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Sind alle Demokratien Republiken?
ОглавлениеZunächst bezeichnet RepublikRepublik eine Staatsform und ist damit auf derselben Ebene angesiedelt wie zum Beispiel Monarchie. Von dieser grenzt sich jede Republik auch bewusst ab. Man kann Republik also frei mit „Nicht-Monarchie“ übersetzen. Demokratie bezeichnet dann die RegierungsformRegierungsform, die eine Republik annehmen kann, aber nicht notwendig annehmen muss. Beide, Demokratie und Republik, sind die historischen Gegnerinnen der (absolutistischen) MonarchieMonarchie, die sie gemeinsam in den demokratischen RevolutionenRevolution des 18. Jahrhunderts vom Sockel, oder besser vom Thron, gestoßen haben. Dabei existiert die Staatsform der Republik schon viel länger, nämlich seit der römischen Antike. Dort wechselte die Republik sich mit der Monarchie und der (temporären) DiktaturDiktatur ab und war charakterisiert durch ein Mischverfassungssystem mit stark aristokratischem Anstrich, das jedoch auch die Beteiligung einfacher (männlicher) Bürger am politischen Entscheidungsprozess kannte. Das Wort Republik leitet sich vom Lateinischen res publica (die öffentlichen Angelegenheiten) ab. Damit wird die Idee und Praxis der SelbstregierungSelbstregierung und SelbstgesetzgebungSelbstgesetzgebung von freien und gleichen Bürgern (anstelle der Willkürherrschaft eines Tyrannen, Despoten oder Monarchen) bezeichnet, wie sie die politischen Theorien des Republikanismus seit AristotelesAristoteles unterschiedlich ausbuchstabieren. Die Praxis und Theorie der Republik wirkten dann maßgeblich auf die italienischen und mitteleuropäischen Stadtstaaten der Renaissance und von dort auf die Amerikanische und Französische RevolutionRevolution ein. Republiken waren jedoch historisch bei weitem nicht so demokratisch, wie das heutzutage der Fall ist. So hatten etwa im Athen des Aristoteles im 4. Jahrhundert vor Christus wie auch im Rom CicerosCicero im ersten vorchristlichen Jahrhundert, in MachiavellisMachiavelli, Niccolò Florenz des 15./16. Jahrhunderts sowie in RousseausRousseau, Jean-Jacques Genf des 18. Jahrhunderts meist nur wenige privilegierte Männer das Recht auf die volle Teilhabe am politischen Leben. Auch in den modernen Republiken USA und Frankreich wurden nur ganz allmählich die politischen, sozialen und ökonomischen Teilhaberechte auch auf Frauen, Arme oder ehemalige Sklav*innen ausgeweitet und das auch nur nach zähen und harten KämpfenKampf der marginalisierten bis exkludierten Bevölkerungsgruppen. Das erklärt sich dadurch, dass RepublikenRepublik traditionell von einem starken antidemokratischen Vorbehalt getragen und entsprechend auch institutionell strukturiert sind. Um den vermeintlichen Nachteilen demokratischer Selbstregierung für die Stabilität der republikanischen Ordnung einen effizienten Sperrriegel vorzuschieben, griffen Republiken daher immer schon auf bestimmte institutionelle Arrangements zurück, wie zum Beispiel die heute als demokratisch geltende Praxis der GewaltenteilungGewaltenteilung, die jedoch ursprünglich eher dem Schutz der Privilegien und Macht des Adels vor dem demokratischen Pöbel diente. Die Politische Theoretikerin Hannah ArendtArendt, Hannah (1906–1975) hat darauf hingewiesen, dass den Gründern der nordamerikanischen Republiken die Pluralität an Meinungen und Interessen sogar als wesentliches Unterscheidungsmerkmal der RepublikRepublik von der klassischen Demokratie galt, der sie die Tendenz zur gewaltvollen Gleichmachung unterstellten und ihr daher das Prinzip der → RepräsentationRepräsentation entgegenstellten. Außerdem bauen Republiken auf das tugendhafte Verhalten der Bürger*innen und sehen darin neben den angemessenen Institutionen die Garantie für eine stabile und freiheitsfördernde politische Ordnung. TugendTugend meint dabei, spätestens im Konfliktfall die eigenen Interessen zurückzustellen und zum Wohl der Gemeinschaft zu entscheiden. Die politische Erziehung zu tugendhaften Bürger*innen ist ein zutiefst republikanisches Ideal, das Anhänger*innen des LiberalismusLiberalismus den Angstschweiß auf die Stirn treibt und sie totalitäre Verhältnisse fürchten lässt. Die Staatsform der Republik war also historisch gesehen eher eine Art Vorbedingung für die moderne Demokratie oder besser der Rahmen, innerhalb dessen sich demokratische KämpfeKampf um die Beteiligung ausgeschlossener, unterdrückter und entrechteter Gruppen unter Einforderung der Versprechen auf SelbstregierungSelbstregierung in Verbindung mit den Prinzipien der → GleichheitGleichheit und → FreiheitFreiheit entfalten konnten. Besonders prägnant und wichtig für die postkoloniale Demokratietheorie geschah das zum Beispiel im Zuge der Haitianischen RevolutionRevolutionHaitianische von 1791 bis 1804 oder in Kolonien, etwa Algerien, die sich im Zuge der nationalen Befreiungskämpfe gegen die koloniale Vorherrschaft in Republiken transformierten. Heute sind die meisten Demokratien Republiken, konstitutionelle Monarchien wie England sind eher eine Ausnahme.