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20

7. Januar

La Silla Hotel

Als wir am nächsten Morgen aufstanden, hatten wir sofort das Gefühl, dass etwas nicht stimmte.

„Warum arbeitet das VLT nicht?“, wunderte sich John auf dem Weg zum Frühstücksraum.

„Nicht ein Mensch ist hier unterwegs“, stellte ich fest. „Die Stühle im Frühstücksraum stehen noch auf den Tischen.“

„Vielleicht ist eine Seuche ausgebrochen“, witzelte Allan.

„Ich fürchte, es ist viel schlimmer“, sagte ich und deutete auf den TV-Raum.

„Oh, nein“, stöhnte Allan. „Hunter!“

Eine Menschentraube drängte sich vor dem Eingang. Die Leute starrten angespannt in das Zimmer. Niemand wagte zu sprechen. Gespenstisch. Eine einzige Stimme drang auf den Gang heraus – ein kehliges Krächzen. Michael Hunter war gerade dabei, die Welt für immer zu verändern. Die Leute sammelten sich um sein Hologramm. Ein überlegenes Grinsen umspielte seine Mundwinkel, während Gesicht und Tonfall den professionellen Ernst eines Nachrichtensprechers zur Schau trugen.

„Zwei Planeten nähern sich der Erde mit einer unvorstellbaren Geschwindigkeit.“

Ein Murmeln ging durch das Zimmer.

„Wir erfuhren davon aus verlässlicher Quelle.“

„Wie kann er Bescheid wissen?“, fragte mich Allan. „Dein Vater ließ ihn rauswerfen, oder?“

„Wenn du mich fragst, ich tippe auf Lars“, sagte ich und dachte an dessen Reaktion gestern auf Hunters Bestechungsversuch und daran, dass er derjenige war, der die Daten auf der DVD dekodiert hatte.

„Möglicherweise hat Hunter ihm ein Vermögen für eine Kopie der DVD geboten nachdem sie den Kontrollraum verlassen hatten“, vermutete John.

„Dieser Idiot! Scheinbar hat er keine Vorstellung, was für ein Chaos er damit anrichtet“, sagte ich.

Michael Hunter sprach weiter: „Wir von GNN bringen Ihnen die neuesten Informationen über die Entdeckung, die an Bord der GSS gemacht wurde. Als Eigentümer von Global Network News bestätige ich, Michael Hunter, Ihnen folgende Fakten: Zwölf Monate ist es her. Die Astrophysiker Ron Morefill und Paul Gribbin, die an Bord er GSS stationiert sind …“

Minuten später herrschte unter den Angestellten von La Silla hellste Aufregung. Dass Exitus und Genesis nur ein Jahr nach ihrer Entdeckung so deutlich im All zu sehen waren, bedeutete, dass sie sich mit ungeheurer Geschwindigkeit durch den Raum bewegten – genau auf unser Sonnensystem zu. Die Wissenschaftler rätseln, welches interstellare Phänomen sie so lange unsichtbar gemacht hatte.

Wieder war Michael Hunters Stimme zu hören: „Aufgrund der Gravitation von Exitus blieben beide Planeten zusammen. Alle Planeten unseres Sonnensystems bewegen sich mehr oder weniger in einer Ebene rund um die Sonne.“

Schlagartig verstummten die Leute, als ahnten sie, worauf Michael Hunter hinauswollte.

„Exitus und Genesis, wie auch immer, nähern sich uns auf einer Flugbahn, die in der gleichen Ebene liegt, lediglich senkrecht, wie die Orbits der Planeten unseres Sonnensystems …“

Manchen Hotelangestellten klappte der Mund auf. Planetenbahnen, die sich kreuzen!

„Genesis kreist um Exitus, und die Position von beiden Himmelskörpern ändert sich ständig. Seit GLOSA die beiden Planeten beobachtet, haben sie bereits den Orbit von Uranus erreicht. Das sind die Tatsachen, die wir bislang wissen …“

Ein nervöses Raunen erfasste die Menge. Hände kramten in Hosentaschen nach Interphones, Nummern wurden eingetippt, gleich darauf Familien und Verwandte informiert.

Für Michael Hunter interessierte sich plötzlich niemand mehr. Auch nicht für die Tatsache, dass Exitus und Genesis mit dem Eindringen in unser Sonnensystem endgültig der Anziehungskraft der Sonne ausgeliefert waren. Da sie aber aus dem interstellaren Raum kamen, war ihre Geschwindigkeit viel höher als jene der Planeten in unserem Sonnensystem.

„Die Anziehungskraft der Sonne wird beide Planeten bremsen und deren Flugbahn ändern“, sagte John. „Wissenschaftler halten es sogar für möglich, dass Planeten aus unserem Sonnensystem gerissen werden“, meinte Allan. „Damit das geschieht, muss ein Stern unserer Sonne nahe genug kommen, um ihre Anziehungskraft auszugleichen. Dann würden ihre Planeten hinaus ins All geschleudert.“

„In so einem Fall würde die Erde für immer durch das Universum wandern“, sagte ich.

Michael Hunters Stimme wurde wieder lauter: „… Das ist der Grund, weshalb ich top aktuell niemand Geringeren als Dr. Julius Sternaus Assistenten in das Studio eingeladen habe. Willkommen, Mr Lars Winter …“

Aha, dachte ich, Volltreffer.

„Welche Wirkung wird es auf die Erde haben, wenn sich die beiden Himmelskörper unserer Sonne nähern?“, fragte Michael Hunter.

„Das können wir gegenwärtig noch nicht sagen.“

„Aber es wird Beeinträchtigungen geben?“

„Natürlich.“

„Gefährliche?“

Lars schwieg kurz. „Wir können das jetzt noch nicht mit Bestimmtheit sagen.“

„Wird die Erde gefährdet sein?“

Hunter ließ nicht locker, wie ein Bluthund, der seine Beute geschnappt hatte.

„Die Bedingungen auf der Erde werden sich enorm ändern“, antwortete Lars ausweichend.

„Von welchen Änderungen sprechen Sie, Mr Winter?“

„Ich denke, Dr. Sternau wird dies in einer späteren Stellungnahme mitteilen“, sagte Lars. „Sobald sich die Wissenschaftler über die Störungen im Klaren sind, die zu erwarten sind, werden Sie mehr darüber erfahren.“

„Wann können wir mit der Stellungnahme rechnen?“

„So bald wie möglich. Wenn unser Leben in Gefahr ist, sind die Wissenschaftler verpflichtet, die Regierungen zu informieren, damit Rettungsmaßnahmen eingeleitet werden können.“

Maria hatte uns entdeckt. Sie drängte sich durch die aufgeregte Menge hindurch und klammerte sich an Allan und mich. Ihr Gesicht war blass. Kein Wunder. Niemand konnte den bestürzenden Unterton der Meldung missverstehen. Sie kündigte eine ungeheure Veränderung der Lebensbedingungen auf der Erde an. Eine Änderung, die jeden Albtraum in den Schatten stellen würde.

Michael Hunter verabschiedete sich. Das Hologramm erlosch.

„Die Wissenschaftler wissen weitaus mehr, als sie sie zugeben“, sagte John zu uns.

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