Читать книгу Das Rütli - ein Denkmal für eine Nation? - Martin Schaub - Страница 33
2.2.5 Flickr
ОглавлениеStellen die obigen Bildgattungen Materialien dar, um die kollektive Repräsentation des Rütlis zu erforschen, zeigen die private Fotografien, welche die Besucherinnen und Besucher auf dem Gelände herstellen, den individuellen Umgang mit dem Denkmal. Mit diesem Fokus reiht sich diese Teilstudie in eine längere Forschungstradition ein, die unter anderem davon ausgeht, dass die private Reisefotografie auf der einen Seite Projektionen individueller Vorstellungen und Bedürfnisse ausdrückt, auf der anderen aber auch verinnerlichte, kollektive Normen und damit die soziale Determiniertheit des privaten Bilderkanons.[224] Ähnliche Fragen, wie sie für die nichtteilnehmende Beobachtung formuliert sind, stellten sich auch für diese Bildgattung: Wie nehmen die Besuchenden das Denkmal wahr? Inwiefern werden Auseinandersetzungen mit dem Ort sichtbar und welcher Art sind sie?[225]
Dank online gestellter, individuell produzierter fotografischer Serien ist es inzwischen möglich, das an Ort virtuell hergestellte Bildmaterial systematisch zu erschliessen und auszuwerten.[226] Als Datenquelle diente Flickr, die weltweit wohl bekannteste und umfangreichste Online-Plattform für Fotografie.[227] Einbezogen wurden alle im Jahr 2015 auf Flickr auffindbaren Fotoserien, die einen privaten Rütli-Besuch – individuell oder in kleiner Gruppe – dokumentierten.[228] Denn zentrales Merkmal des beabsichtigten methodischen Zugriffs war der serielle Charakter des Bildmaterials. Gemeint sind damit in erster Linie nicht Einzelaufnahmen, sondern vielmehr zusammenhängende Bildserien, eigentliche Reportagen oder Fotoalben.[229] Die erzielte Stichprobe umfasste 40 Fotoserien.[230] Sie dokumentierten einerseits den eigentlichen Besuch des Geländes – diese Serien wurden vollständig erfasst. Andererseits berücksichtigte die Stichprobe auch Serien, deren Bilder das Rütli lediglich von aussen, vom Schiff aus oder von Seelisberg herab zeigten. Die Fotoproduzenten waren also nicht auf dem Gelände, sondern fotografierten das Denkmal aus Distanz. Von diesen recht häufigen Alben sind lediglich einige typische Beispiele in die erhobene Stichprobe eingegangen. Schliesslich erlaubte ein archivalischer Zufallsfund – ein in Form einer Negativserie dokumentierte Privatbesuch aus dem Jahr 1989 – einen exemplarischen, kontrastiven Vergleich, der die Alben- und Einzelbild-Analyse ergänzte.[231]