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Der Forscher

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Charly setzte sich auf den grauen Stein, den der schneidende Wind freigelegt hatte. Es war der einzige dunkle Punkt in der weißen Landschaft. Das ewige Eis enthüllte nur selten seine Geheimnisse.

Über 150 Meter hoch hatte sich der Schnee aufgeschichtet und verbarg alles, was Charly finden wollte. Doch er hatte gutes Equipment. Dazu gehörte auch ein simpler Klappspaten, mit dem er es schaffte eine kleine Mulde in das Eis zu graben. Dann schnallte er seinen Rucksack ab, begann systematisch die Werkzeuge auszupacken und in der Mulde anzuordnen. In die Mitte steckte er einen Teleskopstab, an dessen Ende ein roter Wimpel flatterte. Würde eine heftige Windböe den Schnee über seine Sachen wehen, dann wusste er, wo er seine Werkzeuge suchen musste. So konnte er mit wenigen Handgriffen alles wiederfinden.

Zum Schluss installierte er den Pulsator. Dabei achtete er penibel darauf, dass er ihn mit Hilfe der Satellitenunterstützung korrekt ausrichtete. Einundfünfzigster Breitengrad, siebter Längengrad. Norden lag genau im Rücken des Gerätes. Charly rollte die Solarmatte aus und verband sie mit dem Akku des Pulsators. Es würde nun ein paar Minuten dauern, bis er den ersten Impuls in die Tiefe jagen könnte.

Um die Zeit nicht zu verschwenden, nahm er sich nochmals den kleinen Spaten und schaufelte einige Zentimeter tief den Stein frei. Die Naturgewalten hatten ihn glattgeschliffen. Und doch … Wenn man ihn genau betrachtete, konnte man erkennen, dass er von Menschenhand bearbeitet worden war.

Ein kurzes Klicken und ein rot blinkendes Lämpchen machten Charly darauf aufmerksam, dass der Pulsator aufgeladen war. Die Eisschichten und Steinformationen hatten unterschiedliche Dichte und reflektierten das Signal des Pulsators verschieden stark. Charly drückte den Auslöser. Im Display erschien ein erstes dreidimensionales Bild von der Welt unter ihm.

Zehn Aufnahmen mit verschiedenen Einstellungen würden genügen, um eine wissenschaftliche Auswertung vornehmen zu können. Doch für den zweiten Impuls musste die Solarmatte erst wieder genug Tageslicht bündeln.

Es war albern, aber Charly nahm wieder den Spaten zur Hand und grub neben dem Stein. Inzwischen hatte er schon einen Meter geschafft. Obwohl er wusste, welche Form der Stein hatte, setzte er Spatenstich um Spatenstich seine Arbeit fort. Wenigstens würde ihm durch die Anstrengung die Kälte nicht so sehr zu schaffen machen.

Er grub den ganzen Nachmittag weiter und unterbrach seine Arbeit nur, um den Auslöser zu drücken.

Nach der letzten Aufnahme wusste er, dass er auch den Klappspaten wieder zusammenfalten musste. Es wurde Zeit, der Kälte zu entfliehen. Er hatte keine Ahnung, warum er überhaupt damit angefangen hatte, den Stein freizulegen. Es wäre ihm von vorneherein unmöglich gewesen, alles von Schnee und Eis zu befreien.

Aber als er seine Werkzeuge wieder sorgsam im Rucksack verstaut hatte und sich auf seinen Turbohover stellte, da warf er einen kurzen Blick auf sein Werk. Er hatte die obersten Blätter der Kreuzblume freigelegt.

Es war das Abschlussstück einer Turmspitze des Kölner Doms.

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