das sie schon in der Zehnten zu spielen begonnen hatten, ein Spiel mit fest abgesteckten Revieren und unverschämten Überschreitungen, mit eindeutigen Favoriten und ausgesprochenen Sündenböcken. Es war ein Spiel, das ebenso in ungestümen Kitzelangriffen und Lachkrämpfen wie in heulendem Elend, in Ohrfeigen und regelrechten Schlägereien enden konnte.

Jetzt war es lange her, daß sie es gespielt hatten.

»Was für einen?« schrien die anderen.

Sie begriffen sofort. Die Frage wirkte wie ein Signal, und die Freundinnen waren die Pawlowschen Hunde. Stella schaute sie an.

»Per Gessle ist schwul«, sagte sie langsam, mit offensichtlichem Wohlbehagen. »Ich habe es direkt von einem Musikjournalisten.«

»Hör auf!« brüllte Gunvor. »Das ist nicht wahr!!!«

Per Gessle gehörte ihr, ihr allein. Keine der anderen hatte ihn mit ihr teilen wollen. Die Gruppe »Gyllene tider« gehörte zu ihren Idolen, und sie gestattete niemandem, ihnen, und vor allem Gessle, auch nur ein Haar zu krümmen.

»Ich sitz auf meinem Sofa ... mit schmollenden Lippen ...!« sang Stella aufreizend.

Lizzie und Catta kicherten entzückt.

»Okay«, schrie Gunvor aufgebracht und zeigte mit dem Finger auf Stella, »aber du bist selbst schuld. Du hast es so gewollt!«

»Immer los«, erwiderte Stella.

Gunvor überlegte fieberhaft. Es durfte nicht einfach erfunden sein, so lautete die Regel. Erst mußte ein Gerücht existieren, irgendeine Behauptung mußte der Beschuldigung zugrunde liegen.

Jetzt fiel ihr etwas Wunderbares ein.

»Annabel von Bow Wow Wow arbeitet in Südengland als Kindergartentante!« Gunvor lächelte ein teuflisches Lächeln.

»Du lügst«, sagte Stella.

»Nee, das habe ich tatsächlich auch gelesen«, mischte sich Catta ganz unschuldig ein. »Neulich in einer Popzeitschrift!«

»Ihr seid nicht bei Trost!« sagte Stella und setzte sich auf. »Dann holt doch die Zeitschrift her!«

Die Gruppe Bow Wow Wow war eins ihrer absoluten Idole gewesen. Gleich nach dem Abitur hatte sie sich für kurze Zeit sogar die Haare abrasiert und für fast zweitausend Kronen ein Wildlederkleid mit Federn angeschafft.

»Das kann in einer von denen dort stehen«, sagte Lizzie und zeigte auf einen Haufen von mehreren hundert Musikzeitschriften, die neben einem Bücherregal aufgeschichtet lagen. »Willst du suchen?«

Stella starrte mißtrauisch von Gunvor zu Catta und auf den Stapel Zeitschriften.

»Ich komme drauf zurück«, sagte sie mit einem verschmitzten Augenblitzen. »Glaubt nicht, daß ich eine solche Sache vergesse.«

»Wißt ihr, was ich gehört habe?« fragte Lizzie lächelnd.

»Du hast was gehört?« höhnte Stella. »Wo denn? In der Mütterberatung?«

»Sehr lustig«, erwiderte Lizzie. »Ich habe gehört, daß Nina Hagen nach ihrem Konzert am Freitag bei ›Vickan‹ spielen wird.«

»Nicht möglich!« sagte Catta. »Dort gibt’s doch keine gute Bühne!«

»Redet man über so was in der Mütterberatung?« erkundigte sich Stella.

»Hast du vor hinzugehen?« fragte Gunvor hoffnungsvoll. »Dann komm ich mit!«

»Natürlich gehen wir«, sagte Stella.

Sie sahen sich an. Plötzlich war klar, daß sie hingehen würden. Alle vier. Zusammen.

Die Verwunderung war so groß, daß sie verstummten.

»Was haltet ihr von ein bißchen Musik?« fragte Catta schließlich. »Getz scheint total eingeschlafen zu sein.«

Die Frage war fast überflüssig, so selbstverständlich erschien sie ihnen. Gunvor sprang auf und stieß beinah die neue Champagnerflasche um, die Lizzie mit einem leichten Satz über die Sofalehne vor die Stereoanlage geholt hatte. Es bumste gewaltig, als Gunvor landete, und Stella erschauerte unmerklich. Wie konnte man so dick sein und keine Hungerkur machen?

»Denk an die Nachbarn«, sagte Lizzie. »Die sind hyperempfindlich.«

Gunvor wühlte indes klappernd zwischen den CDs herum. »Das ist ja nur neues Zeug!« sagte sie entrüstet.

»Denk ’n bißchen nach, Gunni«, ließ sich Cattas tiefe Stimme vernehmen. »Das ist das CD-Gestell.«

»Kannst du nicht ›Augen wie Eis‹ auflegen?« fragte Lizzie. »Die steht bei den LPs.«

»Ja!« sagte Stella. »Und dazu ein bißchen ›will dich haben im Duunkeln bei miir‹. Ein Nostalgietrip!«

»Ich weiß genau, was ich nehmen werde«, sagte Gunvor entschlossen, und ihre Augen glitzerten mutwillig.

Sie legte eine CD ein und drehte an den Knöpfen. Die anderen schauten ihr abwartend zu und nippten an ihren Gläsern. Die CD lief an.

»Ich wußte nicht, daß es das hier auf CD gibt«, sagte sie zu Lizzie und grinste über das ganze Gesicht.

Die Wirkung zeigte sich unmittelbar. Die beiden ersten Takte von ›I Never Promised You A Rose Garden‹ mit Lynn Anderson erklangen aus den Lautsprechern. Sie sahen sich alle breit grinsend an. Lizzie stand auf, kroch fast in einen Wandschrank und kehrte mit einem blankgewetzten Baß und einer Gitarre zurück, der zwei Saiten fehlten. Sie warf Stella die Gitarre zu und hängte sich selbst den nicht angeschlossenen Baß über die Schulter. Stella erhob sich zögernd und stellte den Gitarrengurt ein. Catta hatte unterdes eine Haarbürste gefunden, die sie wie ein Mikrofon vor den Mund hielt, während Gunvor vor dem alten Sekretär von Cattas Großmutter auf die Knie gesunken war, mit einem Salatbesteck in jeder Hand.

Catta schließlich wagte es. Sie fiel genau an der richtigen Stelle, mitten in der Strophe, in den Gesang ein und tanzte auf ihre gewohnte Weise zum Text »You’d better look before you leap, still waters run deep, and there won’t always be someone there to pull you out ...«. Stella warf den Kopf in den Nacken und brüllte vor Lachen, als sie das sah, doch dann legte auch sie auf der Gitarre los. Lizzie schlug die Baßsaiten routiniert in Hüfthöhe, obwohl man bei der Musik, die aus den Lautsprechern dröhnte, keinen Ton vernehmen konnte. Gunvor trommelte auf dem Sekretär und zog kleine Schubladen heraus, um die Schlagflächen zu verändern, und hin und wieder gelang es ihr, das eine Salatbesteck ein paar Drehungen durch die Luft zu wirbeln.

Es war tatsächlich wahr; nach nur wenigen Augenblikken machten sie alles genau wie damals. Genau auf dieselbe Weise, als sei überhaupt keine Zeit vergangen, als hätte sich nichts zwischen ihnen verändert.

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