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Welche Idealtypen von Staatlichkeit gibt es?

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Von einer weniger ideengeschichtlichen und mehr systematischen Perspektive aus lässt sich die Entwicklung der modernen demokratischen Staatlichkeit idealtypisch rekonstruieren. Das bedeutet wohlgemerkt nicht, dass die Entwicklung tatsächlich so stattgefunden hat. Geschichte, auch die der Demokratisierung, verläuft nicht linear, sondern in Form von revolutionären Umwälzungen, von Brüchen und Sprüngen, in Konflikten und Widersprüchen und mitunter auch Rückschritten und Rücknahmen historischer Errungenschaften. Daher spricht man in der Forschung von KontingenzKontingenz. Dies bedeutet nicht reine Willkür oder bloßen Zufall, wohl aber die Nicht-Notwendigkeit historischer Entwicklungen. Zudem lassen sich heute die verschiedenen Dimensionen in demokratischen Staaten wenn auch unterschiedlich ausgeprägt, so doch gleichzeitig auffinden. Idealtypisch entwickelte sich also aus dem Bedürfnis und der Forderung nach Sicherheit der so genannte Schutzstaat, der die Gemeinschaft vor feindlichen Angriffen schützen, den Frieden im Inneren sichern und die bestehende Eigentumsordnung im Sinne der (männlichen) Besitzbürger garantieren sollte. Mit den verstärkten Forderungen nach → Freiheit entwickelte sich der Schutzstaat dann zum RechtsstaatRechtsstaat weiter, der auf Basis einer Rechts- und Verfassungsordnung für die Garantie und den Schutz der Menschen- und Bürgerrechte zu sorgen hat und dies in Form spezieller Institutionen, zum Beispiel Verfassungsgerichten, leistet. Mit dem politischen Ruf nach → SolidaritätSolidarität entwickelte sich der Rechtsstaat zum Sozialstaat weiter, der nun also auch für die Gewährleistung sozialer Rechte und für die Schaffung ökonomischer → GleichheitGleichheit zuständig ist, so dass die sozialen und ökonomischen Bedingungen dafür geschaffen werden, dass alle Menschen in angemessener Weise am öffentlichen Leben teilhaben können. Die Forderung nach Gleichheit schließlich führte zur Herausbildung des demokratischen Staates, der das Prinzip der Volkssouveränität in die Wirklichkeit umsetzen sollte und dies über die Institution des allgemeinen und freien Wahlrechts sowie die prinzipielle Öffnung der Zugänge zu politischen Ämtern und unterschiedlichen institutionellen Möglichkeiten der Teilhabe am politischen Leben gewährleistet. Schließlich entwickelte sich der demokratische Staat zum Kulturstaat weiter, der die Bildung für alle Bürger*innen, die Förderung der wissenschaftlichen Forschung und die Schaffung von Gerechtigkeit im internationalen Kontext, etwa in Fragen des Friedens und der Ökologie, voranbringen soll. Gegenwärtig lassen sich zudem die Auswirkungen eines bereits länger laufenden Wandels der demokratischen Staatlichkeit hin zu einem nationalen Wettbewerbsstaat als historisch neuem Typus kapitalistischer Herrschaft beobachten. Dieser muss sich laut dem Politikwissenschaftler Joachim HirschHirsch, Joachim (*1938) im globalen Wettbewerb um die besten Investitionsbedingungen für das internationale Kapital gegen konkurrierende Staaten durchsetzen, woraus ein enormes Bedrohungspotenzial für den liberalen Rechtsstaat erwächst, insofern dieser als Investitionshemmnis und damit Hindernis für die Finanzströme gesehen und entsprechend bekämpft wird.

Literaturtipp | Über das Verhältnis von Staat und Kapitalismus schreibt J. Hirsch in seinem Buch Der nationale Wettbewerbsstaat. Staat, Demokratie und Politik im globalen Kapitalismus, ID-Verlag 1995. Die Notwendigkeit eines Staats als Korrektiv gegenüber den Märkten beschreibt R. Voigt in Der Januskopf des Staates. Warum wir auf den Staat nicht verzichten können, Franz Steiner Verlag 2009.

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