Читать книгу Jahresabschluss nach dem Schweizer Rechnungslegungsrecht - Marco Gehrig - Страница 77
3.6 Geschäftsbericht 3.6.1 Aufgaben und Umfang des Geschäftsberichts
ОглавлениеIm Aktienrecht von 1936 wurde die Verwaltung einer Aktiengesellschaft verpflichtet, in einem schriftlichen Geschäftsbericht den Vermögensstand und die Tätigkeit der Gesellschaft darzulegen und den Jahresabschluss zu erläutern. Bei der Revision des Aktienrechts 1991 wurde die Bezeichnung auf Jahresbericht umgestellt und als Aufgabe festgehalten, den Geschäftsverlauf sowie die wirtschaftliche und finanzielle Lage darzustellen. Im Rechnungslegungsrecht 2011 wurde die Bezeichnung »Geschäftsbericht« zum Oberbegriff mit den Elementen Jahresrechnung und Lagebericht, bisher Jahresbericht genannt, sofern dies vom Gesetz verlangt wird. Der Begriff Geschäftsbericht (OR 958 II) umfasst je nach Unternehmenskategorien verschiedene Elemente ( Abb. 7).
Abb. 7: Aufgaben und Umfang von Geschäftsberichten
Konzerne haben neben den Jahresabschlüssen der Obergesellschaft noch eine konsolidierte Rechnung zu erstellen (OR 959 ff.). Muss der Jahresabschluss nach einem anerkannten Standard wie Swiss GAAP FER erstellt werden, umfasst die Jahresrechnung auch einen Eigenkapitalnachweis.
Bei grösseren Unternehmen, die der ordentlichen Revisionspflicht unterstehen (OR 727 I) oder Beteiligungspapiere an der Börse kotiert haben, deckt sich somit die Bezeichnung Geschäftsbericht mit jener aus dem bisherigen Recht.
Besondere Vorschriften kommen bei publikumsorientierten Unternehmen133 wie Gesellschaften mit börsenkotierten Beteiligungspapieren, grossen Genossenschaften sowie grossen Stiftungen (OR 962 II) zur Anwendung.
Aus dem Begriff der Jahresrechnung in OR 958 II ergibt sich der Begriff des Geschäftsjahres. Im Gegensatz zum HGB wird dieser nicht definiert.134 Entsprechend dem Kalenderjahr umfasst ein Geschäftsjahr in der Regel 12 Monate, wobei dieses jedoch nicht immer am 1. Januar beginnt (Eröffnungsbilanz) und am 31. Dezember als Bilanzstichtagen (Schlussbilanz) endet. Die früher häufigeren Abweichungen vom 31. Dezember waren nicht zuletzt branchen- und bilanzpolitisch bedingt mit dem Ziel eines möglichst günstigen Bilanzbildes, bei Brauereien z. B. der 30. September (mit tiefen Vorräten und hoher Liquidität am Ende des Bilanzjahres). In den letzten Jahren hat sich das Kalenderjahr als Geschäftsjahr weitgehend mit dem 31. Dezember als Bilanzstichtag durchgesetzt. Ausnahmen wie Barry Callebaut (31. August) und Titlisbahnen (31. Oktober) bestätigen die Regel. Umfasst das Geschäftsjahr weniger als 12 Monate, beispielsweise im ersten Geschäftsjahr bis zum ersten Abschluss am Abschlusstermin vom 31. Dezember oder bei Verlegung des bisherigen Abschlusstermins, liegt ein Rumpfgeschäftsjahr vor. Ein überjähriges Geschäftsjahr von mehr als 12 Monaten entsteht, wenn nach einer Gründung der erste Jahresabschluss nicht am nächsten, sondern erst am übernächsten Termin oder eine Verlegung des Abschlusstermins vom 1. Mai im Jahr 1 auf den 31. Dezember im Jahr 2 erfolgt.
OR 958 II setzt für die Erstellung des Geschäftsberichts eine Frist von sechs Monaten fest. Innerhalb dieser Frist ist der Bericht dem obersten Gesellschaftsorgan zur Genehmigung vorzulegen. Bei der AG ist überdies zu beachten, dass wegen der Einladungsfrist von mindestens 20 Tagen für die Generalversammlung und bei Revisionspflicht für diese Tätigkeit ebenfalls zusätzlich Zeit einzuräumen ist. Die Frist von sechs Monaten wird daher in der Praxis bei grösseren Unternehmen für die Erstellung um sechs bis acht Wochen verkürzt.135 Wenn das oberste Leitungsorgan, in der AG der Verwaltungsrat, die gesetzliche Vorlegungsfrist nicht beachtet, handelt es sich um eine Pflichtverletzung, welche allerdings erst in einem Verantwortlichkeitsprozess negative Folgen nach sich zieht.
In Aktiengesellschaften ist es üblich, in den Statuten Bestimmungen über die Rechnungslegung und damit auch zum Geschäftsjahr aufzunehmen, obwohl dies gesetzlich nicht zwingend ist.