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Was genau bedeutet Demokratie?

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Die Erfindung des Wortes demokratia wird dem antiken griechischen Geschichtsschreiber HerodotHerodot (490/480–430/420 v. Chr.) zugeschrieben. Der Begriff ist eine Komposition aus dem Wort demos (→ Volk) und kratein, was mit „herrschen“ übersetzt wird. Demokratie meint dann Volksherrschaft als ein spezifisches Konzept einer politischen Ordnung.

An Herodot anknüpfend erarbeiteten PlatonPlaton (428/27–348/47 v. Chr.) und AristotelesAristoteles (384–322 v. Chr.) die ersten heute bekannten Systematisierungen verschiedener Herrschaftstypen, von denen die Demokratie jeweils eine spezifische Organisationsform war. Beide unterschieden für ihre Systematisierungen die quantitative Anzahl der Herrschenden und die qualitative Form der Ausübung der Herrschaft, wobei die Demokratie die Herrschaft der Vielen und Armen zu ihrem eigenen Vorteil, also eine nicht an der TugendTugend des GemeinwohlsGemeinwohl orientierte Herrschaftsform war.

Zwischen dem antiken und dem heutigen Verständnis von Demokratie gibt es sowohl Kontinuitäten als auch erhebliche Unterschiede. Heute assoziiert man mit Demokratie gemeinhin ein politisches System, das auf den per VerfassungVerfassung garantierten Prinzipien der VolkssouveränitätVolkssouveränität, der GewaltenteilungGewaltenteilung und der RechtsstaatlichkeitRechtsstaatlichkeit ruht und politische Herrschaft nach dem MehrheitswahlrechtMehrheitswahlrecht zuteilt. Historisch betrachtet war die Demokratie trotz ihres heute guten Rufes jedoch immer auch ein System, das auf dem Ausschluss von Fremden als Nicht-Demokrat*innen sowie von bestimmten Gruppen als Nicht-Teil des zur Politik berechtigten demosdemos aufbaute, allen voran den Frauen. Daran änderten auch die demokratischen RevolutionenRevolution im 18. Jahrhundert, die als Geburtsstunde der modernen Demokratie sowie der Idee der MenschenrechteMenschenrechte gelten, zunächst wenig. Vor allem die Frage, was die „Herrschaft“ konkret bedeuten und wer überhaupt zum Volk im politischen Sinn zu zählen hat und wer nicht, ist bis heute hoch umstritten in den politischen Theorien und der politischen Praxis der Demokratie. Fest steht nur, dass die exkludierenden Praktiken der Demokratie kein zufälliges und ungewolltes Nebenprodukt waren, welches die Demokratie im Laufe ihrer Entwicklung nach und nach wie einen überflüssigen Ballast losgeworden ist, sondern im Begriff der Demokratie stets inbegriffen waren. Verbunden damit ist auch der normative Wert der Demokratie immer schon ein zentraler Streitpunkt in der Geschichte der politischen Ideen gewesen. Dass die meisten Menschen die Demokratie heutzutage als die bei allen Mängeln und Nachteilen doch einzig vorstellbare und wünschenswerte Form politischer (Selbst-)Organisation halten, ist daher keine Selbstverständlichkeit, sondern das kontingente Ergebnis sozialer, politischer und auch wissenschaftlicher Auseinandersetzungen und KämpfeKampf, die nicht selten von den Ausgeschlossenen initiiert und geführt worden sind.

Die besondere Attraktivität, welche sich der Begriff der Demokratie über die Jahrtausende trotz aller Kritik, Anfeindungen und Angriffe bewahren konnte, liegt dann auch in der Möglichkeit, dass man sich in der politischen Praxis auf die Versprechen der Demokratie nach VolkssouveränitätVolkssouveränität, → GleichheitGleichheit und → FreiheitFreiheit berufen kann, um deren Einlösung einzufordern. Gleichzeitig ist die Demokratie dann aber auch ein effizientes Mittel für politische Eliten, den kritisierten status quo zu verteidigen und Reformbestrebungen marginalisierter Gruppen als antidemokratisch zu brandmarken, um sie so zu delegitimieren. In diesem Sinne ist die Demokratie nicht nur als Beschreibung für ein spezifisch organisiertes politisches System, sondern immer auch als politischer KampfbegriffKampf zu begreifen.

Demokratie? Frag doch einfach!

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