Читать книгу Das Rütli - ein Denkmal für eine Nation? - Martin Schaub - Страница 34
2.2.6 Rütli-Führer der SGG
ОглавлениеDie SGG hat im 20. Jahrhundert insgesamt vier Rütli-Broschüren herausgegeben, deren Autoren jeweils Mitglieder der Rütlikommission waren. Die erste Broschüre erschien anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums des Rütlikaufs.[232] Die von Melchior Schürmann, Aktuar der Rütlikommission, verfasste Schrift «Das Rütli als Nationaleigentum der Schweizerischen Eidgenossenschaft» wurde in einer Auflage von 26 000 Exemplaren produziert. Zum 75-Jahr-Jubiläum verfasste Martin Gamma 1935 eine neue Fassung: «Das Rütli: 75 Jahre Nationaleigentum».[233] Sie erschien sowohl in deutscher als auch in französischer Sprache. Die Rütlikommission setzte sich aktiv für den Absatz der neuen Broschüre in den Primar- und Sekundarschulen ein, konnte aber lediglich 18 000 Exemplare in deutscher Sprache und 2 400 in französischer Sprache absetzen – sehr wenig im Vergleich zu den rund 600 000 Schülerinnen und Schülern, welche die Kommission recherchiert hatte.[234] 1954 wiederum löste die Publikation «Rütli» von J. Hess Gammas Broschüre ab, auch Hess war Mitglied der Rütlikommission und zugleich Obwaldner Erziehungsdirektor.[235] Dieses Mal scheint die Absatzaktion deutlich erfolgreicher gewesen zu sein, da fast alle Kantone eine Bestellung für ihre Schulen getätigt hatten und in einem ersten Schritt eine Auflage von 170 000 deutschsprachigen Exemplaren gedruckt wurde; die vorgesehenen Auflagen in Französisch und Italienisch hingegen sind nicht nachweisbar. 1986 schliesslich legte Josef Wiget, Staatsarchivar und Kommissionsmitglied, eine Neufassung der Broschüre vor, die als Nachdruck noch heute in situ verfügbar ist. Die Analyse dieser vier Broschüren bezieht sich auf deren Titelseiten, eine Beschränkung, die weiter unten kommentiert wird.
Bereits kurz nach dem Jubiläumsjahr 1991 fielen die Besuchszahlen wieder auf das vorherige Niveau zurück, was die SGG dazu führte, über eine Belebung des Denkmals nachzudenken.[236] Der angefragte Verkehrsdirektor der Stadt Luzern legte drei Ideen vor. Erstens sollte das Rütli nicht verändert werden, aber mit zusätzlichen Fahnen festlicher gestaltet werden; zweitens riet er, die «geschichtlichen Ereignisse» mithilfe moderner Kommunikationsmittel zu präsentieren und, drittens, das Restaurationsangebot kreativ weiterzuentwickeln. Besonders der zweite Punkt schien der Rütlikommission eingeleuchtet zu haben, denn zwei Jahre später beschloss sie, ein Informationskonzept zu entwickeln.[237] Josef Wiget erhielt den Auftrag, im unteren Gaden eine kleine Ausstellung zu konzipieren. Das daraus entstandene «Rütlimemo», Herzstück der 1998 abgeschlossenen Erneuerung der Infrastruktur des Rütlis für fast CHF 3 Millionen, zeigte auf ca. 40 m2 nicht nur den aktuellen Forschungsstand zur Entstehung der Eidgenossenschaft, sondern zeichnete auch Entstehung und Wirkung des Rütlimythos nach. 2008, zu Beginn der letzten, umfassenden Sanierung des ganzen Geländes, liess der Bund die Ausstellungsmaterialien jedoch entfernen und im ersten Stock des oberen Gadens einen neuen Ausstellungs- und Präsentationsraum einrichten. Damit im Zusammenhang stand die Idee der SGG, ein neues Bespielungskonzept erarbeiten zu lassen.[238] Die eingereichten Vorschläge sahen neben einer neuen Internetseite vor allem auch interaktive Stationen auf dem Gelände vor, welche die Besucherinnen und Besucher auffordern sollten, sich aktiv mit dem Ort, dem Mythos und seinem Gebrauch auseinanderzusetzen. Letztlich umgesetzt wurde nur die Internetsite, die 2009 online geschaltet werden konnte und einige Jahre später vom derzeitigen Internetauftritt abgelöst worden ist.[239]
Sowohl die aktuelle Rütli-Broschüre von Wiget als auch der heutige Internetauftritt enthalten gleichermassen Text wie Bild. Die vorgenommene Analyse beschränkte sich auf die Titelseiten der Broschüren, eine Inhaltsanalyse der Texte entfiel. Zu diesem Entscheid trugen drei Überlegungen bei. Erstens bestehen diese Texte zu grossen Teilen aus sich wiederholenden Narrationen zur Rütli-Geschichte; einzig die Bedeutungszuschreibungen des Orts dürften sich unterscheiden, beeinflusst vom jeweiligen historischen Kontext. Zweitens umfasst die detaillierte Reiseführer-Analyse vergleichbares Datenmaterial, und drittens führten auch forschungspragmatische Überlegungen zeitlicher Art zu diesem Entscheid.