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9. Verbindungslinien zum Reputationsmanagement
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Wie die aktuelle Diskussion um Corporate Social Responsibility zeigt, wird der unternehmerische Verantwortungsbereich durch diverse CSR-Vorgaben und Initiativen für verantwortliches gesellschaftliches Handeln erweitert, ohne dass dabei die Frage nach dem wünschenswerten Umfang unternehmerischer Verantwortung einerseits und dem rechtlich zulässigen Maß der Begrenzung unternehmerischer Aktivität andererseits stets im Einzelnen geklärt wäre.91 Zu bereits existierenden und oben exemplarisch skizzierten umfangreichen Rechtspflichten tritt ein Trend der „Verrechtlichung“ unterschiedlicher Anforderungen des „Soft Law“ hinzu, wie dies etwa die Pflicht zur CSR-Berichterstattung, die erforderlichen Compliance-Maßnahmen nach der EU-Konfliktmineralien-Verordnung92 oder die geplanten menschenrechtliche Sorgfaltspflicht in dem geplanten Lieferketten-Gesetz verdeutlichen.93 Diese Beispiele zeigen: Von Erwartungen an Integrität und verantwortungsvolles Unternehmertum bis hin zu Rechtspflichten und deren Durchsetzung kann es im Kontext neuer Entwicklungen teilweise nur ein kleiner Schritt sein – es entwickelt sich ein neuer Bereich der „CSR-Compliance“.94
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Die Beachtung von CSR-Anforderungen kann im Interesse der Sicherung der Unternehmensreputation auch jenseits der Rechtsverbindlichkeit geboten sein. Die Reputation eines Unternehmens gilt als bedeutender immaterieller Vermögensgegenstand.95 Die sog. Image- und Reputationsschäden sind häufig schwer zu beziffern, sie können aber zu erheblichen Verlusten und Nachteilen bis hin zu einem Einbruch des Börsenwerts führen.96 Der Schutz der Reputation spielt daher eine zentrale Rolle, das positive Image des Unternehmens in der Öffentlichkeit und bei den maßgeblichen Bezugsgruppen (Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Investoren etc.) kann durch „Non-Compliance“ nachhaltig beeinträchtigt oder ganz zerstört werden.97 Reputationsrisiken und „Reputationsmanagement“ haben sich zu wichtigen Themen für das Compliance- und Risikomanagement entwickelt.98 Somit ist die Identifikation und Steuerung von Reputationsrisiken ein wichtiger Bestandteil des Compliance Managements.99
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Da die Missachtung ethischer Verhaltenserwartungen der Stakeholder ebenso zu Imageschäden und Reputationseinbußen führen kann wie die Missachtung rechtlicher Vorgaben,100 sollte die Unternehmensleitung im Einzelfall erwägen, zum Schutz vor Reputationsverlusten auf eine Gewinnoptimierung aus ethischen Aspekten zu verzichten.101 Wie die im Nachhaltigen Aktionsplan (NAP)102 formulierten Erwartungen der Regierung an verantwortliches Handeln der Unternehmen und die damit verbundene Diskussion um die Notwendigkeit eines sog. „Lieferkettengesetzes“ exemplarisch zeigen, kann es sich für die jeweilige Unternehmensleitung empfehlen, das eigene Geschäftsmodell und die Unternehmensstrategie nicht allein auf Rechtskonformität, sondern auch auf ethisch einwandfreie Gestaltungen hin zu überprüfen.
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Die gezeigten Beispiele umfangreich bestehender Rechtspflichten sowie neuer Anforderungen und weitergehender Trends zur „Verrechtlichung“ vormals freiwilliger Verantwortungsbereiche verdeutlichen, dass Compliance Management für Unternehmen und Verbände sowie deren Leitungsorgane eine dauerhafte und anspruchsvolle Aufgabe ist.103 Infolge vielfältiger, komplexer sowie teils unklarer bzw. auslegungsbedürftiger Vorgaben müssen Entscheidungen häufig unter Rechtsunsicherheit getroffen werden.104