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Kicker, Massage, Obstkorb: Das Feigenblatt der Incentives

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Die stressigsten Jobs sind oft zugleich die komfortabelsten. Im einen Büro gibt es morgens frisch gepressten Vitaminsaft für alle am Empfang, mit Essensgutscheinen kann man im Öko-Deli um die Ecke Wraps und Salat kaufen, die Mitgliedschaft im Fitnessstudio kostet nichts und noch auf der Firmentoilette sind kleine Fernseher installiert, auf denen man die Börsenkurse von n-tv checken kann. Beim nächsten steht ein Kickertisch in der Teeküche, im Kühlschrank finden sich französisches Wasser und deutsches Bier für alle. Im dritten gibt es umsonst Obst, so dass man für den Nachmittags-Snack gar nicht mehr aus dem Haus muss. Wenn die langen Schreibtischstunden den Nacken verspannen, bucht man 20 Minuten beim Masseur, der ins Büro kommt - natürlich kostenlos für alle Mitarbeiter. Der Kaffeevollautomat brüht hervorragenden Cappuccino und Espresso - und ist dementsprechend ständig umlagert. Wenn es abends spät wird, lässt der Chef Pizza oder Sushi kommen.

Schöner lässt es sich eigentlich nicht arbeiten, oder? Selbstverständlich sind bei derartigen Jobs die Schreibtische geräumig, die Räume durchdesigned, die Stühle ergonomisch. Manche Arbeitgeber versuchen mit solchen Extras - gut gemeint, aber häufig hilflos - der Frustration und Überarbeitung gegenzusteuern: »Firmen holen für ihre Mitarbeiter Lebensberater oder Masseure ins Haus, ordern Bügeldienste oder bauen für Belegschaften einen kompletten Kindergarten auf«, schreibt die ZEIT und analysiert zum Jahreswechsel 2007/2008: »Offerten zur Entspannung im Büro und zur Auflockerung grauer Arbeitsalltage sind eine ertragsstarke Wirtschaftsbranche geworden.« Sogar das sonst streng karriereorientierte Magazin Wirtschaftswoche brachte eine Serie über die Nachteile von Stress und legte einer Ausgabe eine beruhigende Musik-CD bei. Und doch ... glücklich machen diese neudeutsch »Goodies« oder »Incentives« genannten Nettigkeiten eigentlich niemanden. Denn auf der anderen Seite der Gleichung stehen in der Regel knochenbrecherische Arbeitszeiten. Überstunden sind normal, die Chefs essen selbst am Schreibtisch, wer zwischendurch mal einkaufen geht, kann sicher sein, per Handy gefragt zu werden, wo er gerade steckt. Ambiente und Ausbeutung hängen oft zusammen.

Morgen komm ich später rein - Für mehr Freiheit in der Festanstellung

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