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Curtain Walls

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If your eyes could penetrate the opaque masses of the facades, they would see an incredible spectacle: three hundred thousand, five hundred thousand men and women, perhaps more, at work in a pool of space at the same time. A humanity having broken its millenary destiny which was to be attached to the ground, which is suspended between heaven and earth, going up and down at high speed in clusters of twenty and in sheaves of two hundred. Is it a new scene in purgatory?

It is modern society experimenting on a grand scale with the machinery which will someday enable it to create the "radiant city," when everything will be well calculated, justly valued,

exactly measured out.

(Le Corbusier, When the Cathedrals Were White) 1

In den 1930er Jahren besuchte der Architekt und Architekturkritiker Le Corbusier auf Einladung des MoMA, dem Museum of Modern Art, New York. Sofort war er völlig eingenommen von der imposanten Entwicklung in den Geschäftsvierteln der Stadt. Voller Neugier betrachtete er mit seinem städtebaulichen Blick die in den Himmel von Manhattan ragenden Riesen. Er trat in die Gebäude ein und inspizierte Konstruktion, Grundrisse, Materialien und das Interieur der modernen Büroetagen. Viel Lob fand er dort für die freundlichen, offenen und technisch vollausgestatteten Büros im Vergleich zu denen aus Europa:

Office life, made intensely productive through mechanical rationalization: post office, telephone, telegraph, radio, pneumatic tubes, etc.... thus the benefit of excellent psycho-physiological conditions: luxury, perfection, quality in the whole building-halls, elevators, the offices themselves (quiet and pure air)…. Here I call to mind the business offices of Paris; ah! wretched, mediocre and miserable offices, an unsuspected degradation of the spirit of work-those entrances, those grotesque, ridiculous, idiotic elevators, those dark and bleak vestibules, and the series of dim rooms open on the hubbub of the street or on the dreariness of courts…. Here I wish to evoke the true splendor of the Cartesian skyscraper: the tonic spectacle, stimulating, cheering, radiant, which, from each office, appears through the transparent glass walls leading into space. Space! That response to the aspiration of the human being, that relaxation for breathing and for the beating heart, that outpouring of self in looking far, from a height, over a vast, infinite, unlimited expanse. Every bit of sun and fresh, pure air furnished mechanically.2

Weitaus weniger angetan war er von der äußeren Gebäudeform. Besonders die nach oben hin gestuften Fassaden passten seiner Meinung nach so überhaupt nicht in eine hypermoderne Stadt wie New York. Die Gebäude erinnerten ihn an Zikkurate, die altertümlichen Tempeltürme, die man in Mesopotamien und Babylon vor mehreren Tausend Jahren errichtete und von denen es heute nur noch vereinzelt auf der Welt verstreute Ruinen gibt.3 Moderne Hochhäuser, so meinte er, müssten eine reduzierte und klare Formensprache sprechen. Die Form sollte sich nicht wie eine Kirche oder ein Tempel nach oben hin verjüngen, sondern schlicht, elegant und gradlinig in den Himmel wachsen.4 Auch störte er sich an den damals üblichen Fassaden aus Putz, Sichtbeton und Backstein. Viel zu wenig Sonnenlicht dringt so durch die kleinen Fenster ins Innere. Stattdessen empfahl er ganze Gebäudehüllen aus Glas: „The exterior of the skyscraper, the facade can be a film of glass, a skin of glas. Why repudiate richness itself: floods of light coming in.“5 Le Corbusier hoffte, dass die sich durchsetzende Skelettbauweise zu einem fundamental veränderten Stadtbild beitragen würde. Gigantische Hochhäuser sollten es bald ermöglichen, auf engsten Raum Tausende von Menschen zu konzentrieren. Damit ließe sich in den stark verdichteten Städten viel Platz sparen; Platz, den man dann für Gehwege, Straßen und vor allen Dingen, für Parks, übrig hätte. In seiner Vision von der Zukunft ragten nur einige wenige Wolkenkratzer vertikal wie autonome Stadtteile inmitten einer ansonsten sich flach ausdehnenden grünen Stadt empor: „The glass skyscrapers will rise up like crystals, clean and transparent in the midst of the foliage of the trees.“6


Abb. 10: Seagram Building in New York City, eröffnet 1958, Architekten: Ludwig Mies van der Rohe, Philip Johnson; Quelle: Wikipedia

Ganz so weit ist es schließlich nicht gekommen, aber die neue Fassadenbautechnik veränderte zumindest das äußere Erscheinungsbild moderner Hochhäuser. In den folgenden Jahrzehnten sollten Architekten wie Le Corbusier, Walter Gropius und Mies van der Rohe die Hochhausarchitektur in den europäischen und amerikanischen Städten nachhaltig prägen. Neben Stahl und Beton wurde Glas zum bestimmenden Material für die Fassadengestaltung. Die unter dem Begriff des Internationalen Stils bekannt gewordene Architektursprache lehnte die bisherigen Gebäude mit ihren fast imperial wirkenden, übermächtigen Fassaden ab. Stattdessen verwendeten ihre Vertreter mit der Fassadenvorderkante bündige Verglasungen in unterschiedlichen Ausprägungen und Tönungen. Die sogenannten curtain walls verliehen den Gebäuden eine neue Leichtigkeit, die so viel besser zu dem optimistischen Lebensgefühl in den späten 1940er und 1950er Jahren passen sollte, während der sich die Menschen von den Schrecken des Zweiten Weltkrieges erholten und ihnen das rasche Wirtschaftswachstum einen zuvor noch nicht gekannten materiellen Wohlstand bescherte.

Glasfassaden lassen viel Licht ins Innere des Gebäudes, leider aber auch viel Wärme. Selbst an sonnigen Wintertagen kann sich ein Gebäude mit einer Glasfassade binnen weniger Minuten auf ein unerträgliches Maß aufheizen. Erfahrungen, die die Architekten und Bauherren erst sammeln mussten. Als Le Corbusier zwischen 1929 und 1933 das Gebäude La Cité de Refuge für die Pariser Heilsarmee entwarf und errichten ließ, hatte er die Auswirkungen der Sonneneinstrahlung noch völlig unterschätzt. In dem Heim sollten Obdachlose vorübergehend Zuflucht finden, bis sie wieder in der Lage wären, auf eigenen Beinen zu stehen. An manchen Pariser Sommertagen wurde es allerdings für die Bewohner zu einem kaum erträglichen Refugium. Die Sonne heizte jeden einzelnen Raum erbarmungslos auf. Während des Zweiten Weltkriegs zerschmetterte eine Fliegerbombe, die vor dem Gebäude abgeworfen wurde, die gesamte Glasfassade. Le Corbusier, der sich an den Reparaturarbeiten nach dem Krieg beteiligte, nutzte die Gelegenheit daher auch, die Fassade um eine Brise Soleil (das französische Wort bedeutet soviel wie Sonnenbrecher bzw. Sonnenschutz) zu ergänzen, die den Bewohnern fortan mehr Schutz vor der intensiven Sonneneinstrahlung bieten konnte.

Neben der Hitze gab es noch ein weiteres, nicht zu verachtendes Problem, das man in den Griff bekommen musste: die Luftfeuchtigkeit. Es ging dabei nicht nur allein um das Wohlbefinden der Bewohner, sondern auch darum, wie sich die Feuchtigkeit negativ auf Bausubstanz, Möbel und alles, was sich in einem Gebäude befindet und genutzt wird, auswirkt.

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