Читать книгу Wie aus dem Ei gepellt ... - Martina Meier - Страница 16

Оглавление

*

Zu faul, um ein Osterhase zu sein!

In den Tagen vor Ostern ging es immer hoch her in der Hasenwerkstatt. Schließlich mussten für die Kinder jede Menge Ostereier bemalt werden. Alle Hasen hatten Spaß dabei und bepinselten eifrig Ei für Ei. Nur einer, Berti, hatte gar keine Lust dazu. Er fand Ostereier bemalen einfach doof.

Noch bevor die Sonne aufging, klingelte der Wecker im Schlafsaal. Alle Hasen sprangen fröhlich aus dem Bett. Berti dagegen zog sich widerwillig die Bettdecke über den Kopf.

„Los, Berti, komm aus den Federn. Wir haben noch viel zu tun bis Ostern“, riefen seine Kameraden.

„Lasst mich in Ruhe, ich bin müde“, murrte Berti.

„Na komm, es gibt noch viel Arbeit für Osterhasen.“

„Ihr sollt mich in Ruhe lassen!“, gab Berti ärgerlich zurück. „Ich will sowieso kein Osterhase sein.“

„Es ist eine Ehre, ein Osterhase zu sein. Aber stimmt, ist nichts für faule Hasen“, schimpften die Hasen wütend und ließen ihn allein.

„Endlich Ruhe“, dachte Berti und schlief weiter.

Erst als die Sonne in den Schlafsaal schien, kroch Berti aus dem Bett. Er packte seinen Rucksack voll mit Essen und suchte sich ein schönes Plätzchen. Auf dem Hügel, bei der großen Eiche, legte er sich in die Sonne.

„Bei einem so schönen Wetter soll ich in der Werkstatt schuften“, dachte Berti, „da pfeif ich auf die Ehre, ein Osterhase zu sein.“ So faulenzte Berti den ganzen Tag, schlief in der Nacht unterm Sternenhimmel und faulenzte am nächsten Tag weiter.

Erst am späten Nachmittag schlenderte er zum Haus. Der Hunger trieb ihn heim, denn sein Rucksack war leer gegessen. Als er an der Werkstatt vorbeikam, stutzte er. Um diese Zeit war es ungewohnt still. Waren sie etwa schon fertig? Vorsichtig kletterte Berti auf die Bank und lugte durch das Werkstattfenster. Tatsächlich, niemand war da. Doch es standen noch so viele Kisten mit weißen Eiern herum. Berti kratzte sich am Ohr. Hier stimmte etwas nicht. Er lief weiter zum Haus. Kaum hatte er die Tür geöffnet, hörte er schon lautes Husten und Schniefen.

Seine Tante Hilde kam gerade mit einer großen Teekanne aus dem Schlafsaal. „Ah Berti, schön, dass du dich auch einmal blicken lässt? WIR haben hier eine Katastrophe und DU liegst irgendwo faul herum“, schimpfte sie empört.

„Katastrophe? Welche Katastrophe?“, wollte Berti wissen.

„Hörst du es denn nicht? Deine Kameraden sind alle krank und übermorgen ist Ostern. DAS ist die Katastrophe“, jammerte Tante Hilde.

Berti kratzte sich am Ohr, zuckte mit den Schultern und meinte: „Na ja, Katastrophe? Dann gibt es halt dieses Jahr mal keine bunten Ostereier.“

Tante Hilde war entsetzt: „Keine Ostereier! Ostern ohne Ostereier. Berti, du solltest dich schämen. Denk einmal an die traurigen Kinder, wenn keine bunten Ostereier im Nest sind. Du taugst wirklich nicht zum Osterhasen.“

So wütend hatte er seine Tante Hilde noch nie gesehen. „Ich will ja auch gar kein Osterhase sein“, erwiderte Berti beleidigt.

„Das sieht dir ähnlich! Was bist du nur für ein fauler, nichtsnutziger Hase?“, schimpfte seine Tante weiter, als sie zur Küche ging.

Betroffen schlich Berti in den Schlafsaal und legte sich unbemerkt ins Bett. Seine kranken Kameraden lagen dick eingemummt in Wolldecken und mit fiebrig roten Köpfen in ihren Betten. Obwohl er sowieso kein Osterhase sein wollte, ärgerte es Berti doch, was Tante Hilde zu ihm gesagt hatte.

In der Nacht war er plötzlich von weinenden Kindern umringt. Sie hielten ihm anklagend ihre leeren Osternester entgegen. Ein kleines Mädchen stellte sich vor Berti und schaute ihn besonders traurig an: „Heute ist Ostern! Du bist doch ein Osterhase. Warum hast du uns keine Ostereier gebracht?“

Berti wusste nicht, was er sagen sollte. Er wollte nicht zugeben, dass er lieber faul in der Sonne lag, als Ostereier zu bemalen. Das Weinen der Kinder wurde immer lauter: „Warum? Warum?“, schrien sie. Berti hielt sich die Ohren zu. Er wollte nur noch weglaufen, doch er konnte nicht. Seine Beine waren wie festgewachsen.

Erschrocken wachte Berti auf und schaute sich im Schlafsaal um. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals. „Dem Himmel sei Dank, es war nur ein Traum“, stellte Berti erleichtert fest. Er legte sich wieder hin, doch er konnte nicht mehr einschlafen. Kaum schloss er seine Augen, sah er das Mädchen vor sich mit ihrem leeren Osternest. Ihr Blick war der traurigste Blick, den Berti je gesehen hatte. Das konnte er nicht ertragen. Berti wälzte sich hin und her. Schließlich stand er auf und schlich leise aus dem Schlafsaal.

Am nächsten Morgen ging es allen Hasen schon viel besser. Die Hausmedizin von Tante Hilde hatte wahre Wunder vollbracht. Noch etwas schwach auf ihren Beinen machten sich die Hasen auf zur Werkstatt. Als sie die Tür öffneten, blieben sie wie angewurzelt stehen. Die Hasen dachten, sie träumen. In der Ecke reihten sich, ordentlich aufgestapelt, Kisten mit vielen bunten Ostereiern. Nur noch zwei Schachteln mit weißen Eiern warteten darauf, bemalt zu werden. Zu ihrer Überraschung lag Berti auf dem Werkstatttisch und schlief. Er war von oben bis unten mit bunter Farbe bespritzt.

„Berti? Das kann doch nicht wahr sein. Hat etwa unser fauler Berti Ostereier bemalt?“, riefen die Hasen.

Berti blinzelte verschlafen auf seine Kameraden. „Ihr seid ja wieder gesund“, freute er sich.

„Ja, Tante Hildes Hausmedizin schmeckt zwar scheußlich, wirkt aber Wunder“, antworteten die Hasen. „Aber sag mal, warst du das? Wie hast du das bloß geschafft?“

Berti hopste vom Tisch und grinste stolz: „Ja, das war ich! Ich habe eine neue Maltechnik erfunden. Damit sind die Eier ruck zuck farbig und es macht viel mehr Spaß. Ich zeige es euch.“ Berti legte eine Reihe weiße Eier nebeneinander auf den Tisch. Dann nahm er den Pinsel, tauchte ihn in blaue Farbe, holte aus und spritzte mit Schwung die Farbe über die Eier. Genauso machte er es mit roter und gelber Farbe. So wurden aus den weißen Eiern im Nu bunt gesprenkelte Ostereier.

Die Hasen jubelten: „Das ist genial! Berti, du bist ja ein Genie. Wir müssen nur noch die letzten Eier bemalen und dann können wir die Ostereier verteilen. Das schaffen wir locker bis morgen.“

Plötzlich stand Tante Hilde in der Werkstatt und fragte staunend: „Was ist denn hier passiert?“

„Du wirst es nicht glauben, Tante Hilde, das alles hat unser fauler Berti gemacht. Er hat Ostern gerettet“, lobten die Hasen. Berti kratzte sich verlegen am Ohr. Sein Gesicht war ganz rot angelaufen.

Tante Hilde freute sich: „Na, da schau her. Nun ist aus unseren faulen Berti doch noch ein Osterhase geworden.“

Michaela Kapsalis, Garching/Alz, schreibt gerne Kurzgeschichten und Lyrik. Sie hat bereits in verschiedenen Anthologien veröffentlicht.

Wie aus dem Ei gepellt ...

Подняться наверх