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a) Branchenspezifische Sonderregeln als Erkenntnisquelle
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Besondere (aufsichts-)rechtliche Vorgaben für die Einrichtung einer Compliance-Organisation bestehen für Kredit- und Finanzdienstleistungsunternehmen, für Wertpapierhandelsunternehmen sowie für Versicherungsunternehmen.130 So muss gemäß § 25a KWG ein Institut über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verfügen, welche die Einhaltung der vom Institut zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen und der betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten gewährleistet. Eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation im Sinne dieser Vorschrift muss insbesondere ein angemessenes und wirksames Risikomanagement umfassen, auf dessen Basis ein Institut die Risikotragfähigkeit laufend sicherzustellen hat. Das Risikomanagement umfasst insbesondere die Festlegung einer auf die nachhaltige Entwicklung gerichteten Geschäftsstrategie und einer damit konsistenten Risikostrategie (§ 25a Abs. 1 Nr. 1 KWG), Verfahren zur Ermittlung und Sicherstellung der Risikotragfähigkeit (§ 25a Abs. 1 Nr. 2 KWG) sowie die Einrichtung interner Kontrollverfahren mit einem internen Kontrollsystem und einer Internen Revision (§ 25a Abs. 1 Nr. 3 KWG).
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Für Wertpapierhandelsunternehmen werden diese Organisationspflichten gemäß § 33 WpHG insbesondere durch die Verpflichtung erweitert, eine dauerhafte und wirksame Compliance-Funktion einzurichten.131 Diese stellt einen wesentlichen Bestandteil des internen Kontrollsystems des Wertpapierdienstleistungsunternehmens im Sinne des § 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 KWG dar.132 Damit ist jedes Wertpapierhandelsunternehmen zur Beschäftigung eines Compliance-Beauftragten verpflichtet, nähere Einzelheiten zur Ausgestaltung der Compliance-Funktion ergeben sich aus der Wertpapierdienstleistungs-, Verhaltens- und Organisationsverordnung (WpDVerOV).133 Neben Auslegungshinweisen seitens der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zur Konkretisierung der organisatorischen Anforderungen haben kapitalmarktorientierte Unternehmen weitere Vorschriften bzw. aufsichtsbehördliche Empfehlungen zu beachten.134
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Versicherungsunternehmen haben die Vorgaben des § 29 VAG zu beachten. Gemäß § 29 Abs. 1 VAG müssen Versicherungsunternehmen über ein wirksames internes Kontrollsystem verfügen, das mindestens Verwaltungs- und Rechnungslegungsverfahren, einen internen Kontrollrahmen, eine angemessene unternehmensinterne Berichterstattung auf allen Unternehmensebenen sowie eine Funktion zur Überwachung der Einhaltung der Anforderungen (Compliance-Funktion) umfasst. Zu den Aufgaben der Compliance-Funktion gehört gemäß § 29 Abs. 2 VAG die Beratung des Vorstands in Bezug auf die Einhaltung der Gesetze und Verwaltungsvorschriften, die für den Betrieb des Versicherungsgeschäfts gelten. Außerdem hat die Compliance-Funktion die möglichen Auswirkungen von Änderungen des Rechtsumfeldes für das Unternehmen zu beurteilen und das mit der Verletzung der rechtlichen Vorgaben verbundene Risiko (Compliance-Risiko) zu identifizieren und zu beurteilen.
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Bei den genannten Normen handelt es sich allerdings um spezielle Regelungen im Hinblick auf die besonderen Risiken von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, an die der Gesetzgeber besondere (aufsichts-)rechtliche Anforderungen stellt. Daher besteht weitgehend Konsens, dass diese besonderen Anforderungen und Maßstäbe nicht einfach auf das Compliance Management in Unternehmen außerhalb dieser Industriesektoren übertragen werden können.135 Ebenso wenig ergibt sich die Verpflichtung zu einer Compliance-Organisation im Wege einer Gesamtanalogie zu diesen (und ausgewählten weiteren) Vorschriften.136
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Dem steht es allerdings nicht entgegen, die Vorgaben besonderer Branchen als Anschauungsmaterial für Fragen der Ausgestaltung des Compliance Managements zu nutzen. Denn bei allgemeinen Fragen, wie etwa hinsichtlich der Anforderungen an eine wirksame Compliance-Funktion, können die Branchenregelungen und die hierzu verfügbaren Quellen und Kommentierungen eine wertvolle Erfahrungs- und Erkenntnisquelle sein.137 Dies gilt etwa im Hinblick auf die Unabhängigkeit des Compliance Officers, seine Berichtspflichten und für Regelungen zur Vermeidung von Interessenkollisionen.