Читать книгу Malleus Proletarum - Der Proletenhammer - Marcello Dallapiccola - Страница 11
6 – Erste Nachforschungen
ОглавлениеAm nächsten Tag, so gegen Mitte Nachmittag, erwachte Frasther in einem riesengroßen, frisch duftenden und mit blütenweißen Laken bezogenem Bett. Neben ihm das rhythmische Atmen der Tussi von gestern Abend – Mona, soweit er sich erinnern konnte. Dass sie noch immer schlief, wunderte Frasther nicht; mit diebischer Freude dachte er daran zurück, wie sie es noch vor wenigen Stunden getrieben hatten.
Die Vorteile daran, eine Profinutte zu bumsen, lagen auf der Hand: Es gab nichts, was sie noch nicht kannte und daher konnte man sich die langwierigen Abrichtungsprozeduren ersparen. Weiters fiel das ganze pseudoromantische Brimborium drumherum weg; man brauchte gar nicht erst Interesse an seinem Gegenüber oder an dessen Lebensgeschichte zu heucheln, denn man wusste ja,was Sache war, wenn man sich gegenseitig die Kleider vom Leib riss. Des Weiteren – aber das galt aber leider nur für diesen speziellen Fall – kostete der Dienst nichts, denn für Frasther war ganz klar, dass dies unter Spesen zu laufen hatte. Wehe, der Luis würde ihn wegen dieser Nummer nach Kohle fragen.
Als er halbwegs munter war, stellte Frasther drei Dinge fest: Erstens hatte er einen ziemlichen Brummschädel, was zwar in der Früh nichts Ungewöhnliches bei ihm war; allerdings spürte er heute massiver als sonst, dass er am Vorabend jenseits der zivilisierten Promillegrenze unterwegs gewesen war. Zweitens tat ihm sein Körper an den verschiedensten Stellen weh und auch in seiner Schlagfaust vernahm er ein deutliches Pochen, was auf leichte Überbeanspruchung hinwies.
War ja klar, vor allem in Ferdls 'Western Bar&Grill' hatte er ganz ordentlich hinlangen müssen, um die wildgewordenen Proleten zu besänftigen. Und dem Autodieb hatte er auch kräftig eine donnern müssen, um ihn zur Besinnung zu bringen. Sowas konnte das Material schon fordern. Er grunzte verärgert auf. Das bedeutete, er würde sich später im Bad ein wenig um seine Blessuren kümmern müssen, um möglichst schnell wieder voll einsatzfähig zu sein; immerhin stand einiges zu erledigen an und er brauchte volle Einsatzfähigkeit. Tja, und drittens noch bemerkte er unter der Bettdecke, zwischen seinen Beinen, einen mörderischen Morgenständer.
Komisch, wunderte er sich, und das, obwohl ich eigentlich gar nicht geil bin. Na ja. Er wälzte sich auf die Tussi drauf. Knapp fünf Minuten später war die Sache erledigt und das Mädchen natürlich wach. Frasther rollte sich wieder von ihr herunter, streckte sich laut grunzend und ließ sich dann wieder mit einem Seufzer zusammensacken.
„Kennst du dich aus in diesem Haus?”, fragte er das Mädchen.
Das Ratschen eines Feuerzeugs. „Denk’ schon...” – ein gieriger Lungenzug – „…war schon ein paar Mal auf Partys hier…” – ein genüssliches Ausatmen einer riesigen Rauchwolke – „…das Bad ist gleich da die zweite Tür links, die Toilette daneben.”
„Ich dacht' eigentlich eher, dass du Kaffee machen könntest, wenn du schon weißt wo das ganze Zeug steht”, Frasther redete in sein Kissen hinein, immer noch fest unter die Decke gekuschelt. Seine Geruchskapillaren nahmen soeben den verlockenden Nikotinduft wahr und sein Suchtreflex war langsam im Begriff, darauf anzuspringen.
Die Tussi inhalierte erneut und seufzte kurz und hörbar auf. „Ich seh’ mal, was ich machen kann”, sagte sie, nahm noch einen geräuschvollen Zug und tapste dann auf leisen Sohlen davon.
Frasther streckte und reckte sich nochmals und drehte sich dann zum Nachtkästchen, auf dem das Mädel seine Tschick vergessen hatte. Er genehmigte sich einen, inhalierte genussvoll und drehte sich auf den Rücken. Auf die Decke starrend, rauchte er sinnierend vor sich hin und war wieder eingeschlafen, bevor er es bemerkte. Schien ganz so, als ob ihn die Morgengymnastik vorhin mit der Kleinen, so kurz nach dem Aufwachen, gleich wieder ordentlich Kraft gekostet hatte.
Und die Tussi war auch das Erste, das er bei seinem erneuten Aufwachen wahrnahm; kreischend und zeternd rupfte sie das schwelende Federbett von ihm herunter und plärrte hysterisch nach der Feuerwehr. Erst jetzt, als er wieder munter war, fiel ihm auf, dass ihm eigentlich schon die ganze Zeit über verflucht warm gewesen war – er hatte sich in seinem Halbschlaf nur ständig gefragt, woher und warum. Als er die dicken schwarzen Rauchschwaden einatmete und das angekokelte Teil erblickte, von dem der Gestank schmorender Daunen ausging, wurde ihm schlagartig klar, dass er mit dem glimmenden Tschick in der Hand eingeschlafen war.
„Hör auf, so rumzuplärren, verdammt!”, herrschte er das Weib an. Dann schnappte er sich das Kissen und erstickte damit das Feuer. „Siehst du, ist doch überhaupt nichts passiert. Kein Grund, so einen Aufstand zu machen.”
„Der Luis bringt mich um, wenn er das sieht…”, Mona tappte zum Fenster und riss es weit auf, damit sich Gestank und Rauch verziehen konnten.
„Um die Qualle musst du dir keine Sorgen machen, dem erklär' ich das schon! Und überhaupt hat der Fettsack genug Kohle, um sich ein neues Scheißlaken zu kaufen. Wo steckt der denn eigentlich, isser schon wach?”
Durch sein beruhigendes Zureden kam die verschreckte Nutte schnell wieder von ihrer Hysterie herunter. „Äh, sieht so aus, als ob der gar nicht im Haus ist, die Kaffeemaschine war schon an…”
„Was, der is' schon weg?”, staunte Frasther.
„Naja, es ist mitten am Nachmittag…”, zuckte die Tussi mit den Schultern.
Frasther schüttelte den Kopf. „Da wir erst als es hell wurde ins Bett sind, ist es jetzt Morgen, und nicht Nachmittag – aber das verstehst du nicht. Gibt’s Kaffee?”
Er wartete ihre Antwort gar nicht erst ab, sondern marschierte stracks davon in Richtung Küche. Auf dem Korridor von Prag-Luis geräumiger, aber verflucht kitschig eingerichteter Hütte erschnupperte er auch schon den leckeren Duft des aromatischen Bohnengetränks. Mona watschelte laut plappernd hinter ihm her; Frasther nahm nicht mal ansatzweise wahr, was sie ihm erzählte. Immerhin hatte sie sowas wie ein kleines Frühstück hergerichtet; ein Korb mit frisch aufgebackenen Brötchen stand auf dem Tisch, dazu Butter, Marmelade, ein bisschen Wurst und Käse.
Auch ein Handy lag neben dem Frühstück auf dem Tisch – ganz dunkel erinnerte Frasther sich, dass der Luis ihm so ein neumodisches Dings in die Hand gedrückt hatte, als sie in der Morgendämmerung nach Hause gekommen waren. Etwas ratlos starrte er das Ding an. Als Mona seinen Blick sah, erklärte sie ihm kurz, wie man das Gerät ein- und ausschaltete und wie man einen Anruf tätigte, beziehungsweise entgegennahm. Es war ohnehin nur eine Nummer gespeichert, nämlich die vom Luis, also könne er nicht viel falsch machen, meinte Mona. Frasther folgte ihren Ausführungen mit einem Viertel seiner Aufmerksamkeit und machte sich über das Frühstück her.
Da Mona offenbar einsah, dass ihn sein neues Spielzeug nicht besonders interessierte, wechselte sie das Thema. „Sag mal, du wirst das doch dem Luis wirklich erklären, dass das mit dem Federbett nicht meine Schuld war…?”, fragte sie ihn, als Frasther ein Wurstbrötchen, das er soeben gierig verschlungen hatte, mit einem ordentlichen Schluck Kaffee runterspülte.
„Jetzt scheiß dich nicht an wegen diesem Federbett! Ich hab' gesagt, ich mach' das, also mach' ich das”, brachte Frasther mampfend hervor.
„Bloß, dass du's nicht vergisst. Der Luis steht sehr auf sein Interieur, hat garantiert keine Freude mit der Sauerei da oben…“, achselzuckend biss sie in ihr Croissant.
„Interieur? Was soll das heißen – meinst' etwa diesen neumodischen Kunst-Mist, den er hier überall hat?”
Die Tussi sah ihn mit großem Blick an: „Dieser 'Kunstmist', das sind alles ganz teure Designobjekte, allein die Küche hier hat sicher soviel gekostet wie eine Zweizimmerwohnung…”
„Sieht trotzdem scheiße aus.“ Kopfschüttelnd betrachtete Frasther die riesigen weißen Bilder mit nur wenigen, wirr angeordneten bunten Linien, während er sich noch eine Tasse Kaffee einschenkte. Er schnappte sich ein weiteres der frisch aufgebackenen Brötchen und säbelte es auseinander, dass die Krümel nur so davonflogen.
Nachdem die Tussi schon zwei Tschicks geraucht und ihm die ganze Zeit beim Schlingen zugesehen hatte, war Frasther dann endlich fertig damit sich vollzustopfen. Schwer atmend und zufrieden seufzend lehnte er sich zurück.
„Alle Achtung, du hast jetzt allein ein knappes halbes Kilo Wurst und Aufstrich gefuttert, von den acht Brötchen und den vier Eiern gar nicht zu sprechen…”
Frasther unterbrach ihre Erzählung mit einem tiefen, dumpf rollenden, lang anhaltenden und dröhnenden Rülpser. „Sei so gut und bring mir ein Bier aus dem Kühlschrank, ja?” In der Tat war er so vollgefressen, dass er sich das Bier unmöglich allein von dort holen hätte können. Sie trabte zum Kühlschrank und reichte ihm eine Dose dänischen Importbieres.
„Holla, der gute Luis hat hier ja ganz feine Schätze gelagert?!?”, rief er erfreut aus.
„Was machen wir jetzt eigentlich, warten wir bis der Luis zurückkommt? Wieso geht er überhaupt ohne seinen Bodyguard weg?”, fragte Mona, der offenbar langweilig wurde.
Frasther riss bedächtig das Bier auf und erfreute sich am Zischen. Die Dose war angenehm kalt, genau die richtige Temperatur für ein Bier – und gerade beim Frühstücksbier war eine angenehme Temperatur äußerst wichtig.
„Was du machst, weiß ich nicht, aber ich werd' jetzt dann mal duschen gehen und danach hab' ich einiges zu erledigen”, sagte er und nahm genussvoll einen Schluck Bier. „Und überhaupt bin ich kein Bodyguard, sondern ein Gorilla, klar?”
Mona schaute ihn erneut mit großen Augen an. „Und was, bitte, ist der Unterschied zwischen einem Bodyguard und einem Gorilla?”
Frasther war richtiggehend erstaunt über das niedrige Wissensniveau, das sich ihm hier eröffnete. Kein Wunder, dass das Mädel bei dem Mangel an Allgemeinbildung auf dem Strich gelandet war. Also erklärte er ihr geduldig: „Ein Bodyguard ist ein Typ, der sich dazwischenwirft, wenn jemand auf seinen Boss losgeht. Ein Gorilla hingegen ist jemand, der es gar nicht erst so weit kommen lässt, klar?” Zufrieden mit dieser Definition nahm er einen weiteren tiefen, genussvollen Schluck Bier.
„Ach, so ist das…“, schüttelte Mona seufzend den Kopf und begann, die Reste vom Frühstück wegzuräumen.
Dann zog sich Frasther mit seiner Bierdose erstmal ins Bad zurück. Nachdem er unter der Dusche das Bier fertiggetrunken hatte, rubbelte er sich ab und machte sich anschließend vor dem Spiegel daran, seine Blessuren in Augenschein zu nehmen. Er fand schön über den Körper verteilt etliche blaue Flecken – wobei ihm nur der an seinem Rippenbogen ein wenig Sorgen machte – Schrammen an seiner Schlagfaust und zwei üble Beulen auf dem Kopf. Inzwischen war Mona im Bad aufgetaucht und sah ihm dabei zu, wie er sich umständlich vor dem Spiegel drehte und verrenkte. Dann wurde es ihr zu bunt und sie ging zum Badschrank, kramte einige Salben und Pflaster heraus und machte sich an ihm zu schaffen.
„Ich hab’s mir schon in der Nacht gedacht, das sieht teilweise wirklich schlimm aus, tut sicher weh, wenn du erstmal wieder nüchtern bist. Wo hast du denn das abbekommen?”
„Es waren ein paar strenge Tage.”
Sie reinigte die offenen Stellen mit einem Waschlappen, den sie in medizinischen Alkohol getunkt hatte und versorgte die Blessuren mit Salben und kleinen Pflastern, gegen die Frasther zwar anfangs protestierte, sie dann aber gewähren ließ.
Kurze Zeit später saßen sie in einem Taxi, das Kurs auf den Teil der Stadt genommen hatte, in dem Frasther seinen Jeep stehen gelassen hatte. Mona hatte ihn erneut an das verdammte Handy vom Luis erinnert und ihn mit ihrem Gekeife genötigt, das Ding einzustecken – der Luis hatte ihr eingeschärft, dafür zu sorgen, dass Frasther das Teil auch wirklich in betriebsbereitem Zustand an sich nahm. Etwa auf halben Weg begehrte sie dann auszusteigen. Frasther bedeutete ihr großzügig, das Geld fürs Taxi stecken zu lassen und gab ihr zum Abschied einen Klaps auf den Hintern.
Beim Jeep angekommen, gab er dem Taxifahrer ein ordentliches Trinkgeld und trabte freudig pfeifend auf seine Karre zu. Sobald er wieder auf der Straße war, erweckte das Vibrieren der vielen PS unter seinem Hintern ein allzu menschliches Bedürfnis in ihm. Klar, er hatte die Sitzung nach dem Frühstück vergessen – da war sicher das Weibsstück dran schuld, das ihn abgelenkt hatte. Und jetzt begann es ihn zu drücken.
Doch schlau, wie er war, fand er im Nu eine Lösung für das Dilemma: Er hatte ohnehin ein paar erste Nachforschungen in Sachen Prag-Luis anstellen wollen. Da diese logischerweise in den Spelunken der Halb- und Unterwelt stattzufinden hatten, ließ sich das Notwendige gerade perfekt mit dem Nützlichen verbinden.
Also kam der Jeep wenig später quietschenden Reifens vor dem 'Ali Baba' zu stehen, einem Etablissement, das offiziell den Titel “Teestube” führte, inoffiziell wurden dort jedoch jede Menge Geschäftchen getätigt, von denen das Finanzamt nie etwas erfuhr. Das war seiner Mission insoweit dienlich, als dass das 'Ali Baba' unter ausländischer Direktion stand. Zwar nicht unter der von Russen, doch die Türken, Araber und Libanesen, die hier verkehrten, hatten vielleicht auch das eine oder andere läuten hören. Vielleicht würde sich ja ein Gespräch ergeben, im Zuge dessen er einige unverfängliche Fragen stellen könnte.
Also marschierte Frasther im 'Ali Baba' ein und schnurstracks auf das Scheißhaus zu. Dass der Schuppen nicht von Einheimischen geführt wurde, merkte man sofort; doch auch ansonsten lief es hier ein wenig anders ab als in den Beizen*, die Frasther ansonsten zu frequentieren pflegte. Das fing bei den Gerüchen, die in der Luft hingen an, setzte sich fort in der Dekoration, es war an der Form der Tische und Stühle zu erkennen und man konnte es vor allem an den Besuchern des Schuppens deutlich sehen; der orientalische Prolet sah einfach optisch ein wenig anders aus als der inländische. Jünger, wenn auch nur um ein paar Jahre. Nicht ganz so gezeichnet vom Alkoholmissbrauch. Und, obwohl sie meistens viel verzweifeltere, hoffnungslosere Mienen an den Tag legten, wirkten Gastarbeiter doch immer noch etwas… würdevoller in ihrer Erscheinung als die Einheimischen.
Als Frasther die Klinke der Scheißhaustür schon in der Hand hatte, landete an der Bar klatschend eine flache Hand auf dem Tresen: „Was darf es denn sein, mein Freund? Ich nehme nicht an, dass du meinen schönen Laden nur betreten hast, um dir auf dem Klo schnell das Näschen zu pudern?” Ein braungebrannter, muskelbepackter Sunnyboy mit einer unsäglichen Italo-Disco-Frisur blitzte ihn fröhlich aus mahagonibraunen Augen an.
„Ein Bier, und es darf ruhig auch ein anständiger Schnaps dazu sein”, bestellte Frasther, drückte die Klinke und verschwand auf dem Scheißhaus. Er war froh, dass er endlich die Hosen runterlassen und seinen edlen Arsch auf einem Kackthron parken konnte. Sein Bedürfnis, endlich abkacken zu können, war schon beinahe ins Unermessliche gestiegen, der Schiß hatte ihn schon dermaßen gedrückt, dass es nicht mehr feierlich war. Wie eine Urgewalt entlud sich sein Darm in die Muschel, ein mächtiger Haufen plumpste in das Auffangbecken, begleitet von langgezogenen, dumpf grollenden Fürzen. Das Abkacken war eine derartige Wohltat, dass Frasther sich zur Feier des Moments gleich noch einen Tschick anzündete und genussvoll durchzog. Der Rauch der Kippe vermischte sich in der Luft mit den bestialischen Giftdämpfen aus Frasthers Innereien zu einer kaum beschreibbaren Duftnote.
Als das erledigt war, setzte er sich im Gastraum an ein kleines Zwei-Mann-Tischchen am Fenster, ein Bier und ein Glas Raki vor sich. Der fürsorgliche Barmann hatte ihn weder vergessen, noch aus den Augen gelassen, als er aus dem Klo gekommen war, grinste jedoch stets freundlich.
Der Geräuschpegel im 'Ali Baba' war durchschnittlich um einiges höher als in den herkömmlichen Beizen, und er erreichte auch in den Spitzen eindeutig höhere Werte – sprich, die hier verkehrenden ausländischen Proletarier neigten dazu, mehr Wirbel zu machen. Doch nach Streit sah es hier nicht aus, wenngleich sich doch an einigen Tischen sehr angeregt unterhalten wurde. Frasther erhaschte einen kurzen Blick auf einen Nebenraum, als der Sunnyboy-Barmann kurz dort drin verschwand; einen unmerklichen Sekundenbruchteil lang erkannte er einige Typen mit Karten in der Hand im schummrigen Licht.
In diesem Lokal gab es keine richtigen, versifften Bsuff, fiel ihm zu seiner Verwunderung plötzlich auf. Wahrscheinlich hatten sie sich getarnt, überlegte er. Vielleicht wurde es in fremden Kulturen ja als unschicklich angesehen, wenn jemand die eigene Alkoholabhängigkeit zum permanent zelebrierten Lebensinhalt machte. Oder vielleicht duldeten sie keine Bsuff in ihrer Mitte? – Er hatte mal gehört, dass manche Araber an einen Gott glaubten, der ihnen Alkohol verbot.
Bei diesem grausamen Gedanken schüttelte es ihn; er persönlich hatte Religionen, ganz gleich welche, schon immer für überflüssigen Mist gehalten.
Ein plötzliches Gerumpel und ein Geräusch, das wie ein paar schnelle Pracker hintereinander klang, riss ihn aus seinen Gedanken. Es kam aus dem Nebenraum und der Sunnyboy an der Bar zuckte sichtlich zusammen, als er es hörte. Er wagte jedoch nicht hineinzugehen, angesichts der vielen fragenden Blicke, die sich nun auf die Tür zu diesem Nebenraum richteten. Nach den paar kurzen Poltergeräuschen herrschte dort nun reges Geschrei in einer Sprache, die Frasther nicht verstand. Mehrere aufgeregte Männerstimmen brüllten wie wild durcheinander. Gelassen beobachtete er, wie der Barmann versuchte, seine Nervosität durch Gläserspülen zu überspielen. Einige der fragenden Blicke begannen sich gerade wieder abzuwenden, als auf einmal dumpf zwei, drei Schüsse fielen. Frasther zuckte zusammen. Ein Schuss und dann gleich noch zwei ganz schnell hinterher, entschied er. Sein Körper begann augenblicklich, die Kampfsysteme hochzufahren; sofort wurde ihm warm, als das Adrenalin sein Nervensystem gepumpt wurde.
Den Barmann hielt es nun nicht mehr und nicht nur ihn: Die Hälfte aller Anwesenden floh in Richtung Ausgang, die andere Hälfte stürmte ihm nach auf die Tür zum Nebenraum zu. Schnappmesser klackten auf, Schlagringe wurden übergestreift, es wurde mit Butterflys herumgewedelt und Knarren wurden gezückt. Aus dem Nebenraum drang ein Gerumpel, das sich nach heilloser Flucht anhörte, als der Barmann die Tür aufriss und mit lauten Flüchen hineinstürmte. Gelassen holte Frasther ein paar Kröten heraus und legte sie auf den Bieruntersetzer. Hier gab es definitiv keine Probleme mit Invasoren von außerhalb, diese Leute waren viel zu beschäftigt mit sich selber, entschied er. Dann machte er sich vom Acker, bevor die Blauen mit ihrem Tatütata aufkreuzten.
Aber so leicht wollte er mit seinen Ermittlungen nicht aufgeben: Er wusste mehrere Beisln in der Nähe, die es sich zu besuchen lohnen könnte. Irgendwo musste doch irgendwer was gehört haben, und wenn er sich lange genug von Beiz zu Beiz bewegte, würde er diesen Jemand früher oder später aufstöbern.
Es war langsam die Zeit, wo die ganzen Idioten aus ihren Büros heraus- und in ihre Autos hineinkrochen, um nach Hause zu fahren und dort vor der Glotze zu versauern. Frasther schlenderte aufs Geratewohl drauflos und besah sich kopfschüttelnd die ganzen Krawattenträger mit ihrem elektronischen Krimskrams, den sie immer mitführten. Der Fummler-Karli hatte ihm mal erzählt, dass man diesen Dingern viel Geld machen konnte, aber man musste sich verdammt gut damit auskennen, wegen der Diebstahlsicherungen und so – und Frasther hatte keinen Bock, zu lernen wie man mit diesem ganzen neumodischen Kram umzugehen hatte.
„Entschuldigen Sie, darf ich Sie was fragen?”, riss ihn eine Frauenstimme aus seinen Gedanken.
Er blickte sich um – eine nicht unhübsche, wenngleich auch etwas zu bieder gekleidete Schnepfe lächelte ihn freundlich zurückhaltend an.
„Logo, was willst'n wissen?”, zeigte Frasther sich höflich, in der Annahme eine verirrte Touristin vor sich zu haben.
„Ich wollte Sie fragen, ob Sie schon einmal über Gott und den Sinn unserer Existenz nachgedacht haben?”
Jetzt war Frasther aber baff. Mit allem möglichen Schwachsinn war man ihm schon gekommen – Amnesty, Greenpeace, Asylantenhilfe – doch mit Gott hatte er nun wirklich nicht gerechnet. „Gott? Um den brauchst' dir keine Sorgen machen, der is' eh allmächtig”, brummte er und schickte sich an weiterzugehen.
Die Schnecke lief neben ihm her. „Natürlich muss man sich um Gott keine Sorgen machen, aber er macht sich Sorgen um uns. Wie sieht es zum Beispiel mit ihrem Seelenheil aus? Auch Sie sind ein Kind Gottes…”
„Irrtum, Mädchen, das stimmt nicht – ich bin ein Kind von Frastgar und Trudhild, und nicht von Gott!”, protestierte Frasther.
„Und doch hat Gott das Wunder ihrer Menschwerdung erst möglich gemacht…“
„Dachte eher, das wär' die Suppe aus Vater's Sack gewesen“, grunzte Frasther, dem es jetzt langsam reichte. „Und überhaupt, eine Schnepfe die mich auf der Straße anmacht und von Gott und so weiter anfängt rumzusülzen, das is' mir ja noch nie untergekommen – was soll denn das werden?”
„Das soll gar nichts werden, ich versuche lediglich, neue Miglieder für unsere Gemeinschaft zu interessieren, eine Runde von spirituell höchst interessierten Menschen…”
Frasther hob beschwichtigend die Hände und wies die Spinnerin brüsk zurecht: „Seh' ich etwa aus, als ob mich spiritueller Quatsch interessieren würd'? Spiritus, da kann ich mitreden, aber verschon mich mit Gott… Was ist das denn, was ihr da habt – ein wöchentliches Kaffeekränzchen von Laberköpfen, die sich fragen, warum Gott nicht endlich aus seinem Scheißhimmel heruntersteigt und den ganzen Wichsern in den Arsch tritt?”
Er lief schon weiter, als sie ihm noch irgendetwas von wegen gemeinsamem Gebet, geistlichem Beistand und spirituellem Austausch nachrief, doch Frasther beschleunigte seinen Schritt in Richtung nächster Spelunke. Offenbar waren neuerdings nur noch Bescheuerte unterwegs. Langsam begann er sich zu fragen, ob es schon eine schlaue Idee war, hier am Statdrand nach Spuren der Verschwörer zu suchen. Doch sein Instinkt riet ihm, es doch noch in ein, zwei Beizen zu probieren, also latschte er weiter, in Richtung nächstes Beisl.
Überall eilten gestresste Bürospinner in noblen Anzügen und entnervte Geschäftsweiber in teuren Kostümen durch die Gegend; sie hielten sich hektisch irgendwelche elektronischen Geräte an den Schädel und schleppten Einkäufe, Aktentaschen, kleine Kinder, Haushaltsgerümpel, Blumensträuße und ähnlichen Schwachsinn mit sich herum. Zerlumpte Penner hingen auf der Straße ab und streckten den kalt dreinblickenden Anzugträgern mit flehentlichem Blick ihre Hüte entgegen. Horden von verwöhnten, übergewichtigen Jugendlichen schlenderten in kleinen Gruppen über die Bürgersteige. Die Weiber in dem Alter waren alle hergerichtet wie die Schlampen, die Kerle sahen durch die Bank wie zugedröhnte, schwer unterbelichtete Weicheier aus.
Frasther trottete gemütlich dahin und bestaunte die Auslagen der Geschäfte, fragte sich, wozu wohl ein Trachtenmoden-Geschäft gut sein mochte und ob ein Laden, in dem nur Handtaschen verkauft wurden, wohl über die Runden kommen konnte. Kein einziges Geschäft weit und breit, das etwas Sinnvolles verkaufte, kein Laden für Autoersatzteile, kein Geschäft für Edelbrände und auch kein Tuning-Shop, ja, nicht mal ein simpler Rauchwaren-Kiosk war hier zu sehen. Kopfschüttelnd schlenderte er an einem Laden für „biologisch-hochwertige Lebensmittel“ vorbei und fragte sich, was “Tofu“ wohl sein sollte, da fiel sein Blick auf einmal auf den Plattenladen. Gut, dachte Frasther, dann kaufe ich mir halt eine neue Hardrock-Kassette. Kurz entschlossen betrat er den Schuppen. Drin herrschte lautes Geschrei; ein großer Kerl in Motorradlederjacke, mit Jeanskutte drüber und Piraten-Kopftuch auf dem zornesroten Schädel, beschimpfte einen mickrigen, schwarzgekleideten Kerl hinter dem Verkaufstresen gerade aufs Übelste.
Frasther kannte den Kerl: Granteas Stupidner, ein stadtbekannter Tunichtgut, Krawallbruder und Möchtegern-Rocker, eine Zwiderwurzn* der primitivsten Sorte, vermutlich einer der dümmsten Menschen der Welt. Wie alle großen Idioten der Geschichte konnte auch er überall mitreden, hatte immer Recht und war ununterbrochen damit beschäftigt, dies so laut wie möglich vor der ganzen Welt kundzutun – unabhängig davon, ob sich jemand für seine Weisheiten interessierte oder nicht. Weil er sich seiner Umwelt so gut wie ausschließlich mittels lauten Gebrülls mitteilte, wurde er gemeinhin einfach „Der Brüllaffe“ genannt; dann wusste jeder in der Stadt, vom Säugling bis zum Greis, vom Penner in der Gosse bis hin zum Bürgermeister, wer gemeint war.
Auch diesmal machte der Stupidner seinem Spitznamen alle Ehre, seine Stimme war rau und grollte wie Donner; auch sein Tonfall verhieß nichts Gutes, offenbar was er höchst aufgebracht. Und obwohl der mickrige, schwarzgekleidete Kerl etwas, das nach Waffe aussah in der Hand hielt, hätte Frasther im Ernstfall doch seine ganze Kohle auf den Brüllaffen mit seinem dämlichen Piratenkopftuch gesetzt. Er linste genauer hin: Es schien ein Elektroschocker zu sein, womit das schwarzgekleidete Würstchen da herumwedelte.
„Das werden wir ja noch sehen, wie lang dein Scheißladen hier noch durchkommt, wenn ich nicht mehr regelmäßig mein Geld hier liegenlasse!“, brüllte der große Kerl mit drohend erhobenem Zeigefinger.
„Geh jetzt bitte endlich und komm einfach nicht mehr hier herein, nie wieder, okay? Danke!“, antwortete der Kerl mit dem Elektroschocker. Er wirkte wesentlich ruhiger und besonnener als das Piratenkopftuch.
„Ich geh’ schon, aber das wird dir noch mal leid tun, das kannst du dir hinter die Ohren schreiben!“ Der Zeigefinger des Brüllaffen fuchtelte drohend hin und her.
„Hallo, kann ich Ihnen behilflich sein?“ Ein ziemlich ausgehungert aussehender, weil spindeldürrer Typ mit einem sehr langen Rotschopf, den er zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, war vor ihm aufgetaucht und lächelte ihn für Frasthers Geschmack fast zu freundlich an. Das Bürschchen trug ein buntes Psychedelic-Hemd mit den Konterfeis der Beatles drauf und eine zerschlissene, beige Cordhose. Sein wild abstehender, roter Bart sah aus, als ob sich dort ganze Generationen von Läusen und Flöhen auf Dauer niedergelassen hatten – mit einem Wort, ein verfluchter Hippie. Offenbar war dieses halbverhungerte Blumenkind Verkäufer in diesem Laden.
„Was hat er denn angestellt, der Depperte?“, fragte Frasther mit einem amüsierten Seitenblick auf die Szenerie.
„Er hat ein kleines Mädchen erschreckt, das sich hier eine Techno-CD zur Probe anhören wollte…“, erklärte der Verkäufer mit entschuldigendem Blick.
„Erschreckt? Weil er den Laden betreten hat?“, schmunzelte Frasther.
„Nein, er hat das Mädchen angeschrien, dass sie gefälligst nicht so einen Mist anhören soll – ohne unser Eingreifen hätte er sie vermutlich sogar gezwungen, eine seiner Grindcore-Bands anzuhören.“
Frasther lachte herzhaft auf: „So ein Spinner. Der wird auch immer noch dümmer, je älter er wird…“
„Nun, es kann eben nicht jeder so vernünftig und besonnen sein, wie Sie oder ich“, schleimte der Verkäufer. „Doch lassen Sie mich bei ihrer Musikauswahl beraten – was suchen Sie denn?“
„Ja, ich brauch' eine g'scheite Hardrock-Kassette, die ich noch nicht kenne. Hab’ schon lang nichts Neues mehr gekauft und keine Ahnung, was es da so gibt. Eventuell so was in der Art wie Dokken oder Raven?“
Der Hippie machte große Augen. Das Geschrei, das der Brüllaffe veranstaltete, ging im Hintergrund immer noch unvermindert weiter, wenngleich es der Typ mit dem Elektroschocker inzwischen geschafft hatte, den Durchgedrehten bis auf einen Meter an den Ausgang heranzubugsieren.
„Äh, da gibt es sicher etwas Neues, wenn mir auch diese Namen im Moment grad’ nichts sagen… ich kann ja mal im Computer nachschauen… aber haben Sie 'Kassette' gesagt?“
„Hier würd’ ich nichts kaufen, in diesem Scheißladen, das sind Wucherer – der 'Mühler-Shop' am Stadtrand hat alle CDs um zwei bis drei Kröten billiger und eine bessere Auswahl hat der obendrein!“, brüllte der Wildgewordene herüber.
„Na, dann würde ich vorschlagen, du gehst jetzt einfach zum 'Mühler-Shop', kaufst dort soviele CDs, wie’s dir beliebt und lässt uns hier in Ruhe…“, erwiderte das schwarzgekleidete Würstchen.
„Ja, klar, Kassetten, keine CDs!“, antwortete Frasther brav dem Verkäufer und ignorierte das Geschrei. Jetzt hielten die beiden Streitenden inne und sahen fragend zu ihm herüber.
„Was, Kassetten?“, fragten sie synchron. Der Hippie, der neben Frasther stand, blickte etwas ratlos zu den beiden hinüber und zuckte mit den Schultern.
„Da gibt’s nix zum deppert schauen, ich hör' meinen Sound von Kassette, scheiß auf das ganze neumodische Zeug!“, erklärte Frasther lapidar. Dann wandte er sich wieder an den Hippie: „Und, hast' jetzt was für mich oder nicht?“
„Wie gefällt Ihnen die Musik, die Sie gerade hören?“ Er deutete auf die Lautsprecher, aus denen gerade ein für Frasthers Empfinden unsägliches Gedudel ertönte. „Das ist die neue von Allan Brown, Progressive Anti-Bebop in seiner edelsten Form, ein musikalischer Avantgarde-Genuss der Sonderklasse…“
„Kann schon sein, aber solange diese beiden Idioten hier“, er deutete auf das Piratenkopftuch und den Schwarzgekleideten, die bereits wieder laut miteinander wurden, „sich gegenseitig anbrüllen, hört man hier drin sowieso nix – und vor allem ist mir dein produktiver Antipop sowieso wurscht, ich will ordentliche Musik hören, kapiert? Anständigen Hardrock, mit stampfendem Rhythmus, scharfen Gitarrenriffs und einem ordentlichen Sänger, der sich die Lunge aus dem Leib brüllt!“
Der Rotbart warf ihm einen kurzen Seitenblick zu. „Ich seh' mal im Computer nach, ob ich was für Sie finde“, sagte er und huschte davon.
Frasther schüttelte den Kopf: Computer – hatte denn heutzutage keiner mehr ein eigenes Hirn? In einem Plattenladen zu arbeiten, konnte doch nicht so gottverdammt schwer sein.
Seufzend trat er an einen Stapel, der mit “Metal S–Z“ beschriftet war und begann die Albumtitel durchzublättern. Jede Menge Totenköpfe, manchmal waren auch grimmig dreinblickende, langhaarige Typen mit weiß geschminkten Gesichtern, die ihre Gitarren wie Knarren in den Händen hielten, abgebildet. Jedoch nichts dabei, was er kannte. Hardrock war auch nicht mehr das, was er mal gewesen war: Seit so viele unterschiedliche Metal-Stile dazugekommen waren, kannte sich da doch keine Sau mehr aus. Manche von diesen Stilrichtungen bestanden nur aus wuchtigem Gedröhne und heiserem Grabes-Gegurgel, andere hackten rasend schnell auf die Trommeln und kreischten herum, als ob sie soeben einer Anstalt entsprungen wären. Es ging eben wirklich alles in den Arsch, sogar die Musik.
„Von den Bands, die Sie genannt haben, gibt es nichts Neues, die werden hier als 'inaktiv' beziehungsweise 'aufgelöst' geführt…“, fing der Verkäufer einen Satz an und fuhr sich mit der Hand durch das Gestrüpp in seinem Gesicht.
Der Knabe war wirklich phänomenal dünn, fiel Frasther auf – vermutlich hatte er psychische Probleme und litt an Essstörungen oder sowas; auf jeden Fall war es nicht normal, dass ein Mann mit Bart dermaßen untergewichtig durchs Leben schritt. Vielleicht hatte der arme Kerl eine Hopfen-Allergie und durfte kein Bier trinken? – Das würde das Fehlen jeglichen Bauchansatzes zumindest halbwegs erklären… Während er so sinnierte und der Hungerturm in den CD-Stapeln wühlte, schaffte es der schwarzgekleidete Kerl mit dem Elektroschocker, den laut protestierenden Brüllaffen aus dem Laden hinauszubugsieren. Kopfschüttelnd ließ er die Ladentür zuschnappen, dann verstaute er den Schocker irgendwo hinter dem Tresen.
„… ich befürchte, dass es sehr schwierig sein wird, überhaupt etwas auf Kassette zu bestellen“, vollendete der Hippie seinen Satz. „Sie könnten aber doch auch eine CD kaufen und sie danach auf Tonband überspielen. Da hätten sie auch eine bessere Klangqualität“, fing er an, Frasther Dinge aufschwatzen zu wollen, nach denen er gar nicht gefragt hatte.
Frasther drehte sich um und brüllte den Kerl an: „Ja, glaubst du denn, ich schaff' mir jetzt extra so ein Gerät an? Was seid ihr denn für ein Musikladen? Habt nicht mal Kassetten im Angebot und der schlaue Herr Computer da kann keine bestellen? Was sind denn das für Zustände?!“
Der Rotbart sah ihn aus großen Augen an und sagte kein Wort. Der schwarzgekleidete Verkäufer seufzte und fummelte unter der Ladentheke herum, dort, wo er gerade den Elektroschocker verstaut hatte. Doch Frasther ließ es dabei bewenden und wartete gar nicht erst auf eine Antwort, sondern drehte sich um, marschierte zur Tür hinaus und ließ diese ordentlich hinter sich zuknallen. Dann eben keine neue Hardrock-Kassette. Scheiß doch auf die Fachgeschäfte.
Nach diesem sinnlosen Getrödel war es jetzt höchste Zeit, sich ein Bier hinter die Binde zu kippen und mit den Ermittlungen fortzufahren – Frasther pirschte in die Seitengassen, in denen jede zweite Tür der Eingang zu einem verrauchten Kellerbeisl und jede dritte der Eingang zu einer illegalen Spielhölle war. Schnell stand er vor einem Schuppen, wo ein aus teilweise kaputten Neonlettern bestehendes Eingangsschild verhieß: 'Adi’s Bierparadies'.
Dieser Name erschien Frasther irgendwie einladend, und er stieß aufs Geratewohl die Eingangstür auf. Erfreut bemerkte er, dass er offenbar die richtige Wahl getroffen hatte, als er das anwesende Publikum sah. Hier saßen einige gefährlich aussehende Typen herum, an ihren billigen Unterarm-Tätowierungen unschwer als Knastbrüder zu erkennen, dazwischen jede Menge billigst aussehnder Nutten, die hier bei ihren Beschützern herumlungern mussten, bis es wieder Zeit zum Arbeiten war. Auch eine interessante Melange aus Sandlern, Bsuffs und Normalbürgern vom unteren Ende des sozialen Spektrums war hier in unterschiedlichster Ausprägung zugegen.
An der Theke war kein Platz mehr frei und so quetschte Frasther sich zwischen zwei junge Burschen, die es sich auf Barhockern gemütlich gemacht hatten und miteinander ins Gespräch vertieft waren.
„Ein Bier!“, bestellte er und hieb mit der flachen Hand auf den Tresen.
„Entschuldigung, aber wir waren gerade am Reden…“, versuchte einer der beiden jungen Burschen ihn darauf aufmerksam zu machen, dass er sich recht ruppig zwischen ihre beiden Plätze hineingepresst hatte.
„Ja, und? Ihr könnt ja ruhig weiterreden, stört mich nicht!“
Der Bursche – er musste Anfang zwanzig sein und sah aus wie der typische Sozialwissenschaftsstudent – lächelte ihn verlegen an und erwiderte: „Könntest du vielleicht den Platz wieder freimachen? Da waren eigentlich wir…“
„Pech gehabt, jetzt steh’ ich hier. Damit wirst du leben müssen!“, gab Frasther forsch zurück und ignorierte das Bürschchen.
„Verzeihung, mein Herr, aber ich bin nicht gewillt, Ihnen diesen Platz zu überlassen! Als Pazifist betrachte ich diese Situation jetzt als eine Herausforderung an meine Intelligenz, hier eine Lösung zu finden, die uns beiden gerecht wird. Wie wäre es, wen Sie sich hier hinter mir“, er deutete auf den engen Raum hinter seinem Rücken und dem nächsten Proleten, der dort saß, „einen Platz erkämpfen würden, dann könnten mein Freund hier und ich unser Gespräch ungestört fortsetzen…?“
Frasther blickte auf und fixierte das Kerlchen durch dessen Brillengläser hindurch mit seinem Blick: „Willst du mich verarschen oder was soll das Gequatsche?“
„Keineswegs! Ich versuche, Sie nur dazu zu bewegen, sich wieder aus unserer Intimsphäre zu entfernen, in die Sie so rücksichtslos eingedrungen sind…“
„Das Bier … macht drei zwanzig!“, kam die fette alte Vettel von Barfrau mit einem Krügel daher.
Frasther kramte nach seiner Kohle und ließ den Knaben mit der Brille wieder links liegen. Er legte das Geld auf den Tresen und ergriff den Henkel – da legte sich ihm eine Hand auf den Oberarm.
„Verzeihung, ich glaube, wir haben das nicht ausdiskutiert…“
Frasther hatte schon seit sehr langer Zeit kein Bier mehr getrunken, deshalb hatte er sich auf dieses hier wirklich gefreut. Es war ihm auch ohne diese besonderen Umstände schon ewig nicht mehr passiert, dass jemand es gewagt hatte, ihn vom Trinken abzuhalten, während er schon das Krügel zum Schluck ergriffen hatte. Und dass so ein dahergelaufener Bettelstudent dann auch noch Hand an ihn legte…
„Ah, ja, genau, das haben wir noch nicht ausdiskutiert!“, brachte er mit verhaltenem Zorn heraus und parkte sein leckeres Bier, immer noch jungfräulich, wieder auf dem Tresen. Dann vollzog er eine blitzartige Halbdrehung und schnalzte dem Knaben eine mit dem Handrücken, dass der rückwärts vom Hocker fiel und seine Brille wirbelnd einige Meter weit davonflog.
Danach drehte Frasther sich wieder um und ergriff sein Bier, doch bevor er es an seine dürstenden Lippen führte, warf er dem Kollegen des Kerlchens einen Seitenblick zu; dieser war blass geworden und wich seinem Blick aus. Als er sah, dass sein nun brillenloser Freund liegenblieb, sprang er vom Barhocker und eilte ihm zur Hilfe. Frasther erklomm den freigewordenen Barhocker und nahm endlich, endlich einen langersehnten, großen Schluck Bier.
„ADI!!!“, kreischte jetzt die Schnepfe hinter der Bar.
Auf einmal wurde es um einiges ruhiger im Lokal; das Genöle der Bsuff verstummte ebenso wie das Gekeife der Damen, die derben Scherze der Zwielichtgestalten wurden gedämpft.
An einem Durchgang hinter der Schank schob sich ein Vorhang beiseite. Ein grobschlächtiges, breitschultriges Viech von einem Mann, mit klodeckelgroßen Pranken, kam hereingeschlurft. Er trug eine Schankschürze und darunter ein ärmelloses Feinripp, an dessen Rändern seine wuschige schwarze Körperbehaarung dem Licht entgegenwucherte. Der Knabe durfte an die zwei Meter sein und Frasther hätte sich vermutlich locker hinter ihm verstecken können. Er überlegte, ob Adi wohl, wenn er eine Perücke über seiner Stirnglatze tragen und sich diesen speziellen Schnauzbart wachsen lassen würde, dem Adi, an den man unwillkürlich denken muss, ähnlich sähe und kam zu dem Ergebnis: Vielleicht.
„Was'n los?“, fragte Adi mit Grabesstimme. Das Sprechen schien ihm schwerzufallen, Frasther beobachtete sein Gesicht und gewann den Eindruck, dass das Formulieren der einzelnen Worte seine ganze Konzentration beanspruchte. Die Schnepfe blickte verunsichert zwischen Frasther und Adi hin und her.
„Äh… der hat dem Buben eine aufg'legt…“, stammelte sie. Im Hintergrund war ein leises Stöhnen zu hören, als das Bürschchen sich langsam wieder aufrappelte.
„Du tust mir also meine Gäste verhauen, du“, wandte sich Adi mit seiner tiefen, kehligen Stimme an Frasther. Der wunderte sich, wie munter und fröhlich Adi dreinblickte; die wachen, schelmischen blitzenden Augen passten gar nicht zum Rest des Kerls. Er schien ganz gelassen.
„Wenn deine Gäste so ausgemachte Trotteln sind wie der da, dann ja!“, stand Frasther mannhaft zu seiner Tat.
„Prinzipiell ist mir das wurscht, aber seid doch so nett und geht das nächste Mal nach draußen zum Spielen, in Ordnung? 'könnt ja gern wieder hereinkommen, wenn ihr fertig seid, aber hier im Lokal kann ich das nicht durchgehen lassen, klar?“
Adi holte schnaubend Luft und stemmte seine gewaltigen Tatzen in die Seiten. Er stand Frasther, nur durch den Schanktresen getrennt, direkt gegenüber und warf einen Mordsschatten.
„Is' doch viel g'scheiter, wenn ich ihm hier eine schnalz', denn wenn ich mit dem nach draußen geh', kommt er garantiert nicht mehr hier rein“, legte Frasther seine Sicht der Dinge dar.
„Du bist einer von der schwierigen Sorte, was? Nochmal: Was ihr beiden miteinander macht, ist mir vollkommen schnurz, nur – ihr dürft es nicht hier im Lokal machen, hast du das jetzt kapiert!?!“, langsam wurde Adi laut.
Da mischte sich einer der anwesenden Halbweltler, ein Prolet mit plumper, massiver Figur, Stirnglatze, halblangem Kraushaar, Seehundschnauzer und einem dicken Goldkettchen auf der behaarten Brust, in die Unterhaltung ein: „Jetzt mal langsam, Adi. Wenn er das nicht gemacht hätte, dann hätt’ ich einem dieser beiden Lulus* eine aufg'legt – verdammtes Studentenpack, hat sich hier was zum Rauchen gesucht.“
„Der hat mich angegriffen, als ich gerade einen Schluck Bier nehmen wollte – da hört sich bei mir der Spaß auf!“, hob Frasther zusätzlich sein Recht auf Selbstverteidigung hervor.
„Soso, was zum Rauchen…“, grollte Adi aus tiefster Kehle und strafte die beiden Studenten mit vernichtenden Blicken ab. Diese machten sich mit eingezogenen Köpfen auf den Rückzug und schlichen dem Ausgang zu.
Der Prolet nickte verständnisvoll. „Keine Manieren mehr, die Jugend von heute. Tja, was sie vom Vater nicht hineingewatscht bekommen, müssen sie dann halt auf dem Lebensweg auf die harte Tour lernen, wie gerade eben. Aber zum Glück gibt’s ja genug verständnisvolle Mitmenschen, die den Kindern beim Erwachsenwerden helfen, so wie du gerade eben!“ Er lachte dröhnend und blickte strahlend den beiden Studenten nach, die eiligst zum Ausgang hinausschlüpften.
Doch Adi schien noch nicht überzeugt. Seine mächtigen, haarigen Pratzen landeten auf der Theke, zwischen Frasther und dem Kerl, der sich eben eingemischt hatte, und sein Blick wanderte zwischen den beiden hin und her. „Stimmt des, Ottl? Die haben dich um was zum Rauchen ang'haut*?“
„Wenn ich's dir doch sag', Adi. Hab' ihnen eben erklärt, dass sie hier falsch sind; da haben sie sich beraten und dann kam er dazwischen. Ich wollt' sie grad am Schlafittl packen…“
„Hier drin pack' nur ich jemanden am Schlafittl, das weißt du genau. 's nächste Mal, wenn sowas is', dann holst mich dazu und ich regel' das, klar?“, schnarrte Adi. Dann wandte er sich an Frasther: „Und das gilt auch für dich. Wenn dich einer sekkiert*, dann hau' ich ihn schon raus, da brauchst' keine Brille. Und jetzt Schwamm drüber.“
„Verstanden, Schef!“ Frasther deutete ein Salutieren an.
„Alles klar, Adi“, nickte auch der Prolet.
Dann schlurfte Adi wieder davon. Als er sich umdrehte, sah Frasther sein Kreuz, das mehr mit dem eines spanischen Kampfstieres, als mit dem eines normalen Menschen gemein zu haben schien. Er konnte sich gut vorstellen, dass Adi einen nicht zu unterschätzenden Gegner abgeben würde. Mit seinen Pranken und diesem Knochenbau hatte er sicher schon einige gestande Knastrologen wie rotznasige Schulbuben aus seinem Lokal hinausgewatscht.
Frasther zündete sich einen Tschick an und hielt dem Kerl, der sich ins Gespräch eingemischt hatte, ebenfalls die Packung hin. Dieser griff bereitwillig zu und wuselte sich einen Glimmstängel heraus, während er mit der anderen Hand die fette alte Barschnepfe herbeiwinkte und zwei Rüscherl orderte.
„Ich bin der Ottl“, stellte er sich vor und prostete Frasther zu. Dieser nahm sein Rüscherl, prostete zurück und sagte: „Frasther!“
Nachdem beide einen kräftigen Schluck genommen hatten, begann Frasther den Kerl in ein Gespräch zu verwickeln: „Hoff', du bist mir nicht barsch, weil ich dir den Typen weggeputzt habe.“
Ottl winkte ab: „Keine Sorge, schöner als du hätt' ich ihm auch keine auflegen können“, grinste er. „Freche Saubande, kommen hier rein, um sich was zum Kiffen zu suchen; was denken die sich eigentlich?““
Damit spielte er auf den Umstand an, dass der Genuss von Cannabisprodukten in Alkoholiker-kreisen nicht gern gesehen war – ein Lernprozess, der den beiden jungen Burschen von eben offenbar noch bevor stand.
„Studenten halt, was willst' dir von diesen Hirnwichsern erwarten?“, brummte Frasther. Ottl lachte zynisch, sofort begann der Schmäh zu rennen. Frasther zahlte die nächsten Rüscherl, während er sich mit seinen neuen Kumpel zuerst über Banalitäten wie Herkunft, Alter und Werdegang, dann über eventuelle gemeinsame Bekannte und schließlich über die jeweiligen Knasterfahrungen unterhielt. Ottl kam aus der Bodybuilder-Szene und hatte jahrelang davon gelebt, extrem harten Stoff an wandelnde Muskelberge zu verticken. Das erklärte auch, warum Frasther ihn nicht kannte – er war seit seiner Jugendzeit nicht mehr in einem Fitnessstudio gewesen. Wozu auch, er hielt sich ja durch regelmäßige Prügeleien fit.
Als man nach dem siebten oder achten Rüscherl langsam in eine redselige Stimmung kam, wurde Frasther klar, dass er hier gefunden hatte, wonach er gesucht hatte. Ganz ohne nachzubohren bekam er vom beschwipsten und daher sehr vertrauensseligen Ottl einige interessante Geschichten zu hören. Da wären zwei Typen auf offener Straße massakriert worden, ob er noch nichts davon gehört hätte? Als Frasther verneinte, erzählte Ottl ihm in epischer Breite so ziemlich alles, was er zu wissen schien: Offenbar gäbe es da ein paar Eindringlinge, die sich hier in der Stadt breit machen und im Weiberfleischhandel mitmischen wollten. Er habe läuten gehört, dass es zwar nicht viele Kerle seien, die aber dafür aus irgendeiner ehemaligen Sowjet-Republik stammen würden. Und somit wären sie natürlich mit Vorsicht zu genießen, denn man wisse ja, dass die Russen allesamt wilde Hund' seien. Darum habe er – der Ottl – auch großen Respekt vor dem- oder denjenigen, die diesen beiden Typen auf der Stadtstraße das Licht ausgeblasen hätten. Wenn die da mal nur nicht den schlafenden Bären aufgeweckt hätten, meinte er und nickte ernst.
„Ich dachte immer, die Russen sind eher bei Schutzgeld und diesem chemischen Drogenmist aktiv“, legte Frasther einen Köder aus.
„Normalerweise schon, aber für Schutz brauchst du mehr als nur 'n paar Kerle und Giftpanscherei rentiert sich kaum mehr, seit jeder Junkie sich sein eigenes Süppchen zuhause kocht. Das mit dem Weibern könnte ganz einfach für sie laufen, sie müssen nur die Konkurrenz aus dem Revier vertreiben, dann können sie ihre eigene Ware aus dem Osten auf die Straßen lassen. Hübschere Weiber, die mehr Gockel machen und nicht so verdammt verwöhnt sind wie unsere Nutten hier.“
Da war in der Tat was dran, musste Frasther sich eingestehen. Der Ottl verfügte über einen sehr wachen Verstand, wie es schien.
„Glaubst' nicht, dass die jetzt aufstecken, wenn sie schon zwei Mann verloren haben?“, fragte er über die Rauchwolke eines frisch angezündeten Tschicks hinweg.
Der Ottl schüttelte langsam den Kopf: „Aufstecken? Die Ostblock-Mafia? Nee, nee, mein Lieber, die stecken nicht auf. Erinner dich an den zweiten Weltkrieg – erst haben die jahrelang nur Dreck gefressen und dann sind sie immer noch bis nach Berlin marschiert… Hab' da schon was gehört, dass die unbedingt rausfinden wollen, wer ihren Leuten die Lichter ausgeblasen hat. Angeblich waren da zwei ausgebrannte Autowracks, aber die Bullen haben nur eine Karre mit verkohlten Leichen drin gefunden…“
„Nur ein Wrack? Was soll denn das bedeuten?“, stellte Frasther sich dumm und schätzte, dass der Ottl ihm so am ehesten alles erzählen würde, was er wusste. Keiner wurde gern ausgefragt, doch wenn man sich zum großen Erklärer aufschwingen durfte, waren die meisten Menschen sehr mitteilsam.
„Dass nur eine Karre dort war? – Na, das bedeutet ganz klar, dass da kräftig geschmiert wurde, um die Karre der Täter verschwinden zu lassen. Muss also jemand mit Beziehungen sein. Oder mit Geld, oder beidem“, schlussfolgerte Ottl.
„Aha. Naja, das kann nur einer der Strizzis hier gewesen sein, die ham' alle Kohle und Vitamin B. Aber soweit ich die Typen kenne, hat keiner von denen die Eier, um sowas durchzuziehen“, versuchte Frasther das Ganze zu relativieren.
„Na, das war sicher nicht der Strizzi selber, der hat sich halt ein paar Haudegen gekauft. Ist ja logisch, dass die nicht so einfach klein beigeben. Hast du nichts gehört, dass jemand von denen entschlossene Männer sucht? – Ich könnt' einen Job ganz gut brauchen.“
Jetzt war es dann der Zeit für eine Notlüge, auch wenn es Frasther ein bisschen leid tat. Ottl schien ein von Grund auf anständiger Kerl zu sein und er hätte ihm gerne geholfen, aber im Hinblick auf das höhere Ziel seiner Mission hielt er es für angebracht, jegliche Verbindung zu dieser Sache zu leugnen. „Also, sollt' ich was hören, bist du der Erste, der's erfährt. Aber in der Regel hab' ich mit dem Geschäft nichts zu tun – is' mir zu kompliziert“, erklärte er grinsend.
Ottl seufzte auf und nickte wissend. „Undankbarer Job, ich weiß, und dauernd hat man ein Theater mit den Weibern…“
Frasther lachte laut auf; da hatte er allerdings Recht! Das Gespräch wurde wieder lockerer, Ottl klagte Frasther sein Leid von wegen Ebbe in der Kasse und versicherte ihm, dass er sich sowie sein Wissen und seine Fähigkeiten an den Erstbesten verkaufen würde, der ihm dies mit klingender Münz' vergelten würde. Er versprach sich ein beträchtliches Sümmchen, wenn er den angeschlagenen Eindringlingen gegenüber einen konkreten Täter benennen könnte; und er war sich sicher, dass er früher oder später in Erfahrung bringen würde, wer diese beiden Typen aus dem Weg geräumt hatte.
Frasther hatte genug erfahren; den Prag-Luis würden diese neuen Informationen garantiert sehr interessieren, dessen war er sich gewiss. Also spendierte er Ottl noch das eine oder andere Trankerl und man redete über die letzten Boxkämpfe und Motorradrennen.
Schließlich machte er sich mit gespieltem Bedauern vom Acker. „Muss mich noch um die Karre von 'nem Kumpel kümmern, dem hat's versehentlich den Airbag ausgelöst“, erklärte er und schüttelte Ottl kräftig die Hand.
Auf dem Weg zurück zum Jeep steckte Frasther sich einen Tschick an und grinste in sich hinein. Jetzt zum Prag-Luis, sein blödes Gesicht anschauen, wenn er ihm seine Informationen präsentierte.